KEINE DEBATTE: Frontalunterricht in der Böll-Stiftung

Karoline Linnert und Ulrich Nußbaum haben den gleichen Job, die gleichen finanzpolitischen Überzeugungen - und sind zum Glück keine Utopisten. Nur: Warum setzt man sie dann zusammen aufs Podium?

Danae heißt Sterntaler auf Griechisch, taugt aber auch nicht als finanzpolitisches Modell. Bild: Tiepolo

Die Heinrich Böll Stiftung soll nach Selbstauskunft "grundsätzliche und aktuelle gesellschaftspolitische Debatten initiieren und unterstützen". Manchmal geht das schief. So stand am Freitag Finanzpolitik auf dem Programm. Dafür saßen mit Ulrich Nußbaum, parteiloser Finanzsenator im rot-roten Berlin und Karoline Linnert (Grüne), die von ihm diesen Posten in Bremen geerbt hat, zwei hochrangige Gäste auf dem Podium.

Aber eben zwei, deren aktuelle Situation einander ähnelt. Und die sich auch grundsätzlich in finanzpolitischen Fragen als Gleichgesinnte verstehen. Debattentechnisch ist das ein Nachteil, den Matthias Güldner nicht ausgleichen kann: Der Vorsitzende der Bürgerschaftsgrünen, der als "Moderator" angekündigt ist, bürstet wie ein profilierungsbedürftiger Klassenbester die spärlichen Publikumsfragen erst mal selbst glatt, bevor die LehrerInnen antworten.

Immerhin, informativ ist ihr Frontalunterricht. Als politische Ziele werden neben einer Neuordnung des Länderfinanzausgleichs, die Reform der Grundsteuer genannt, eine Altschuldenregelung oder die Anerkennung von Sonderlasten, wie den Häfen. Dabei gehen zum Glück weder Linnert, noch Nußbaum näher auf den Begrüßungswunsch des Hausherren Peter Rüdel ein. Der hatte "utopische" Positionen gefordert. Klar, am Vortragssaal-Eingang in der Plantage 13 hängt ja auch ein hübscher Kalenderspruch von Ernst Bloch, dem Propheten der friedlichen Atomkraftnutzung. Selbst Hoffnungsprofi Bloch ist vorsichtig in Sachen ökonomische Utopie. Eine davon gelöste finanzpolitische Utopie aber gibts nur im Modus unverbindlichen Salbaderns.

Oder im Märchen: Kanonisch formuliert sie Sterntaler in der Grimmschen Fassung (1819). Hier vertritt B+B-Kandidat Friedrich-Wilhelm Dopatka aus dem Publikum die Position, flankiert durch die Anti-Utopie des Konsolidierungspfads als eines "Dornröschenschlafs". An dessen Ende werde Berlin die Großstadtfunktion großteils, Bremen sie ganz eingebüßt haben, verkündet er, gestützt auf eine Dissertation. "Ich halte das für Quatsch", sagt Nußbaum. Linnert erklärt, die Promovendin habe irrtümlich fiktive Stadtstaatenveredelung des Länderfinanzausgleichs und reale Ausgaben identifiziert. Dopatka motzt etwas, weiß aber nichts zu entgegnen. Für einen Streit reicht das nicht aus.

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