Streit über Mauerweg am Griebnitzsee: Ausverkauf am Ufer

In dieser Woche endet die Bieterfrist für einige Ufergrundstücke - ohne sie gibt es keinen öffentlichen Weg auf dem Ex-Mauerstreifen. Potsdams Stadtverordnete stimmen am Mittwoch über ein erhöhtes Angebot ab.

Gesperrt: Potsdams Reiche sind asozial : dpa

Zum Verkauf stehen knapp 3,2 Hektar Land in "bevorzugter Wohnlage im repräsentativen Villenviertel", mit "guter Verkehrsanbindung" an den öffentlichen Nahverkehr. Was im Prospekt der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) wie ein gewöhnliches Luxus-Objekt mit einem Mindestgebot von drei Millionen Euro klingt, birgt reichlich Brisanz. Es geht dabei um Flurstücke entlang des Griebnitzsee-Ufers, denen eine Schlüsselrolle im Streit um einen öffentlich zugänglichen Weg am Wasser zugeschrieben wird. Der Pfad ist Teil des etwa 170 Kilometer langen Mauerwegs rund um Berlin. Am Freitag endet die Angebotsfrist für die Grundstücke.

Der Dauerzwist zwischen Babelsberger Villenbesitzern und der Stadt Potsdam hat sich im vergangenen Sommer zugespitzt, als Anrainer nach einem für sie günstigen Gerichtsurteil Teile des Wegs sperrten. Die Stadtverwaltung musste Fehler bei den vorangegangenen Planungen einräumen und begann mit einer Überarbeitung der Pläne. Die Anrainer pochten in der folgenden Diskussion auf ihr Recht und fühlten sich durch eine angedrohte Enteignung von Seiten der Stadt erst recht angespornt. Die Öffentlichkeit wollte und will vor allem einen freien Spazier- und Radweg am Ufer. Derzeit arbeitet die Stadtverwaltung an einem neuen Bebauungsplan (siehe Interview).

Die acht abgesperrten Uferteile liegen auf Grundstücken, die zu Mauerzeiten enteignet und seit 1990 an private Eigentümer zurückgegeben oder verkauft worden waren. Bei den nun zum Verkauf stehenden 3,2 Hektar handelt es sich um Flächen auf dem Ex-Mauerstreifen. Sie gehören dem Bund, der Erlös fließt laut Mauergesetz in einen speziellen Fonds.

Die Grundstücke können erst jetzt veräußert werden, weil rechtliche Fragen mit Alteigentümern geklärt werden mussten, sagt Bima-Sprecherin Olga Rüffer. Zum Teil sind es frei liegende Flurstücke, zum Teil Uferstreifen, die an Villengrundstücke in Privatbesitz grenzen.

Die Anrainer, die durch Anwalt Christoph Partsch vertreten werden, haben dafür ein Gebot von drei Millionen Euro abgegeben. Sie setzen darauf, dass die Bima an den oder die Meistbietenden verkauft. "Wir sehen die Rechtslage da sehr klar", sagt Partsch. Einige seiner Mandanten wollten sich durch den Kauf das zu ihrem Grundstück gehörende Uferstück sichern; es gehe aber auch um weitere Wasserzugänge. Die von der Bima angebotene Möglichkeit, die Flächen mit einem Wegerecht für die Stadt zu kaufen - also einen Uferweg zu erlauben - sei für seine Mandanten "eher uninteressant", so der Anwalt.

Die Stadt Potsdam zeigte sich zunächst verschnupft, dass der Bund ihr kein Vorkaufsrecht gewähren wollte. Am Mittwoch sollen die Stadtverordneten über ein neues Angebot abstimmen: Potsdam will 2,6 Millionen Euro zahlen, die nicht für den Uferweg benötigten Flächen aber weiterverkaufen. Der Bund soll diese Erlöse komplett erhalten. "Wir wollen verhindern, dass unumkehrbare Tatsachen geschaffen werden", sagt Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). CDU und Linke haben Zustimmung signalisiert, was eine Mehrheit in der Versammlung sichern dürfte.

Bima-Sprecherin Rüffer bekräftigte gegenüber der taz, dass noch nichts entschieden sei. "Wir stecken in der Bredouille: Wir sehen die Interessen der Stadt, sind aber gehalten, das Vermögen der Bundesregierung nicht zu mindern." Zu eingegangenen Geboten will sich die Bima nicht äußern. Ihre Sprecherin verweist darauf, dass sich zunächst der Bundestag im Herbst mit dem Thema befassen werde.

Anwalt Partsch hielt sich bedeckt, ob seine Mandanten nach der jüngsten Offerte der Stadt ihr Gebot erhöhen. So viel bringe es der Stadt ja ohnehin nicht, wenn sie die Bund-Flächen erhalte, gab er zu bedenken. "Dann hat die Stadt einen Flickenteppich." Denn die derzeit abgeriegelten Wegstücke blieben ja weiterhin in Privatbesitz, so Partsch.

Freiwillig werden die Anrainer ihre als Absperrung gepflanzten Büsche sowie die Zäune also nicht abbauen. Der Zugang zum Griebnitzsee-Ufer bleibt für Spaziergänger und Radfahrer kompliziert - genauso wie für Interessenten der zum Verkauf stehenden Flächen: Sie werden von der Bima schon einmal auf die Lage vor Ort eingestimmt. Interessenten hätten die Möglichkeit, das Veräußerungsobjekt selbstständig zu besichtigen, heißt es im Exposé. Und weiter: "Es wird darauf aufmerksam gemacht, dass das Betreten der Liegenschaft auf eigene Gefahr erfolgt."

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