Griechisch-türkische Annäherung: Gottesdienst im Sumela-Kloster

Die griechisch-orthodoxen Christen feiern eine Messe im berühmten Sumela-Kloster am Schwarzen Meer. Es ist eine Geste des guten Willens seitens der türkischen Regierung.

Die erste Messe seit 1923 wurde vom Patriarchen Bartholomäus I. (li) geleitet. Bild: reuters

ISTANBUL taz | Es war ein Großereignis für die orthodoxe Kirche in der Türkei. Nach 88 Jahren fand am Sonntagvormittag erstmals wieder eine Messe im berühmten Sumela-Kloster am Schwarzen Meer statt. Die Messe wurde zelebriert vom Istanbuler Patriarchen Bartholomäus I., mehrere tausend Gläubige, nicht nur aus der Türkei, sondern auch aus Griechenland, Georgien und Russland wollten an dem Ereignis teilhaben.

Lediglich 500 konnten das Kloster betreten, alle anderen mussten sich mit Übertragungen auf Leinwände außerhalb begnügen, da im Kloster selbst einfach nicht genug Platz ist. Das türkische Kulturministerium hatte der griechisch-orthodoxen Minderheit im Mai erlaubt, künftig jedes Jahr den christlichen Festtag Maria Himmelfahrt am 15. August in dem Kloster zu begehen.

Das Sumela-Kloster ist eine spektakuläre Anlage im Zigana-Gebirge (früher Pontus-Gebirge). Das Gebirge erhebt sich südlich der Hafenstadt Trabzon. Auf schmalen Pfaden geht es zu dem rund 1.200 Metern hoch gelegenen Kloster, dass wie ein Adlerhorst in den Felsen klebt. Das Kloster liegt heute in einem Nationalpark und ist seit 1972 Museum. Zuvor war es fast 1.500 Jahre lang ein Kronjuwel der byzantinisch-orthodoxen Kirche. Die ersten Anfänge reichen bis ins Jahr 500, seine heutige Form erhielt es Ende des 14. Jahrhunderts, als in dem Kloster byzantinische Kaiser gekürt wurden.

Nach der gescheiterten griechischen Invasion in den 1920er Jahren mussten die sogenannten Pontus-Griechen vom Schwarzen Meer genauso wie die Griechen der Ägäis-Küste im sogenannten Bevölkerungsaustausch das Land verlassen. Für sie kamen Muslime aus Nordgriechenland, Mazedonien und Kreta. Seit dem Abzug der Pontus-Griechen stand das Kloster leer, es wurde durch einen Brand verwüstet und erst in den letzten Jahren wieder mehr schlecht als recht restauriert.

Der Gottesdienst ist ein Zugeständnis an die orthodoxe Kirche, auf das diese lange gewartet hat. "Nach 88 Jahren hat die Jungfrau Maria aufgehört Tränen zu vergießen", sagte Bartholomäus I. angesichts der Messe zu Maria Himmelfahrt. Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou sagte im Fernsehen: "Es ist ein historisches Ereignis. Ich hoffe, dass dieser Geist der Kooperation zwischen Griechen und Türken weiter gefestigt wird."

Auch im Patriarchat hofft man, dass in Zukunft wieder häufiger Messen im Kloster stattfinden können, mindestens jedes Jahr zu Maria Himmelfahrt. Für den Patriarchen ist die Messe im Kloster ein Hoffnungszeichen, dass nun bald auch andere Konflikte zwischen der orthodoxen Kirche und dem türkischen Staat gelöst werden können. Dabei geht es insbesondere um die Wiedereröffnung des Priesterseminars auf einer der Prinzeninseln vor Istanbul, das 1972 geschlossen wurde. Die orthodoxe Kirche braucht dringend Priesternachwuchs, wenn sie in der Türkei überleben will.

Die Messe im Sumela-Kloster war so etwas wie eine Ouvertüre für ein weiteres, noch wichtigeres religiös-politisches Ereignis, das in einem Monat am Van-See im Südosten der Türkei stattfinden wird. Ebenfalls erstmals seit dem Ende des Ersten Weltkriegs wird dann in dem armenischen Nationalheiligtum auf einer Insel im Van-See, der Kirche von Akdamar, wieder ein Gottesdienst stattfinden. Auch für dieses Ereignis werden tausende Gäste aus Armenien und den Ländern der armenischen Diaspora erwartet.

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