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Verfahren wegen HitlergrußGEZ noch?

Immer wieder werden Übergriffe von Kontrolleure der Gebühreneinzugzentrale bekannt. Im schwäbischen Ehingen musste sich nun eine Mitarbeiterin vor Gericht verantworten.

Viel hilft nicht gegen die GEZ. Bild: Photocase/eris23

Eine 54-jährige Ulmerin wurde wegen dem Zeigen verfassungsfeindlicher Zeichen zu einer Geldstrafe verurteilt. Sie hatte ihm Rahmen ihrer Tätigkeit für die GEZ einen Gastwirt in Munderkingen (Raum Ulm) beleidigt und ihm den Hitlergruß gezeigt.

Die Frau, die stundenweise für die GEZ arbeitet, behauptete vor dem Richter, sie wisse gar nicht, wie der Hitlergruß geht. Die Anklageschrift gab anderes wieder: Der von ihr beschimpfte kroatische Gastronom sagte aus, die Frau habe ihm salutiert und den Hitlergruß gezeigt, nachdem sie ihn zuvor als „Schwarzseher“ und „Schwarzhörer“ bezeichnet und ihn weiterhin damit beleidigt hatte, dass er „sich waschen und dahin gehen soll, wo er herkommt“. Bereits eine Woche zuvor war die Frau mit ihrem Ehemann, der ebenfalls für die GEZ arbeitet, in der Gastwirtschaft erschienen, um sie auf gebührenpflichtige Geräte zu überprüfen. Als der Wirt die beiden Kontrolleure darauf hinwies, dass es diese nicht gibt, griff ihn der Mann tätlich an.

Ähnliche Ausfälle von GEZ-Mitarbeitern sind zwar landläufig bekannt, führen aber nur selten zu einer Klage. Den letzten juristischen Versuch gab es im Juli diesen Jahres in Hamburg, als ein Bauarbeiter von einem GEZ-Kontrolleur mit Pfefferspray angegriffen wurde. Dieser hatte versucht, sich Zugang zur Baustelle des zur Kontrolle vorgesehenen Hauses zu verschaffen. Auch die Bespitzelung von Kleingärten durch die sich nicht selten im Sheriffstil gebärdenden Honorarfahnder hat schon häufig für Beschwerden gesorgt.

Einige Beispiele in der Kette variantenreicher GEZ-Übergriffigkeiten unterschiedlicher Dimension. Das Urteil in Ehingen ist immerhin ein Zeichen gegen diese Mischung aus schnüfflerischer Impertinenz, Spaß an der Denunziation und aggressivem kleinbürgerlichem Machtgehabe, dass sich legitim wähnt bis hin zur Ausübung von tätlicher Gewalt. Gegen das Beschaffen von persönlichen Daten durch Dritte zur Weitergabe an die GEZ und gegen das gewalttätige Eindringen von durch die GEZ beauftragten Gerichtsvollziehern in Wohnungen lässt sich nur schwer juristisch vorgehen, gegen letzteres bislang faktisch gar nicht. Das liegt daran, dass die GEZ als Vollstreckungsbehörden der staatlichen Rundfunkanstalten die Hauptzollämter beauftragen, die sich wiederum der Finanzämter im Wege der Amtshilfe bedienen. Die Finanzämter werden wiederum durch eigene Gerichtsvollzieher tätig, was bedeutet, dass der Weg über die ordentlichen Gerichte entfällt.

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9 Kommentare

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  • L
    Lucia

    Man könnte sich ja durchaus über eine Kulturabgabe o.ä. unterhalten. Wobei: wenn damit aufgeblasene Apparate wie Rundfunkräte finanziert werden sollen: nein Danke.

    Allein die Argumentation der GEZ-Inkassobüros fordert Boykott geradezu heraus:

     

    Nachvollziehbar ist meistens für eine bestimmte Leistung was zu zahlen.

     

    Die GEZ will nur für die Option die Leistung konsumieren zu können kassieren, also für das "bereithalten"

    von Empfangsgeräten. Das betrifft auch eingepackte Geräte im Keller oder solche die deffekt sind. Denn man "könnte" sie ja nutzen, bzw. reparieren.

     

    Mit der gleichen Argumentation könnte der Kiosk-Besitzer nebenan Wegezoll kassieren, denn Sie könnten ja, wenn Sie dort vorbeigehen, auch Zeitungen lesen...

     

    Oder solche Absurditäten:

    für das gleiche Gerät, das man zu Hause benutzt, müßte man nochmal extra zalen, wenn man es mit auf die Arbeit nimmt...

     

    Die Befugnisse der GEZ-Schnüffler sind jedenfalls vergleichbar mit denen eines Kontrolleurs bei der Bahn: nur mit dem Unterschied, das er nicht in die Bahn einsteigen dürfte:

    Er darf nicht in die Wohnung.

     

    Wem also noch im Gedächtnis blieb, daß das Milgram-Experiment eine gewisse Obrigkeitshörigkeit nachwies,

    kann diese bedauernswerten Zeitgenossen einfach ignorieren, wenn sie mit ihrem Ausweis wedeln...

     

    statt sich die Mühe zu machen einen Jaucheeimer aus dem Fenster zu kippen

  • B
    BXL

    Nachtrag zum Thema GEZ und Gerichtsvollzieher:

     

    Die GEZ kann nur dann einen Gerichtsvollzieher schicken, wenn jemand Gebührenpflichtig (d.h. es sind gebührenpflichtige Geräte angemeldet) ist und diese nicht zahlt.

     

    Letztlich geht es um Empfänger von Arbeitslosengeld 2, die von der Zahlung der Fernsehgebühren befreit sind, wenn eine Freistellung beantragt wurde. Das eigentliche Problem ist jedoch, dass die Freistellungsbescheide nur 6 Monate lang gültig sind und man daher diese alle 6 Monate verlängern muss. Da diese Bescheide oft zu spät kommen, die GEZ aber niemanden rückwirkend von der GEZ-Gebühr freistellt (trotz Befreiung durch die ARGE), soll der Arbeitslose für diesen Zeitraum Gebühren zahlen.

     

    Inwieweit es sich hierbei um Einzelfälle handelt ist mir nicht bekannt. Mir sind nur drei Fälle aus der Presse bekannt (Dortmund, Köln & Wilhelmshaven).

     

    Fakt ist auf jeden Fall, dass die GEZ nicht ohne Zahlungstitel einen Gerichtsvollzieher schicken kann. Nur auf Verdacht kann die GEZ keinem Auskunftspflichten einen Gerichtsvollzieher schicken um Auskunft über das vermutete Bereithalten eines Rundfunkempfangsgerätes zu erzwingen.

     

    Man darf auch nicht vergessen, dass die freiberuflichen GEZ-Kontrolleure viel erzählen wenn der Tag lang ist, aber letztlich haben diese keine entsprechenden Befugnisse und es bleibt bei leeren Drohungen.

     

    PS: Da die GEZ-Kontrolleure keinerlei hoheitliche Befugnisse (wie den Zutritt zu Privaträumen) besitzen müsste das vorsätzliche Eindringen in Wohnungen bzw. Geschäftsräume den Tatbestand des Hausfriedensbruch erfüllen.

  • B
    BXL

    In der Welt wird behauptet, dass die GEZ Wohnungen durchsuchen darf, hier wird behauptet, dass die GEZ mit Hilfe der GEZ mit Hilfe der Finanzämter Gerichtsvollziehern in Wohnungen schicken lässt...?

     

    Sorry, aber dieser Unsinn sind doch nur urbane Mythen! Ich zitiere das Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) zum Thema GEZ:

     

    "Allerdings sehen sich viele Personen, die nicht auskunftspflichtig sind, doch zur Antwort genötigt, da die GEZ auch in diesen Fällen bei ausbleibender Antwort eine Eskalationsstrategie verfolgt. In wohl meist drei aufeinanderfolgende Schreiben werden immer bedrohlichere Formulierungen verwendet, die die Assoziation aufkommen lassen sollen, es würden demnächst hoheitliche Maßnahmen ergriffen. Mangels entsprechender Befugnisse kommt es dazu naheliegender Weise jedoch nicht."

     

    Von der Springer-Presse bin ich eine mangelhafte journalistische Recherche gewohnt, aber bei der TAZ überrascht mich dies nun doch etwas. Qualitativer Journalismus sieht anders aus!

  • D
    Diak

    @ Redaktion:

     

    Klärt das mit dem GV nochmals ab. Dieser darf Vollstreckungstitel durchsetzten und Schriftstücke zustellen!

     

    Ein Titel muss erstmal erwirkt werden.

     

    Diak

  • E
    emil

    jetzt wo ihr diese analogie bringt. na klar, die gez ist ein sammelbecken für blockwarte der neuen generation, die es gerne mal gewesen wären.

  • G
    Geröllbote

    Natürlich muss die GEZ mit ihren widerlichen Drückerkolonnen verschwinden.

    Der öffentliche Funk muß anders finanziert werden. Etwa durch eine Stiftung.

    An der Finanzierung müßen sich alle beteiligen. Es gibt niemanden, der nicht direkt oder indirekt davon profitiert.

  • Q
    Querulant

    Das sind ja auch GESTAPPO-Methoden die sich der sich die GEZ da teilweise bedient... aber Denunziantentum und Nachbarschaftsbespitzelei hat in Deutschland ja Tradition...

  • L
    Lucia

    "Viel hilft nicht gegen die GEZ."

     

    Nanu, die taz läßt sich doch sonst nicht so gern...ins Bockshorn jagen...

     

    Sicher gibts da etliches was zu tun wäre:

     

    zunächst erstmal: alles abmelden!

     

    Dann: man läßt doch grundsätzlich keine fremden Menschen in die Wohnung, oder?

     

    Zumindest außer den Zeugen Jehovas mit denen kann man sich nett über die Frage Gott, oder Nichtgott unterhalten.

     

    Gerichtsvollzieher im Anmarsch? So einfach auf Verdacht geht das nicht.

     

    Vielleicht Denunziation? Heißt also: Ex immer gut behandeln...

     

    Oder der GEZ-Schnüffler hat sich erfrecht, in der Mülltonne zu wühlen, und das per Abo bestellte TV-Magazin gefunden?

     

    Er hat die Nachbarn befragt?

     

    Egal, der Grichtsvollzieher kommt nie unangemeldet.

     

    Man hat dann eben alles was wie ein TV oder Radio oder PC aussieht beseitigt...

     

    Also kein Problem, denn selbst wenn jmd. Zeit und Muße für eine Rundumdieuhr Beschattung hätte (weil die Frau solch einen Trottel schon zum Teufel gejagt hätte): das Spielchen läßt sich beliebig wiederholen.

     

    Mehr Tipps unter:

    http://www.gez-abschaffen.de/

  • F
    Fernsehasser

    Greift da nicht der Notwehrparagraph ? Tätlicher Angriff in den EIGENEN GESCHÄFTSRÄUMEN wie bei dem Wirt ?