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Mitarbeiterin zu Unrecht gefeuertObamas Angst vor den Konservativen

Mit der Verleumdung einer leitenden Beamtin setzt ein rechter Aktivist US-Präsident Obama unter Druck. Nun versucht seine Regierung, den Schaden zu begrenzen.

Wieder eine gefragte Gesprächspartnerin: Shirley Sherrod. Bild: ap

Angeschuldigt, gefeuert, wieder eingestellt: Was Shirley Sherrod aus dem US-Bundesstaat Georgia diese Woche erleben musste, ist ein Lehrstück US-amerikanischer Politik und ein beunruhigendes Spiegelbild US-amerikanischer Befindlichkeiten. Bis Dienstagabend war Sherrod leitende Mitarbeiterin des US-Landwirtschaftsministeriums. Am Montag veröffentlichte der konservative Aktivist Andrew Breitbart, 41, auf biggovernment.com, einer seiner insgesamt fünf Websites, einen kurzen Videoausschnitt aus einer Rede, die Sherrod im März bei einem Dinner der schwarzen Bürgerrechtsorganisation NAACP gehalten hatte. In dem Ausschnitt beschreibt sie, wie sie vor 24 Jahren, damals als Mitarbeiterin einer gemeinnützigen Organisation, die in Not geratenen Farmern helfen sollte, zögerte, einem weißen Farmerehepaar mit vollem Einsatz zur Seite zu stehen.

So weit der Videoausschnitt. Der daraus abgeleitete Vorwurf: Sherrod sei eine schwarze Rassistin. Es dauerte nicht lange, bis die Geschichte von dem rechten Sender Foxnews aufgegriffen wurde: Deren Kommentatoren Bill OReilly und Sean Hannity präsentierten sie als Beweis für rassistische Vorurteile innerhalb der Obama-Regierung und forderten vehement ihre Entlassung. Die war zu dem Zeitpunkt schon beschlossene Sache: Noch am Dienstagabend unterschrieb Obamas Landwirtschaftsminister Paul Vilsack die Kündigung.

Erst als am Mittwoch die NAACP die gesamte 43-minütige Aufzeichnung von Sherrods Rede ins Netz stellte, wurde klar, was wirklich passiert war. Sherrod berichtet die Episode mit dem Farmerehepaar und fährt fort, sie habe damals geglaubt, weiße Anwälte würden sich schon um das Paar kümmern, ihre Aufgabe sei es, schwarzen Familien zu helfen. Doch dem Paar wurde nicht geholfen, und Sherrod habe begriffen, dass es nicht um Schwarz oder Weiß gehe, sondern um Arm oder Reich, völlig unabhängig von der Hautfarbe. Sherrod berichtet, wie sie darüber selbst rassistische Vorurteile habe abbauen können. Das Farmerehepaar bestätigte gegenüber US-Fernsehsendern die große Hilfe, die es von Sherrod erhalten habe: "Ohne sie hätten wir heute unsere Farm nicht mehr."

Das war nun peinlich für die Obama-Regierung. Vilsack entschuldigte sich und bot Sherrod einen neuen Job an. Obama selbst telefonierte mit Sherrod und bat sie, ihre wichtige Arbeit zugunsten der Bedürftigen fortzusetzen. Und Regierungssprecher Robert Gibbs musste im Pressebriefing des Weißen Hauses zugestehen, dass niemand die Fakten überprüfte, bevor eine Entscheidung gefällt wurde.

Wer sich nicht entschuldigte, war Rechtsaktivist Andrew Breitbart. Der Mann, seit einigen Jahren ein Star der konservativen Aktivistenszene und gern gesehener Redner bei Veranstaltungen der rechten "Tea Party"-Bewegung, nimmt nichts zurück. Stattdessen flüchtete er sich in die Behauptung, es sei gar nicht um Shirley Sherrod gegangen, sondern um die NAACP - an den von ihm ausgewählten Stellen ihrer Rede habe es im Publikum Gelächter und Applaus gegeben. Nur: Nicht einmal das stimmt.

Die Geschichte vom angeblichen Rassismus der Shirley Sherrod ist eine komplette Manipulation eines rechten Aktivisten. Breitbart hat es geschafft, die Obama-Regierung unter Druck zu setzen - und wenn nur, indem er deren blinde Hypersensibilität in Rassismusfragen und ihre Angst vor Anwürfen der Konservativen offenbart hat.

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18 Kommentare

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  • H
    Hagen

    Obama hält nicht das, was er versprochen hat.

    Barack Hussein Obama hat jetzt schon abgewirtschaftet. Es wird Zeit, dass er abgewählt wird.

  • V
    vantast

    Natürlich kann das so nicht sein, aber man gewinnt doch den Eindruck, daß die "Konservativen" in den USA dumme und bösartige Menschen sind, denen Macht und Geld die höchsten Werte bedeuten. Während ich im Krankenhaus war, erzählte mir ein Patient, der selber Arzt war und Lungenkrebs hatte, wie schade es wäre, daß er nun hier zur Behandlung wäre, weil doch gerade in Essen eine Konferenz über Arzthonorare abgehalten würde. Wohl auch ein Konservativer.

    Amerika könnte sich mit Obama glücklich schätzen, ein geeigneterer Präsident ist doch kaum möglich.

    Wenn gesagt wird, unter Bush wäre manches besser geregelt, erinnert das an Mephistos Satz: "Ich bin ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und doch das Gute schafft".

  • CC
    Claus Carstensen

    Ich beobachte schon länger die unverfrorenen Machenschaften von Faux News.

     

    Hier ein Highlight des letzten Jahres, wo - leider nachdem ihr Vorgehen erfolgreich die NGO zerstört hat - zumindest einer der Beteiligten verurteilt wurde:

     

    Fox News vs. Acorn I

    http://www.youtube.com/watch?v=vhZ9jE7Ztt4

     

    Fox News vs. Acorn II

    http://www.youtube.com/watch?v=I0JzMIkZEQk

     

    Und eine richtig große Masse US-Bürger halten Fox 'News' immer noch für News. Na, hier denken ja auch Millionen von Bundesbürgern die Bild für eine Zeitung.

  • D
    Daniel

    Ein weiteres Beispiel dafür, mit welchen moralischen Maßstäben die Nichtdemokraten Propaganda betreiben: Überhaupt keine.

     

    Tatsachenverdrehung, Verleumdung, Lügen, Denunziation auf Teufel komm raus, gegen die verhasste Menschlichkeit.

  • KB
    karin bryant

    es ist das Gleiche, man muss nur die Rassismuskeule schwingen und schon knicken die Leute ein.Auch in USA.Erstaunt bin ich nicht,nur verwundert dass die Obama Regierung sich nicht die Muehe machte diesen Bericht genauer zu untersuchen um diese peinliche Sache zu vermeiden.Aber auf der anderen Seite weiss auch Obama dass Schwarze nicht die besseren Menschen sind und dass es Rassismus auch in der Gruppe gibt.Fragt mal Farbige die hellere Haut,glattere Haare und die nicht Ghetto Slang benutzen.Die stehen immer unter Verdacht zu versuchen als Weisse durchzu kommen.Meine Tochter und nun mein Enkel werden immer beschimpft mit ' try to be white' weil sie nicht in das uebliche Schema passen....

  • A
    ACORN4EVER

    Das erinnnert doch sehr an die "ACORN undercover video controversy" von letztem Jahr bei der 2 Rechte Aktivisten mit versteckten Kameras Videos gedreht haben und diese so zusammenschnitten das es aussah als würden die ACORN Mitarbeiter anleitungen zu Verbrechen geben:

     

    https://secure.wikimedia.org/wikipedia/en/wiki/Association_of_Community_Organizations_for_Reform_Now#2009:_Undercover_videos_controversy

  • S
    Sebastien

    Die sollen lieber Politik machen anstatt sich über solche Nichtigkeiten aufzuregen...

  • S
    S-aus-B

    So unappetitlich dieser Vorfall ist, Andrew Breitbart hat der Regierung Obama einen grossen Dienst erwiesen: Das Weisse Haus wird ab jetzt erheblich selbstbewusster mit den diversen Schüssen aus der Rassismuskanone in die Richtung des 44. Präsidenten umgehen, und das Lehrgeld war eigentlich recht gering.

  • S
    Simon

    Das ist doch irgendwie bezeichnend für unser "Informationszeitalter"; Aus "Informations-"Schnipseln wird sich eine Meinung gebildet und hin und wieder dann auch in Aktionismus ausgebrochen (so wie hier - ähnliches passiert aber doch auch immer wieder in Dtl.). Wer will (und kann??) sich schon immer umfassend informieren?

  • DH
    Dr. Harald Wenk

    Der Landwirtschaftsminister scheint nun auch gerade der zuverlässigste Demokrat zu sein. Ob Obama ihn entlassen muss. Wenn ich daran denke, dass das FBI sofort nach seine Amtsübernahme die Regelung seiner Nachfolge "kontrollieren" wollte, durch einen Skandal, sind das aber extrem schlechte Bedingungen.

    Ist die Traumatisierung durch den Levinsky-Skandal und die darauf zurückzuführenden Wahlniederlage Gore's gegen Bush so hoch, dass jeder Skandaldrohung sofort nachgegeben wird.

    Oder sind die Seilschaften konservativer Politiker in den Medien und bei den Demokraten so mächtig, dass sich Neurungen extrem zäh gestalten?

  • V
    vic

    Möge es den USA niemals so schlecht gehen, dass die Mischung aus KKK, Faschisten und Intelligenzbolzen wie Palin von der Teaparty in diesem Staat an nennenswertem Einfluss gewinnen.

  • E
    Erich

    Die Wahl Obamas ist der größte Reinfall aller Zeiten gewesen.

     

    Kann sich jemand an irgendeinen so schwachen US-Präsidenten erinnern? Seine eigene Partei fällt ihm permanent in den Rücken. Alle seine Versprechungen hat er gebrochen. Er hat NICHTS anders gemacht als sein Vorgänger George W. Bush - ausser einem: er knickt sofort ein und scheisst sich voll, sobald die Rechte nur hustet.

  • P
    Pawlow

    Man sollte auch einmal bedenken, dass eine solche völlig manipulierbare und völlig orientierungslose Administration als größte Militärmacht der Welt mit dem höchsten Wehretat in der Geschichte der Menschheit auch in Sachen neuer Kriege genauso kopflos und idiotisch reagieren kann! Hat man Herrn Obama jemals auf seine geistige Urteilskraft überprüft? Der Typ reagiert nur reflexartig wie ein Pawlowscher Hund.

  • P
    philip

    Fazit dieser Kabale ist die Hoffnung, dass der Alptraum

    Obama im November 2012 beendet ist.

  • M
    Mac-Lennox

    Dies ist ein trauriges Beispiel dafür, wie mit Manipulationen und Halbwahrheiten vermeintliche Fakten geschaffen werden. Das sich rechtskonservative Medien begierig auf solche "Skandale" stürzen, liegt in deren Geschäftsmodell begründet. Schüren von Empörung, Entsetzen und Wut, umso letztlich das Ausleben zumeist niederträchtigster Vorurteile zu begünstigen. Allerdings muss dafür auch ein Publikum vorhanden sein, das solches Vorgehen allzu gierig aufsaugt.

     

    PS: Leider ist dies auch hier mehr als vorstellbar.

  • TP
    Terence Pill Ballett

    Enteignet Fox News!

  • PW
    Peter W.

    Sorry Leute aber von links kommen sogar noch sehr viel mehr unbegründete Rassismusvorwürfe.

    Und wenn ein linker Aktivist einen Konservativen beschuldigt hätte dann wäre das der taz keine Meldung wert...

  • M
    Marti

    Es soll ja immer noch Leute, die meinen Rassismus geht immer nur Menschen europäischer Abstammung aus - welch ein Irrtum!

     

    Diese ideologische Sicht macht es manchmal fast unmöglich bestimmte Formen von Rassismus zu bekämpfen.

     

    Wer einen solchen Fall sehen will schaue sich die ARF-Dokumentation "Kampf im Klassenzimmer" von Güner Balci und Nicola Graef an.