Fachkräftemangel: Ingenieure ungeheuer beliebt
Die Ingenieurwissenschaften verzeichnen einen neuen Einschreiberekord. Der Fachkräftemangel sorgt für gute Berufsaussichten.
Immer mehr Studienanfänger entscheiden sich für ein ingenieurwissenschaftliches Studienfach. Laut vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes schrieben sich 93.200 Erstsemestler im Sommersemester 2010 und dem Wintersemester 2010/2011 für die Fachrichtung ein. Das sind 8,2 Prozent mehr als im Vorjahr und sogar 50 Prozent mehr als noch 2006.
Absolventen eines Ingenieur-Studiums hätten wegen des Fachkräftemangels gute Berufsaussichten, sagte Kevin Heidenreich, Bildungsexperte des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, gegenüber der taz. "Die jungen Ingenieure werden mit Kusshand genommen, denn die Unternehmen suchen händeringend nach Leuten", so Heidenreich. "Es scheiden derzeit viele Ingenieure aus dem Beruf aus, aber es kommen nicht genug nach." Aufgrund des demographischen Wandels wird der Fachkräftemangel weiterhin ein Problem darstellen. Die momentan steigenden Studierendenzahlen und der doppelten Abiturjahrgang würden dies lediglich etwas abfedern, sagte Heidenreich. Die Lücke könnten sie aber nicht schließen.
Diese sogenannte "Ingenieurslücke" betrug laut dem regelmäßig erhobenen Ingenieurmonitor in diesem Februar 58.400 Personen, sagte Venio Piero Quinque, Geschäftsführer der TU9, der Allianz der führenden Technischen Hochschulen in Deutschland, auf Anfrage der taz. Auch er bewertet die Berufsaussichten als sehr gut. "Im vergangenen Februar ist die Zahl der offenen Stellen für Ingenieure um rund 12 Prozent gestiegen, zugleich ist die Zahl arbeitsloser Ingenieure um rund 4 Prozent abgesunken."
Hohe Einstiegsgehälter zwischen 40.000 und 60.000 Euro Jahresgehalt je nach Branche machten den Beruf des Ingenieurs auch finanziell attraktiv. Zahlreiche Kampagnen hätten außerdem das Image der Ingenieursfächer verbessert und das Interesse vieler Schulabgänger geweckt, so Quinque. "Viele junge Menschen möchten gern eine sinnvolle Tätigkeit ausüben, etwa bei der Entwicklung alternativer Energien mitarbeiten, für sauberes Wasser sorgen, bei der Lösung des Ernährungsproblems in der Welt helfen", sagte Quinque. "Da bieten die Ingenieurfächer eine sehr gute Grundlage." Dabei bleiben die Ingenieurwissenschaften allerdings nach wie vor eine Männerdomäne. Im Wintersemester 2010/2011 war in diesem Fachbereich nicht einmal jeder vierte Studierende im ersten Hochschulsemester weiblich.
In anderen Fachbereichen sind die Anstiege geringer als in den Ingenieursfächern. Bei den Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, mit 147.600 Personen weiterhin die Fächergruppe mit den meisten Neueinschreibungen, betrug der Anstieg lediglich 1,2 Prozent gegenüber 2009. Insgesamt stieg die Zahl der Studienanfänger von 2009 auf 2010 um 4,4 Prozent auf 443.000 Personen.
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