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Erinnerung an der Bernauer StraßeAnwohner mauern bei Gedenkstätte

Die Gedenkstätte Berliner Mauer soll bis 2012 um weitere 700 Meter verlängert werden. Doch Anwohner wollen ihre Grundstücke für das Gesamtkonzept nicht hergeben.

Eigentlich soll eine "Erinnerungslandschaft" entlang der 1,3 Kilometer langen Strecke an der Bernauer Straße enstehehen. Bild: ap, Franka Bruns

Die geplante Fertigstellung der Gedenkstätte Berliner Mauer an der Bernauer Straße im Jahr 2012 ist gefährdet. "Es gibt Probleme mit dem vorgesehenen vierten Bauabschnitt "D", von der Brunnenstraße bis zur Schwedter Straße", sagte Axel Klausmeier, Direktor der Gedenkstätte am Montag im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses. Anwohner und Eigentümer von Flächen entlang des ehemaligen Mauerstreifens protestierten gegen die Ziele des Senats, ihre Areale für die Gedenkstätte zu nutzen. So lehnten sie etwa ab, dass zur Erinnerung an den sogenannten "Postenweg", dieser auf ihren Grundstücken wiederhergestellt werden soll.

Sollte der Grundstücksstreit nicht bald entschieden werden, befürchtet Klausmeier, dürfte sich das insgesamt 27 Millionen Euro teure Gedenkstättenkonzept an der Bernauer Straße erheblich verzögern. Kulturstaatssekretär André Schmitz (SPD) bestätigte den bislang ungelösten Konflikt vor Ort. Bei 17 Grundstücken entlang des zirka 700 Meter langen Abschnitts D (siehe Grafik) sei eine Einigung zwischen den Eigentümern und dem Land Berlin beziehungsweise der Stiftung Berliner Mauer offen. Richtig "konflikthaft" gehe es bei sieben Flächen zu, so Schmitz. Die Kultur-, Finanz- und Bauverwaltung suchten nach Auswegen, um die Grundstücksfragen zu lösen - etwa mit Entschädigungszahlungen.

Das im Jahr 2006 vom Senat verabschiedete Gedenkstätten-Gesamtkonzept sieht eine "Erinnerungslandschaft" entlang der 1,3 Kilometer langen Strecke an der Bernauer Straße vor. Dort spielten sich beim Mauerbau 1961 dramatische Fluchtszenen ab.

Im Frühjahr 2010 wurde der ersten Gedenk-Abschnitt bis zur Ackerstraße mit den prägnaten rostroten Stäben und Tafeln eröffnet. 2011, hofft Klausmeier, würden der "Abschnitt B und C" an der Versöhnungskapelle bis zu Brunnenstraße fertiggestellt. Auch das Dokumentationszentrum soll erneuert werden. Die neue Gedenkstätte, die jährlich mehr als 500.000 Besucher anzieht, sei bereits heute zum Besuchermagnet avanciert.

Die Anwohner des letzten geplanten Gedenkstreifens haben nun mobil gemacht, weil sie eine Enteignung ihrer Grünflächen, Kleingärten oder Kinderspielplätze befürchten, die auf das Gedenkareal ragen. Entschädigungsangebote von 100.000 und 300.000 Euro lehnten sie bisher ab - teils aus Prinzip, teils aus Wut über den bestehenden Bebauungsplan (B-Plan) für "zu hohe" geplante Neubauten zwischen Bernauer und Schönholzer Straße, teils aus wirtschaftlichen Erwägungen. "Ich bin bereit zu verkaufen, aber nicht zu dem Preis", bekannte eine Anwohnerin.

Mathias Gille, Sprecher der zuständigen Bauverwaltung, widerspricht den Enteignungsängsten: "Wir wollen eine Einigung, keine Enteignung." Man bemühe sich um den Kauf der Grundstücke. Es handle sich schließlich um ein "ambitioniertes" Gedenk-Vorhaben.

Der kulturpolitische Sprecher der Grünen, Oliver Schruoffeneger, kritisierte am Montag den Senat für dessen Fehler vor Ort. Statt im Vorfeld der Gedenkstättenpläne die Probleme mit den Anwohnerflächen und Bauhöhen aus der Welt zu räumen, "steuert man hier in einen Konflikt mit unabsehbaren Folgen". Nun zeichne sich eine Verzögerung des Projekts am letzten Bauabschnitt ab. Das Land müsse alles daran setzen, damit hier kein Dauerstreit bleibe. Leidtragende wären dann die Mauergedenkstätte mit einem unvollständigen Konzept und die Besucher, sagte Schruoffeneger.

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5 Kommentare

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  • FS
    Frank Schröder

    Ich denke Herr Lautenschläger wäre gut beraten erst einmal die Fakten zu studieren bevor er einen derartig undiffenzierten Artikel auf die Titelseite des Lokalteils setzt. Allein der Bebauungsplan belegt, dass es hier nicht in erster Linie um den Ausbau der Gedenkstätte, sondern um eine möglichst hohe Verdichtung der Bebauung geht. Der Postenweg dient somit in der Hauptsache der Verringerung von Abstandsflächen zur angrenzenden Bebauung.

     

    Auch eine Erklärung warum ausgerechnet der ehemalige Postenweg, geführt durch eine dichte Bebauung, ein herausragendes Denkmal deutscher Geschichte darstellt bleibt der Artikel schuldig.

     

    Ich hätte mir von einer anspruchsvollen linken Zeitung doch mehr als reinen Investoren Journalismus erwartet. Ich hoffe Herr Lautenschläger ist selbstkritisch genug um nach eingehender Recherche des Bebauungsplans und der Gedenkstättenplanung die Situation und die Befürchtungen der Anwohner objektiv zu beurteilen.

  • VB
    vorlaut boy

    Früher hieß es mal: Dire Mauer muss weg!

     

    Jetzt soll sie wieder auf gebaut werden und dabei werden sogar Methoden wie Enteignungen in Betracht gezogen.

     

    Irgendwie paradox.

  • M
    Martin

    Welche Grafik?

  • S
    Schneider

    Anwohner mauern bei Gedenkstätte

     

    Gedenken mit allen Mitteln durchzusetzen

    ist nicht sinnvoll.

    Erst wollten alle die Mauer nicht mehr;

    jetzt wird sie um des Gedenken willens

    aufgebaut und erweitert.

  • M
    matthias

    So laeuft das also. Um moeglichst an grossflaechig an die Verbrechen der Kommunisten erinnern zu koennen, wird jetzt auch schon an Enteignung gedacht.

     

    Kommt schon, inzwischen merkt doch auch der letzte, das die Aufarbeitung der DDR-Geschichte zur Siegesparade des einzig wahren kapitalistischen Systems geriert.

     

    Lasst uns da mal lieber einen Gang zurueckschalten und gucken, wie wir die aktuellen Probleme loesen.