: Kulturkampf in der Union
HOMO-EHE Führende CDU-Politiker geben Widerstand gegen die Gleichstellung von eingetragenen Partnerschaften auf. Konservative CDUler und CSU bremsen weiter
VON CHRISTIAN RATH
FREIBURG taz | Erstmals diskutieren CDU und CSU eine vollständige Gleichstellung von eingetragenen homosexuellen Partnerschaften mit der Ehe. Anlass ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Adoptionsrecht von Homo-Paaren (siehe Text unten).
Angesichts „der klaren Tendenzen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sollten wir jetzt möglichst rasch handeln und die erforderliche verfassungsrechtliche Gleichstellung auch durchführen“, so der parlamentarische Geschäftsführer der Union, Michael Grosse-Bröhmer. Fraktionsvorsitzender Volker Kauder will zudem „prüfen, ob daraus auch steuerrechtliche Konsequenzen resultieren“. Bisher gilt das Ehegattensplitting nur für Heteropaare. Auch die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner aus Rheinland-Pfalz plädiert für die Steuergleichstellung. „Gleiche Pflichten – aber nicht gleiche Rechte“, das sei schon „rein logisch nicht durchzuhalten“.
Doch der CSU geht das alles zu rasant. Ihr Generalsekretär Alexander Dobrindt warnte vor Schnellschüssen. „Für uns gilt der Grundsatz, dass Ehe und Familie auch zukünftig besonders privilegiert, gefördert und geschützt sind.“ Auch unter konservativen CDUlern grummelt es: Innenpolitiker Wolfgang Bosbach warnte vor einem schnellen Kurswechsel und forderte eine „sehr gründliche“ Diskussion.
Der bekannteste schwule CDU-Abgeordnete, der Gesundheitspolitiker Jens Spahn, hält die Befürchtung, dass nun der Wert der Ehe und Familie relativiert werde, dagegen für „Humbug“. Er twitterte am Wochenende: „Welchen Schaden nimmt die Ehe? Wer bekommt ein Kind weniger, weil Schwule heiraten?“ Jane Thomas, Mitglied im Bundesvorstand der Lesben und Schwulen in der Union (LSU), ist über den Sinneswandel der Partei- und Fraktionsspitze nicht überrascht. „Beim Parteitag im Dezember hat unser Antrag auf Ausweitung des Ehegattensplittings zwar keine Mehrheit bekommen, aber immerhin 35 bis 40 Prozent der Stimmen. Das war für Unionsverhältnisse schon sehr bemerkenswert.“ Was die Union konkret vorhat, weiß sie vermutlich selbst noch nicht. Nur so viel ist klar, sie will dabei über die konkrete Umsetzung des Karlsruher Urteils von Dienstag hinausgehen.
Dabei bieten sich vor allem vier Optionen an. So könnte sie nicht nur die Sukzessivadoption für Homosexuelle zulassen – erst adoptiert der eine Partner, dann der andere–, sondern gleich die gemeinsame Adoption eines fremden Kindes erlauben. Zweitens könnten sie das Ehegattensplitting auch auf eingetragene Partnerschaften ausweiten. Als dritte Option käme eine generelle gesetzliche Gleichstellung von eingetragenen Partnerschaften und Ehe in Betracht. Die vierte Möglichkeit wäre eine Öffnung der Ehe für Lesben und Schwule.
Die Öffnung der Ehe wäre die konsequenteste und einfachste Lösung. Bei Grünen, SPD, Linken und FDP ist dies bereits Beschlusslage, die Grünen haben sogar schon einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht, und das Land Hamburg plant eine Bundesratsinitiative. Doch hier sind für die Union wohl die Grenzen des Denkbaren erreicht. Eine echte Ehe von zwei Männern oder zwei Frauen ist mit der CDU/CSU in den nächsten Jahren vermutlich noch nicht zu machen.
Volker Kauder, der Fraktionsvorsitzende, will auch das Ehegattensplitting nicht einfach auf Schwule und Lesben ausweiten, sondern die Reform laut Spiegel mit einer völligen Umgestaltung verbinden.
Das Modell „Familiensplitting“ sieht dabei vor, die Steuerlast nicht nur auf Ehegatten oder Partner zu verteilen, sondern auf alle Familienmitglieder. Beim Modell „Zivilpakt“ würde die eingetragene Partnerschaft für andere Paare geöffnet, die auch für einander einstehen wollen, zum Beispiel zwei Schwestern. Auch hier würden die Splittingvorteile nicht nur auf Homosexuelle erweitert, sondern auch auf andere Gruppen.