Tempo-Handball: Überall Rückraumschützen

Der HSV Handball stellt gegen den SC Magdeburg die Weichen schnell auf Sieg. Viele Niederlagen können sich die Hamburger auch nicht mehr erlauben, wenn sie Tabellenführer Kiel auf den Fersen bleiben wollen.

Die meisten Tore - neun aus dem Feld und zwei per Siebenmeter - erzielte für den HSV Handball Angreifer Hans Lindberg (l.), der sich hier am Boden gegen den Magdeburger Bartosz Jurecki durchsetzt. Bild: Oliver Ruhnke

Das Spiel war entschieden, als sich die Abwehrspieler des SC Magdeburg anschauten, die Augenbrauen hoch- und die Schultern runterzogen. Da stand es 7:4 für den HSV Handball und es waren erst neun Minuten gespielt. Es ging zu schnell, ehe sich die Magdeburger umschauen konnten, schauten sie sich um, weil der Ball im Tor lag. Dieses Spiel gewann der HSV schnell, weil er schnell spielte und die Abwehr stand.

Das 150. Heimspiel des HSV Handball in der Bundesliga, vorgezogene Partie des vierten Spieltags, war eines der einfacheren. Beim Schlusspfiff stand es vor 8.677 Zuschauern 32:27 (18:12), und es spielte keine Rolle, dass Stammtorwart Joachim Bitter ebenso in einem Formtief steckt wie die Rückraumspieler Pascal Hens und Neuzugang Michael Kraus, der zu Saisonbeginn für 300.000 Euro Ablöse vom TBV Lemgo gekommen war. Bitters Ersatzmann Per Sandström hielt fünf Siebenmeter von drei Schützen, was die Magdeburger aus der Fassung brachte. Sandström fühlte sich "bestens" und meinte: "Wenn es bei der Mannschaft insgesamt gut läuft, sehe ich auch immer gut aus." Hens Ersatzmann Blazenko Lackovic machte zwar nur ein Tor, aber das im richtigen Moment.

"Der eine oder andere hat noch ein bisschen Luft nach oben, der eine oder andere hat noch Probleme, aber so ist das in einer Mannschaft", sagte HSV Handball-Trainer Martin Schwalb nach dem Spiel. Wenn von den sechs Rückraumschützen einer Mannschaft drei treffen, neben Lackovic waren das Domagoj Duvnjak mit vier und Marcin Lijewski mit zehn Treffern, dann steckt die Mannschaft Ausfälle weg. "Marcin hat einen super Job gemacht, auch in der Abwehr", lobte Schwalb seinen rechten Rückraumspieler. "Dass es nicht leicht werden würde, wussten wir von Anfang an", sagte Lijewski, doch "je höher die Führung war, desto lockerer konnten wir an die Sache herangehen." Und auch als Magdeburg zwischenzeitlich wieder etwas herankam, "wussten wir einfach, dass wir heute nicht verlieren können".

Die Spieler des HSV wissen aber auch, dass sie sich, weil sie beim Saisonauftakt in Göppingen patzten, nun nicht mehr viele Ausrutscher leisten können. In der vergangenen Saison wurden sie mit sieben Minuspunkten Zweiter. Zwei haben sie schon, das macht Druck. Vor dem SC Magdeburg waren sie gewarnt, die hatten am Mittwoch überraschend die SG Flensburg-Handewitt geschlagen. Magdeburgs Trainer Frank Carstens, vom TSV Hannover-Burgdorf zum SC gewechselt, erklärte: "Heute haben wir gelernt, dass nach einer Überraschung die anderen Mannschaften gewarnt sind."

Vor dieser Saison wurden beim HSV Handball einige wichtige Personalentscheidungen getroffen. Nach der Spielzeit hört Martin Schwalb, 47, als Trainer auf und wird am 1. Juli Geschäftsführer der Betriebsgesellschaft. Präsident Andreas Rudolph, 55, will sich aus dem Präsidium zurückziehen. Der gebürtige Gummersbacher, Unternehmer im Bereich Medizintechnologie, hat in den vergangenen Jahren etwa 20 Millionen Euro in den Club investiert und ist zu seinem größten Bedauern trotzdem auch 2010 nur Pokalsieger und nicht Deutscher Meister geworden, weil der THW Kiel, wenn es darauf ankam, nicht viel, aber stets ein bisschen besser war. Rudolph will Gesellschafter der Betriebsgesellschaft und Sponsor bleiben. Neuer Präsident soll der jetzige Vize, Dierk Schmäschke, 51, werden.

Die Frage war nun, ob die Mannschaft, im Wissen, dass der Trainer geht, Schwalb zur lahmen Ente macht. Eher nicht. Sein Nachfolger soll, so schreiben es die Zeitungen, der Schwede Per Carlén, im Moment Trainer der SG Flensburg-Handewitt werden. Er könnte seinen Sohn Oscar mitbringen, ebenfalls Flensburg. Carlén soll, als bekannt wurde, dass er nach Hamburg geht, erbost gewesen sein. Er dementierte den Wechsel. In welchen Kategorien der HSV denkt, macht deutlich, dass auch Talant Dujshebaev, Coach des spanischen Meisters Ciudad Real, im Gespräch gewesen sein soll.

Die Mannschaft des HSV Handball hat in dieser Saison einen Etat von 8,5 Millionen Euro und ist die teuerste in der Geschichte des Clubs. Rekord auch bei den Dauerkarten: 5.600. Ob der Zuschauerschnitt der vergangenen Saison von 10.372, überboten werden kann, scheint allerdings fraglich.

Der HSV ist nach dem vierten Spieltag im gehobenen Mittelfeld. Der Aussagewert der Tabelle ist begrenzt. Nur nicht, was den Spitzenreiter anbelangt. Es ist - der THW Kiel.

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