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Merkel kann sich nur entscheiden, wenn andere schon für sie entschieden haben! Merkel entscheidet sich stets für die, die den größten Einfluss haben. Ob das Sinn macht ist sekundär.
Merkels schamloser Zynismus in der Atompolitik
Erst schloss die Kanzlerin einen Geheimvertrag mit der Atomindustrie, jetzt will sie an der Spitze einer breiten gesellschaftlichen Ausstiegsbewegung stehen. Unfassbar.
Das nennt man Chuzpe, das ist schlicht unfassbar. Da kündigt Bundeskanzlerin Angela Merkel doch tatsächlich an, sie wolle im Sinne der Menschen und für sie mit der Atomkraft Schluss machen. Ausgerechnet die Atomkanzlerin, die noch im vergangenen Jahr durch einen Geheimvertrag mit den Energiekonzernen den Weiterbetrieb der alten Meiler gegen den Willen der Bevölkerung durchgesetzt hat, gibt nun vor, sie wolle sich für einen „breiten gesellschaftlichen Konsens bei der angestrebten Energiewende in Deutschland einsetzen“.
Eine solche Ankündigung aus ihrem Munde ist vor dem Hintergrund ihrer bisherigen Politik schamlos, und sie ist purer Zynismus gegenüber all jenen, die noch vor Wochen von Merkel bekämpft wurden, weil sie seit Jahren vor den Gefahren der Atomenergie warnen und die Nutzung erneuerbarer Energien möglich gemacht haben.
Zoff in der Union
Der Atomschwenk der Bundesregierung macht führende Unionspolitiker nervös: Als erster CDU-Ministerpräsident warnt Volker Bouffier vor einem zu hastigen Abschied von der Kernkraft. In der Partei wachsen Zweifel an der eigenen Glaubwürdigkeit.
Die geplante Atomwende stößt auf heftigen Widerstand bei AKW-Fans in der Union. Mit deutlichen Worten sprach sich Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) gegen einen schnellen Atomausstieg aus. Der stellvertretende CDU-Vorsitzende kritisierte zudem im "Stern" das Erscheinungsbild seiner Partei und der Bundesregierung: "Wir müssen weniger Zweifel aufkommen lassen, wofür wir stehen."
Bouffier ist einer der ersten führenden Konservative in der Union, der offen Kritik am neuen Anti-Atomkurs von Kanzlerin Angela Merkel äußert.
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,756732,00.html
...und alle zusammen wollen oder können nicht kapieren, dass Fukushima mit deutschen Atomkraftwerken nichts zu tun hat.
Die waren lange zuvor bereits unsicher.
Oh Göttin!
Worauf wartet Merkel, wenn Sie abwartet?
Diese Frage stellt wirklich jemand noch ernsthaft?
Selbst schuld.
Kleiner Tipp von mir:
Die Antwort hat nichts mit der inhaltlichen Frage zu tun, um die es gerade geht.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser will Messer ab sechs Zentimetern in der Öffentlichkeit verbieten. Doch so bekämpft sie Gewaltkriminalität nicht.
Kommentar Energiekonsens: Das Zeitspiel der Kanzlerin
Die Kanzlerin wartet ab. Worauf nur? Der Zeitdruck ist enorm. Vier Wochen hat sie gebraucht, nur um die SPD-Ministerpräsidenten zu fragen, was die eigentlich wollen.
Angela Merkel redet viel von dem neuen Energiekonsens. Das soll ein ganz großer Hut werden, unter den Grüne und Konzerne, die Länder mit ihren Sonderwünschen, die SPD, die Kirchen und ganz viele Wähler passen. Die Idee ist richtig. Energiepolitik braucht Planungssicherheit. Und die gibt es nur, wenn man sich über die Grundlagen solide einigt.
Einigkeit war mit dem rot-grünen Atomkonsens schon mal da. Doch die schwarz-gelbe Regierung hat diese Grundlage mit der AKW-Laufzeitverlängerung ruiniert. Diesen Fehler muss sie nun korrigieren.
Merkel spürt den Druck der Bevölkerung. Umso ärgerlicher ist, wie wenig sie für den neuen Konsens tut. Erst vier Wochen nach dem Moratorium hält sie es für nötig, mal nachzufragen, was die SPD-Ministerpräsidenten so wollen. Mit den konkreten Akteuren, die mit ins Boot müssen, möchte sie lieber nicht zu viel zu tun haben.
Stattdessen hat die Kanzlerin erst einmal einen Ethikrat eingesetzt und eine Kommission, die die Sicherheit der Atomkraftwerke prüfen soll. Als wäre das nicht alles schon bekannt. Merkel gibt die Leitung ab, sie führt nicht.
Die Union ist, nach ihrem Reißschwenk in der Atompolitik, mit sich selbst beschäftigt. Röttgen will schnell viel Umbau. Und der Pro-Atom-Flügel ist seit Fukushima geschwächt. Aber es reicht noch dazu, auf die Bremse zu treten und Angstzahlen unter die Leute zu streuen, wie teurer der Ausstieg wird. Die Unionsspitze starrt auf die innere Machtbalance - deshalb wirkt sie so verdruckst, wo sie mit den Gegnern kooperieren soll.
Dabei ist der Zeitdruck enorm. Anfang Juni muss ein Gesetz stehen, das Merkels Atomkurs absichert. Es muss juristisch wasserdicht sein. Die Drohung, dass der Staat Schadenersatz wegen des Moratoriums an Konzerne wie RWE zahlen muss, ist noch aktuell.
Was ansteht, ist eine Energiewende in fast forward. Merkel aber hat bis jetzt nur viele Signale nach innen gesendet. All das kostet sie Zeit, die sie eigentlich nicht hat.
Schwarz-Gelb drückt sich nach wie vor um einen konkreten Ausstiegstermin für die AKWs. Darum schwirren Zahlen umher, eine, drei oder fünf Milliarden, die der Umbau pro Jahr kosten wird. Dabei sind diese Zahlen Luftbuchungen, solange das Tempo des Ausstiegs offen ist. Die CSU überschlägt sich unterdessen in Ausstiegsrhetorik. Merkel wartet ab. Worauf?
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Kommentar von
Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.