Kommentar Hartz IV: Der Fluch der Vergangenheit

Die SPD wird den Hartz-IV-Sätzen zustimmen müssen. Eine Blockade der Erhöhung wäre nicht zu vermitteln. Schließlich hat sie die Regeln selbst geschaffen.

Respekt, Union! Man kann ihre Begründung für die geringen Hartz-IV-Sätze zynisch finden - aber sie zieht. Die mickrigen Aufschläge von fünf Euro rechtfertigte die Union damit, Genussmittel wie Alkohol und Zigaretten künftig nicht mehr staatlich subventionieren zu wollen.

Die SPD mit ihrer Forderung nach höheren Hartz-IV-Sätzen versucht sie nun damit in die Ecke zu drängen: Wollen die Sozis etwa den Alkoholismus fördern? Gegen diesen Vorwurf muss sich die Partei erst einmal wappnen. Das dürfte in den nächsten Monaten noch eines der kleineren Probleme der SPD sein. Doch es zeigt, dass die Partei in dieser Debatte nicht viel gewinnen kann.

Die SPD hat keine große Wahl - am Ende wird sie einem Kompromiss mit der Union zustimmen müssen. Würde sie sich verweigern, bliebe alles erst einmal, wie es ist. Und dann gäbe es für Millionen Betroffene überhaupt keine Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze.

So bleibt ihr nur, in zähen Verhandlungen möglichst viele Korrekturen zu erreichen - das ist der einzige Spielraum, den sie hat. Es wäre schließlich niemandem zu vermitteln, wenn ausgerechnet die SPD eine Erhöhung der Hartz-IV-Sätze blockieren würde. Schließlich hat sie sich und diesem Land dieses Gesetz eingebrockt.

Genau das ist das Dilemma der SPD: Zwar lassen sich die sozialen Härten von Hartz-IV-Regelung nicht durch jene fünf Euro zusätzlich und Gutscheine verringern, welche die Regierung jetzt beschlossen hat. Geschaffen hat diese Regeln aber nicht die Union, sondern die rot-grüne Bundesregierung.

Da hilft es der SPD auch wenig, zu lamentieren, die Situation habe sich seither geändert und das Verfassungsgerichtsurteil stamme aus diesem Jahr. Für Hartz IV trägt die SPD die Verantwortung. Es ist wie ein Fluch aus der Vergangenheit, den die Partei nicht loswird.

Es schmerzt die SPD, dass sie in der Hartz-IV-Debatte in so einer Zwickmühle steckt. Nicht wenige hatten gehofft, sie hätten auf dem Parteitag am Sonntag mit den neuen Beschlüssen zu Rente und Arbeitsmarkt alte Lasten aus ihrer Regierungszeit über Bord geworfen, um unbefangen nach vorn blicken zu können.

Doch Beschlüsse und Parteitag dienten vor allem dazu, die Partei mit sich selbst zu befrieden. Jetzt aber sieht sie sich mit politischen Realitäten konfrontiert. Dabei hatte manche in der Partei gerade wieder damit begonnen, von einem Regierungswechsel 2013 zu träumen.

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