Fehmarnbelt: Öl für die Wachstumsachse

Handelskammern und Kreise verlangen den Ausbau der Straßen und Gleise im Hinterland. Nur so lasse sich der Brückenschlag richtig ausnutzen.

Gilt neuerdings als günstigere Lösung: ein Tunnel statt einer Brücke unterm Fehmarnbelt. : dpa

Sollte eine feste Fehmarnbelt-Querung kommen, müssten auch die Straßen und Bahnstrecken im Hinterland ausgebaut werden. Das haben die Handelskammern Hamburg und Lübeck sowie die betroffenen Landkreise am Donnerstag in Lübeck gefordert. Nur so ließen sich die Wachstumschancen nutzen, die mit dem länderübergreifenden Verkehrsprojekt verbunden sind. Paradoxerweise beziehen sie sich dabei auf ein Gutachten mit skeptischem Tenor: Es kommt zu dem Schluss, dass bessere Verkehrsadern die Wirtschaft im östlichen Schleswig-Holstein nicht nennenswert beleben werden.

Eine feste Fehmarnbelt-Querung gehört zu den größten Verkehrsprojekten der nächsten Jahre. Per Tunnel oder Brücke soll sie Dänemark und Deutschland über den Fehmarnbelt hinweg verbinden. Heute verkehren hier Fähren im Halb-Stunden-Takt. Das Projekt machte zuletzt wegen gestiegener Kosten von sich reden. Kritiker befürchten Schäden für Ferienorte und Arbeitsplatzverluste im Fährverkehr.

Die feste Fehmarnbelt-Querung eröffne "die einmalige Chance, die wirtschaftlichen Gewichte innerhalb der EU ein Stück nordwärts zu verschieben", heißt es in einem gemeinsamen Positionspapier der IHK zu Lübeck, der Handelskammer Hamburg, sowie der Kreise Ostholstein, Stormarn und Herzogtum Lauenburg. Stormarn und Lübeck nahmen das Papier "zur Kenntnis".

Die Beltquerung werde die Standortqualität entlang der Achse Hamburg - Lübeck - Kopenhagen nachhaltig verbessern, prognostiziert das Papier. Das setze aber voraus, dass das vorhandene Straßen- und Schienennetz ausgebaut werde.

Konkret verlangen die Autoren, dass die Bahnstrecke Lübeck - Puttgarden bis zur Eröffnung der Belt-Querung zweigleisig ausgebaut werden müsse. Die Bahnknoten Lübeck, Hamburg und Hannover müssten gelöst und eigene S-Bahngleise entlang der Bahnstrecke von Hamburg nach Lübeck verlegt werden. Auch fehle eine Autobahn-Ostumfahrung Hamburgs.

Der Optimismus des Positionspapiers verblüfft, denn er bezieht sich auf ein skeptisches Gutachten der Firmen HTC und ETC zur "Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur auf der Achse Hamburg - Puttgarden". Darin heißt es: "Die im Rahmen dieser Studie identifizierbaren potenziellen Projekte im Bereich Schiene haben nach Einschätzung der Berater kaum Potenzial, zu einer wirtschaftlichen Belebung der Region Ostholstein beizutragen, wenngleich Impulse auf den Tourismus ausgelöst werden dürften." Zu rechnen sei allenfalls mit der einen oder anderen Lokwerkstatt oder Serviceeinrichtung, beim Straßenausbau mit neuen Rastanlagen und Logistikparks.

"Wir setzen auf den Personenfernverkehr und den vierstreifigen Ausbau der Straße nach Puttgarden", sagt Reinhard Sager (CDU), Landrat des Kreises Ostholstein. Das verbessere die Chancen des Kreises, skandinavische Touristen anzulocken.

"Für uns kann das ein unschätzbarer Vorteil sein", sagt Karsten Steffen, Sprecher des Kreises Herzogtum Lauenburg, zum Projekt. Er hofft, von einem Wachstumsschub Hamburgs zu profitieren. Schon heute drängten Firmen aus der Großstadt ins Umland. Die Erfahrungen mit der Autobahn A 20 ließen ein Wirtschaftswachstum erwarten.

Aus höherer Warte ist die Einschätzung noch positiver. Der Bundesverkehrsminister hält die Belt-Querung für das derzeit wirtschaftlichste Bahnprojekt Deutschlands. Dessen Nutzen sei 6,7 mal höher als die Kosten.

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