Die Wahrheit: Brot für die Bank

Jagdszenen aus Bayern - Die CSU und ihre Finanzaltlasten vor Kreuth.

Auf den krachenden Untergang: ein Bild aus besseren Tagen von Günther Beckstein (l.) und Erwin Huber. Bild: ap

Günther Beckstein hat es dieser Tage nicht leicht. Missgünstige Kritiker werfen dem ehemaligen Ministerpräsidenten Bayerns und Verwaltungsratsmitglied der Bayerischen Landesbank Totalversagen vor. Ausgerechnet er, der sparsame Landesvater und personifizierte Biedermann, soll mitschuld sein am größten Finanzdesaster im Freistaat.

Ein lächerlicher Vorwurf. Zwar kostet der Kauf und Verkauf der maroden Hypobank Alpe Adria den bayerischen Steuerzahler die nicht unbedeutende Summe von 3,7 Milliarden Euro. Doch Beckstein konnte von den betrügerischen Machenschaften nichts ahnen. In unserer von Neid, Missgunst und Egoismus geprägten Zeit sehen jedoch nicht alle Bayern die Verfehlungen der Politiker im gebotenen Licht der Nächstenliebe. Auch im Freistaat bestimmen zunehmend nicht durch Recht und Ordnung gedeckte Aktionen sogenannter Wutbürger die öffentliche Auseinandersetzung. Hier eine erste, unvollständige Zusammenstellung der bedauerlichen Vorfälle.

Beckstein, der tiefgläubige Christ und praktizierende Protestant, musste selbst in der besinnlichen Vorweihnachtszeit erleben, wie tief der Hass in den Herzen der Mitbürger wurzelt. Als er mit der Spendenbüchse der von ihm gegründeten Organisation "Brot für Bayern" über den Nürnberger Christkindlesmarkt zog, um für bedürftige Kabinettskollegen eine milde Gabe zu erbitten, wurde er von aufgebrachten Bürgern wüst beschimpft. Glühwein wurde ihm ins Gesicht geschüttet, er wurde mit Bratäpfeln beworfen und unter höhnischem Gelächter vom Markt gejagt. Seitdem ist Günther Beckstein der Aufenthalt im öffentlichen Raum verleidet und der tief in seiner fränkischen Heimat Verwurzelte erwägt ernsthaft die Auswanderung nach Südafrika.

Nicht viel besser erging es Georg Schmid, dem Vorsitzenden der CSU-Fraktion im bayerischen Landtag. "Schüttel-Schorsch", so genannt, weil seine größte bislang bekanntgewordene politische Leistung darin besteht, jedem ausgiebig die Hand zu schütteln, war als Mitglied des Verwaltungsrats der BayernLB vor allem dadurch aufgefallen, dass er den verhängnisvollen Deal mit den Österreichern durch - na klar doch - allseitiges Händeschütteln bekräftigte.

Als er nun beim Neujahrsempfang der CSU einige Bürger für ihr vorbildliches Verhalten als "Kavalier der Straße" auszeichnen wollte, kam es zum Eklat: Alois Hingerl, der eine siebzehnköpfige Entenfamilie trotz starken Berufsverkehrs wohlbehalten über die B 2 geleitet hatte, weigerte sich, die Auszeichnung von Georg Schmid entgegenzunehmen. "Mit den Milliarden, die diese feinen Herren verzockt haben, hätte man die bayerischen Autobahnen und autobahnähnlichen Bundesstraßen alle fünf Kilometer mit einer Entenunterführung ausrüsten können", so sein empörter Kommentar, den er den angereisten Vertretern der Weltpresse in die Notizblöcke diktierte. "So jemandem gebe ich doch nicht die Hand!"

Am schlimmsten aus dem Kompetenzteam des BayernLB-Verwaltungsrats traf es allerdings Erwin Huber, seines Zeichens ehemaliger bayerischer Finanzminister und volldiplomierter Wadlbeißer der Ära Stoiber. Berühmt sein Ausspruch: "Ich habe die Finanzkrise kommen sehen, konnte aber leider nicht mehr rechtzeitig ausweichen", mit dem er vor dem Untersuchungsausschuss die finanzpolitische Hellsichtigkeit seiner Amtsführung zu belegen versuchte.

Während sich der wackere Erwin also an vorderster Front den globalen Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus entgegenstemmte, wurde er hinterrücks vom Sparkassenberater im niederbayerischen Straubing gemeuchelt. Huber hatte dem alten Spezl nämlich Carte blanche gegeben bei der Zusammenstellung seines privaten Depots. Und wie es der Zufall wollte, investierte der so gierige wie ahnungslose Sparkassenberater Hubers mühsam Erspartes in ebenjene amerikanischen Schrottanleihen, die auch der BayernLB letztlich das Genick brachen. Am Ende stand Hubers Depot bei null.

Ein Gutes hat Hubers Blauäugigkeit dann aber doch - sollte die BayernLB wider Erwarten gegen die damaligen Verwaltungsratsmitglieder auf Schadenersatz klagen, wäre zumindest bei ihm aufgrund seines privaten Finanzfiaskos sowieso nichts mehr zu holen.

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