Existenzangst: Häfen sollen dichtmachen
Schleswig-Holstein will sich von seinen Nordseehäfen trennen. In Friedrichskoog kämpft eine Bürgerinitiative gegen die Schließung. Der Hafen sei deshalb so teuer, weil er versandet - Schuld sei die Elbvertiefung, sagen die Bewohner.
Die Wellen tanzen, die Kutter leuchten, sogar der Bagger "Isern Hinnerk" wirkt freundlich an diesem sonnigen Nachmittag am Hafen von Friedrichskoog. Touristen schlendern, Möwen kreischen und Dirk Eggers zeigt auf den Sarg, der über dem Siel am Hafenende hängt: "Wir haben keine Peter-Harry-Puppe reingetan, das ging uns zu weit. Aber das Vertrauen zu ihm ist tot."
Viele Menschen in dem 2.500-Einwohner-Ort sind zurzeit schlecht auf den schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten zu sprechen. Denn die schwarz-gelbe Landesregierung will den Nordseehafen schließen. Damit wäre Friedrichskoog die Lebensader abgeklemmt, sagt Eggers, Sprecher der Bürgerinitiative "Hafen-Zukunft".
Es geht um 179 Arbeitsplätze im Gewerbe und vermutlich einige hundert im Tourismus. Aber es geht auch um Lebensqualität und Tradition. Die 28 Krabbenfischer müssten abwandern. "Viele würden nicht nach Büsum gehen, sondern gleich nach Niedersachsen", sagt Bettina Adam von der Bürgerinitiative. Ihr Mann ist Fischer. Betroffen seien auch die Bauern: Durch den Hafen wird das umliegende Marschland ent- und bewässert. "Landwirtschaft, Tourismus, Fischerei - mehr haben wir hier doch nicht", sagt Adam. Mit Regatta-Fahrten, Plakaten und Unterschriftenaktionen wirbt die Gruppe für ihr Anliegen und hat schon für einigen Wirbel gesorgt.
Bürgermeister Gerd Dethlefs (KWV) wäre es lieber, er könnte in Kiel mit Argumenten durchdringen: "Wir haben Vorschläge, wie man den Betrieb sparsamer machen kann." So könnten die Gemeindearbeiter das Gelände in Ordnung halten. Der Sand, der aus dem Hafen gebaggert wird, könnte verkauft werden: Auf Reitplätzen sei das Material hoch begehrt.
Das Land hält dagegen. Bis zu einer Million Euro schießt Schleswig-Holstein jährlich in den Hafen, größere Investitionen stehen an. Gerade wurden 200.000 Euro in neue Befestigungen und Dalben gesteckt. "Auch mit höheren Hafengebühren oder dem Verkauf von Baggersand lässt sich die Schere nicht annähernd schließen", sagt Wirtschaftsstaatssekretärin Tamara Zieschang.
Teuer ist der am Binnendeich liegende Hafen vor allem deshalb, weil die Fahrrinne ständig ausgebaggert werden muss. Der nachströmende Sand stamme von der Elbvertiefung, sagt Bürgermeister Dethlefs. Die Koogbewohner argwöhnen: Wäre ihr Hafen dicht, könnte Hamburg noch mehr und schneller schütten. Dethlefs hält mit einem Vorschlag dagegen: Ein neuer Koog könnte südlich vom Friedrichskooger Hafen aufgeschüttet werden - eine Ablagefläche für den Elbsand, später ein Standort für Windräder.
Prüfen wolle das Ministerium alle Ideen "offen und ernsthaft", sagt Harald Haase, Sprecher des Wirtschaftsministeriums. Es dürfe nur kein Ergebnis auf Kosten anderer oder zulasten des Landes sein. "Doch ob der Sand nun aus Hamburg stammt - wer will das beweisen?", so Haase.
Von den Sparplänen betroffen sind auch andere Nordsee-Häfen: Husum, Tönning, Friedrichstadt und Glückstadt sollen kommunalisiert oder privatisiert werden. Einzig Glückstadt ist einverstanden, den Elbehafen selbst zu betreiben. Die anderen Orte winkten bisher ab, der Husumer Bürgermeister Rainer Maaß (parteilos) stellte fest: "Die Kommunen haben genauso wenig Geld wie das Land." Es käme nur eine Privatisierung infrage. Husum ist ein möglicher Zulieferhafen für Offshore-Windparks. Wenn sich keine Investoren finden, müsste das Land vermutlich wieder einspringen. "Aber wir gehen zurzeit davon aus, dass sich Investoren finden", sagt Haase.
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