Pankower Gastro-Bewertung macht Schule: Die Ekelliste tritt mit einem Lächeln ab

Pankow belohnt saubere Gastro-Betriebe mit einem Smiley - und enttarnt schmutzige mit Bildern im Internet. Ab Juli 2011 soll es ein ähnliches Bewertungssystem für ganz Berlin geben.

Ab 1. Juli 2011 werden in ganz Berlin Gastro-Betriebe mit einem Smiley-Aufkleber bewertet. Darauf einigten sich die Bezirksstadträte am vergangenen Freitag. Berlin ist damit das erste Bundesland, das diese Kennzeichnung verbindlich einführt.

Die Gesichter soll es in fünf Abstufungen geben: vom breit grinsenden mit "Elite"-Aufdruck für diejenigen Betriebe, die dreimal hintereinander ohne Beanstandung getestet wurden, bis zum Smiley mit hängenden Mundwinkeln. Die Smileys und die Ergebnisse der Betriebskontrollen müssen dann gut sichtbar im Laden aufgehängt werden und werden auf den Seiten der zuständigen Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsämter veröffentlich - egal ob sie positiv oder negativ ausfallen. Eine Ekelliste mit Fotos, wie derzeit in Pankow, wird es dann nicht mehr geben.

Wegbereiter des Smiley-Systems ist Pankows Bezirksstadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne). Seit Mai 2009 werden dort Gastrobetriebe mit einer Smiley-Plakette versehen, wenn die Prüfer nichts zu meckern haben. Die Prüfungsergebnisse derjenigen Restaurants und Imbissbuden, wo Mäuse in der Küche tanzen, werden samt Fotos auf einer Negativliste im Internet veröffentlicht.

"Das System wirkt selbstreinigend", so Kirchner. "Wir haben für eine Sensibilisierung in Küchen gesorgt, die es so bisher noch nicht gegeben hat." 2008 seien 111 Betriebe negativ getestet worden. 2009 seien es nur noch 71 gewesen. Das Wort "Veröffentlichung" sei wohl abschreckend genug, so der Stadtrat.

Schon im März wurde gesagt, Senat und Bezirke hätten sich geeinigt, die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen zu veröffentlichen. Doch die Bezirke konnten sich nicht auf ein einheitliches Vorgehen einigen. Am vorvergangenen Freitag gab es dann auf einmal Rückenwind vom Bund: Die Verbraucherschutzminister aller Bundesländer beschlossen einstimmig, die Veröffentlichung der Prüfungsergebnisse bundesweit einzuführen und dem Veröffentlichungssystem ein einheitliches rechtliches Korsett zu schneidern. Wie genau das aussehen wird und ob die Kontrollergebnisse mittels unterschiedlicher Piktogramme symbolisiert werden, ist derzeit noch nicht klar.

Hotel- und Gaststättenverbände wettern vor allem gegen eine Kennzeichnung mit einem Smiley. Franz-Josef Möllenberg, dem Vorsitzenden der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, geht das Prüfsiegel inhaltlich nicht weit genug: "Wir sind dafür, neben der Hygiene auch die sozialen Bedingungen in einem Betrieb in die Kennzeichnung aufzunehmen", sagt er. Beispielsweise ob ein Betrieb gut ausbilde oder Tariflöhne zahle. Ingrid Hartges, die Geschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) hält eine Emotionalisierung von Lebensmittelkontrollen generell für falsch. Betriebe, die unhygienisch wirtschaften, sollten zugemacht und weder im Internet diffamiert noch mit einem Smiley gekennzeichnet werden. Außerdem sei es für die Betriebe möglicherweise geschäftsschädigend, die noch nicht geprüft seien und deshalb noch keinen Smiley an der Wand hätten.

Damit es dazu nicht kommt, werden für die Betriebe, die zur nächsten Prüfung noch eine Weile warten müssen, Prüfungsberichte aus den vergangenen zweieinhalb Jahren herangezogen, sagt Regina Kneiding, Sprecherin der Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz. Dies sei der Kompromiss, um allen Bezirken gerecht zu werden.

Als Vorbild für die Kennzeichnung von Gastrobetrieben sind die Gesichter, die in Dänemark an Restaurantwänden und Bistroscheiben kleben. Seit 2001 werden dortige Restaurantbesucher von Lebensmittel- und Veterinärbehörden über die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen informiert. Die Bürger dankens den Ämtern: 97 Prozent der Bevölkerung hielten die Kennzeichnung für gut oder sehr gut, schreibt die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch auf ihrer Homepage. Genauso wie 88 Prozent der kontrollierten dänischen Gastro-Betriebe.

Damit das Smiley für die Gastro-Betriebe verbindlich ist, muss noch das Berliner Gaststättengesetz geändert werden. Bis dahin wird es noch die Pankower Ekelliste geben.

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