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Ermittlungen gegen SicherheitsfirmaGegendruck für Höllenengel

Wegen gewalttätiger Mitarbeiter ermittelt die Heidestadt Walsrode gegen eine örtliche Sicherheitsfirma. Sie gehört zum Firmengeflecht eines Hells-Angels-Funktionärs und angesehenen Bürgers.

Hängen wohl auch bei den Besitzern der GAB Security im Schrank: Kutten der Hells Angels. Bild: dpa

WALSRODE taz | Beim Bezirksliga-Fußballspiel Germania Walsrode gegen TuS Celle am 29. April gab es Randale: Im Walsroder Stadion gingen Spielfeldbanden zu Bruch, Fans wurden verletzt. Hinterher gingen Strafanzeigen wegen Körperverletzung ein - auch gegen Mitarbeiter der GAB Security GmbH. Diese Sicherheitsfirma hatte der Germania-Vorstand engagiert, obwohl auch Polizeikräfte im Stadion bereitstanden. Polizei-Einsatzleiterin Eva Peukert sagte nach dem Spiel, die privaten Sicherheitsleute hätten überhart reagiert.

Jetzt setzt das Walsroder Ordnungsamt nach. Es hat Ermittlungen gegen die Sicherheitsfirma aufgenommen. Sie soll bei dem Fußballspiel acht Mitarbeiter eingesetzt haben, die sie nicht zuvor beim Ordnungsamt angemeldet hatte, darunter einen Mann, der der rechten Szene zugerechnet wird und wegen Gewaltdelikten vorbestraft ist.

Sein Foto in der Walsroder Zeitung brachte den Stein ins Rollen. Es zeigt ihn in der Dienstkleidung der GAB beim Einsatz im Stadion. Stadträte fragten bei der Bürgermeisterin Silke Lorenz (parteilos) an, ob es rechtens sei, dass dieser Mann in der Stadt für Sicherheit sorge.

Hells Angels im Norden

Der Club sorgt in Norddeutschland regelmäßig für Schlagzeilen.

Bekanntester Kopf der Hells Angels ist "President" Frank Hanebuth, der als "König" von Hannovers Rotlichtviertel Steintor gilt.

Verboten hat das Kieler Innenministerium 2010 den Verein der Regionalgruppe Flensburg.

Vor Gericht steht in Kiel eine 21-Jährige, die den Bruder eines Mitglieds der Rocker-Konkurrenz Bandidos in einen Hinterhalt gelockt haben soll, wo er mit Schüssen schwer verletzt wurde.

Ihren "Rockerkrieg" beendet haben Angels und Bandidos 2010.

Verboten hat die Bremer Polizei eine für Samstag geplante Ausfahrt der Hells Angels wegen erwarteter Ordnungswidrigkeiten.

Rechtlicher Hintergrund ist ein Paragraf der "Gewerbeordnung für das Wach- und Sicherheitsgewerbe", der von Führungspersonal wie Einsatzkräften der privaten Sicherheitsbranche "Zuverlässigkeit" verlangt. Von den Aufsichtsbehörden - in der Regel sind das die Ordnungsämter der Gemeinden - wird das so interpretiert, dass keine vorbestraften Mitarbeiter eingesetzt werden dürfen.

GAB Security ist nicht irgendeine Firma. Eine Hälfte gehört Frank Hanebuth, dem Präsidenten der Hells Angels in Hannover, die andere Hälfte Wolfgang Heer, einem begüterten Geschäftsmann aus Walsrode. Als Schatzmeister ist er für die Finanzen der Hells Angels in Deutschland zuständig. Die Hells Angels stehen bei deutschen und europäischen Polizeibehörden unter dem Verdacht der organisierten Kriminalität.

In Walsrode führt Heer zusammen mit seinem Sohn Michel ein Bordell, eine Bowlingbahn mit Spielhalle sowie das "Sportzentrum Walsrode". Unterrichtet werden dort Bodybuilding und Kampfsportarten, wie Boxen, Kick Thai, Taekwondo und Krav-Maga, eine vom israelischen Mossad entwickelte Technik. In Heers Sportzentrum trainieren auch die Mitarbeiter seiner GAB Security. Unter ihnen sind nach nach Angaben Heers und des Landeskriminalamts Niedersachsen auch Mitglieder der Hells Angels. Sie versehen Türsteherdienste bei Bordellen und Diskos, sind aber auch bei Dorffesten für die Sicherheit zuständig. Laut Handelsregister gehören zu den Geschäftsfeldern außerdem Detektivdienste, Observationen oder der Handel mit Schutzhunden. Es darf aber bezweifelt werden, ob dahinter wirkliche Tätigkeiten stehen. Als sicher gilt unter Kriminalisten, dass bei Kämpfen der Hells Angels mit konkurrierenden Rockerclubs wie den Mongols oder den Bandidos den trainierten Sicherheitsleuten eine wichtige Rolle zukommt.

Geschäftsführer der GAB Security ist weder Wolfgang Heer noch Mitinhaber Frank Hanebuth, denn beide sind vorbestraft. Heers 26-jähriger Sohn Michel bekleidet diesen Posten.

Wolfgang Heer hält in Walsrode eine bisher unerschütterte Position. Man weiß, dass er sein Geld mit Prostitution verdient, hält ihm aber zugute, dass er Vereine und bedürftige Menschen mit großzügigen Spenden bedenkt. Das letzte Strafverfahren gegen ihn wegen Förderung der Prostitution endete vor zehn Jahren mit einer Geldbuße in Höhe von 100.000 Mark.

Heers Firmengruppe beschäftigt in Walsrode etwa 110 Leute. Das sagte er auf einer Veranstaltung der Grünen im November 2010 mit dem Titel: "Wie gefährlich sind die Hells Angels? Was ist in Walsrode zu tun?" Es zeigte sich an diesem Abend, dass der joviale und selbstbewusste Hells-Angels-Anführer im Publikum viele Anhänger hatte, während die Initiative der Grünen bei den anderen Parteien, bei Ratsherren und Geschäftsleuten auf taube Ohren stieß. Die Ermittlungen des Ordnungsamts gegen GAB Security könnten nun eine Trendwende einleiten.

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6 Kommentare

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  • VK
    von Klaus

    Sehr interessant bei der ganzen Sache ist die Position der Walsroder Bürgermeistern Silke Lorenz.

    Wie immer bezieht sie in keinester Weise Stellung! Warum wohl nicht?

     

    Sie und Ihre Stadtführungs-Genossen halten es bei diesen Dingen immer wie die drei Affen - nichts hören, nichts sehen, nichts sagen.

     

    Nur, wenn man Wahlkampftaktisch in die Zeitung kommen kann, wenn mal wieder eine Brücke abgerissen oder ein Kindergarten eingeweiht wird, kann sie den Mund nicht zubekommen und hält ihr Gesicht stets in die Kamera.

     

    Aber wenn es (politisch) brenzlig wird? Fehlanzeige - dann stehen die Walsroder Bürger ganz alleine da.

  • F
    friedrich

    Bei den Hells Angels handelt es sich um eine von der Polizei gedeckte Mafia, die ihr Geld mit Schutzgeldeintreiben, Menschhandel und der Verwaltung von Prostition verdienen.

     

    Angeblich muss jedes Tätowierstudio in Hannover Schutzgeld bezahlen und fast der ganze Rotlichtbereich gehört den Höllenengeln. Die Polizei Hannover sagt dazu seit Jahrzehnten, dass es doch toll sei, wie die Angels für Sicherheit und Ordnung sorgen.

  • KL
    Klaus Lange

    Schön,Rocker trainieren eine vom Militär entwickelte Kampkunst,die sicher auch äusserst effektiv ist. Was soll man dazu sagen? Höhrte auch schon von Box,Thai Boxen und Wing Shun Vereinen in den Bandidos,Hells Angels und andere gewaltbereite 1%er MC Mitglieder trainieren. Die "Meister" oder "Ausbilder dieser Vereine sollten mal besser dem wichtigsten Gebot eines Kampfkunst-sportvereins nachkommen und KEINE SCHLàGER ausbilden! Aber wie sagt man doch so schön,"Geld stinkt nicht"und die Beiträge in diesen Vereinen sind oft teuer.

  • RE
    Rah Ering

    Es scheint ja schon fast historisch zu sein, dass ein Ordnungsamt in seinem (örtlichen und sachlichen) Zuständigkeitsbereich gegen ein Sicherheitsunternehmen ermittelt. Denn in Deutschland ist “public private security“ (öffentliche private Sicherheit) auf dem Vormarsch: Das heißt, dass immer mehr Städte und Gemeinden private Sicherheitsdienste (dauerhaft) engagieren, damit diese im Verbund mit Ordnungsämtern und Polizei (police private partnership) für öffentliche Sicherheit und Ordnung in den Kommunen sorgen.

    Gleichzeitig unterliegt die örtliche Sicherheitswirtschaft der Kontrolle und Überwachung der zuständigen Ordnungsämter, also der Partner und Auftraggeber. Wie passt dieses rechtliche Konstrukt in der Realität zusammen? Eigentlich gar nicht!

    Die Ordnungsämter sollen Beschwerden gegen ansässige Sicherheitsunternehmen bearbeiten; bei Strafanzeigen gegen “ihre Security“ sollen sie nicht nur ermitteln, sondern auch Sachverhalte, Unternehmen und Angestellte an die zuständigen Mittelbehörden melden. Das dies in der Praxis “hagt“ versteht sich von selbst bzw. liegt in der Natur der Sache.

    Ich gehe davon aus, dass die “Angel’s-Security“ kein offizieller Partner des Walsroder Ordnungsamtes ist. Ob alle bundesdeutschen Ordnungsämter so konsequent gegen private Sicherheitsdienste ermitteln würden ist fraglich. Die Verbindung der Sicherheitsfirma zu dem berühmt, berüchtigten Rocker-Club lässt vermutlich die “Alarmglocken“ der Sicherheitsbehörden schrillen.

  • T
    Toby

    Die Frage kann doch bei einer kriminellen Vereinigung nicht lauten, "Wie gefährlich sind die Hells Angels?". Die muß doch lauten "Wie wichtig sind uns die demokratische Rechtsordnung und das staatliche Gewaltmonopol".

    Anderenfalls ist die Kapitulation doch schon ausgesprochen.

    Und in Hannover IST sie ausgesprochen.

  • V
    vantast

    Trendwende? Kaum, die "Oberschicht" ist erpreßbar möchte im Halbdunkel bleiben. Man kennt sich und hilft sich.