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Auch EnBW will Bundesregierung verklagenDrei gegen die Brennelementesteuer

Der baden-württembergische Energiekonzern will als dritter Versorger gegen die Brennelementesteuer klagen. EnBW führt an, die Steuer verursache Verluste dreistelliger Millionenhöhe.

Hier wird kein Brennstab mehr getauscht: Becken im stillgelegten Kraftwerk Obrigheim. Bild: dpa

KARLSRUHE dapd | Nach den Energiekonzernen Eon und RWE will nun auch der baden-württembergische Energieversorger EnBW gegen die Brennelementesteuer – auch Kernbrennstoffsteuer genannt – für Atomkraftwerke klagen.

Mit dem Abschluss der Revision im Kernkraftwerk Philippsburg 2 seien erstmals neue Brennelemente eingesetzt worden, die der Kernbrennstoffsteuerpflicht unterliegen. Gegen die Steueranmeldung werde nun beim Finanzgericht Freiburg Klage eingereicht.

Die EnBW hatte sich im Streit zwischen Bundesregierung und Energiekonzernen über den Atomausstieg bislang bedeckt gehalten. Nun will sich das Unternehmen ebenfalls gegen die im Zuge der Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke eingeführte Brennelementesteuer wehren. Nach der Entscheidung des Bundes für einen Atomausstieg haben die Energiekonzerne nun ihre Zurückhaltung aufgegeben. Eon und RWE haben ihre Klagen mittlerweile eingereicht.

"Zweifel an rechtlicher Zulässigkeit"

Die EnBW erklärte, das Unternehmen habe in der Vergangenheit wiederholt seine "erheblichen Zweifel an der rechtlichen Zulässigkeit der Kernbrennstoffsteuer" verdeutlicht und sich rechtliche Schritte vorbehalten. Nach eingehender Prüfung würden sowohl verfassungsrechtliche als auch europarechtliche Einwände geltend gemacht.

So hätten externe Gutachter die Rechtsauffassung der EnBW bestätigt, wonach das Gesetz gegen die Konsensvereinbarung von 2001 verstoße. In dieser habe sich die Bundesregierung verpflichtet, keine einseitigen Maßnahmen zulasten der Atomenergie zu ergreifen.

Die Brennelementesteuer belastet laut EnBW-Chef Hans-Peter Villis das Unternehmen jährlich mit einem dreistelligen Millionenbetrag. "Mit diesem Betrag könnten wir beim Ausbau der erneuerbaren Energien einen zusätzlichen Schritt nach vorne machen", erklärte der Chef des Energiekonzerns.

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6 Kommentare

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  • I
    Ilmtalkelly

    @ sebas

    Die armen Atommüll-Produzenten hatten gar kein Mitspracherecht, was die Einlagerung des Abfalls in die Asse betraf. Die mussten gegen jeden ihren Willen alles dort abgeben. Herr Sebas, ich ziehe mir die Hose nicht mit der Kneifzange an. Wenn das Problem des Atommülls mit Gorleben gelöst wäre, dann wären die fast selbst gestemmten Kosten der Atomwirtschaft in das Zwichenlager rehabilitierend. Was sinf 1,5 Mrd.€ für bis zu 1 mill. Jahre strahlenden Abfall.

    Sie sollten die längst anerkannten Risiken des Atommülls nicht versuchen, mit Milchmädchenrechnungen zu konterkarieren auch wenn sie damit ihr Geld verdienen.

    Meine Kritik an der Brennelementesteuer ist die, daß man von den Zusatzeinnahmen im Staatshaushalt in Zukunft schwer wieder loskommt und sich eine paradoxe Abhängigkeit ergibt.

  • S
    Sebas

    @ Martin: Ohne jetzt auf alles aus Ihrem post einzeln einzugehen, nur zwei Anmerkungen:

    1) Die "Firmen [der Energiewende] die sich trotz dieser Widrigkeiten gegründet haben"? Sie sehen eine Abnahmeverpflichtung von allem, was die Firma erzeugen kann, egal wie viel, egal, ob es gebraucht wird, zum doppelten (Onshore-Wind) bis neunfachen (Photovoltaik) des Marktpreises als Widrigkeit? Wie sieht dann für Sie ein günstiges Marktumfeld aus?

    2) Die Asse als staatliches Versuchslager, wo die Versorger kein Mitspracherecht hatten wird tatsächlich vom Steuerzahler bezahlt. Aber von den 1,8 Mrd. €, die bislang in Gorleben angefallen sind, HABEN die Energieversorger bislang bereits 1,5 Mrd. bezahlt, insgesamt übernehmen sie 96,5% der Kosten die bisher angefallen sind und noch anfallen werden (vgl. §§ 6, 7, 9 und 21b des Atomgesetzes). Das erfahren Sie auch z.B. auf Greenpaeace.de, wenn Sie recherchieren, warum die bösen Betreiber so an Gorleben festhalten (wenn Sie dagegen recherchieren, ob die betreiber Gorleben bezahlen finden Sie auf der selben Seite die Info, dass ja der Steuerzahler alles bezahlt. ich hoffe, Selbstwidersprüche stören hier keinen). Die 3,5%, die der Steuerzahler bezahlt entsprechen dem Anteil für die Einlagerung "staatseigener" hochradioaktiver Abfälle aus Forschungsreaktoren. Und bevor der Einwand kommt, nein, Forschung an diesen Reaktoren hat zu 99% nichts mit Kernenergie zu tun, sondern ist im Bereich Materialwissenschaften, grundlegende Teilchenphysik (Grundlagenforschung), Medizintechnik (Bestrahlung von Tumoren, Erzeugung von benötigten Radionukeiden, z.B. mal Technetium 99 oder Molybdän 99 googeln) und anderen.

     

    @ steffenRarkest: Nein, die Brennelementesteuer schafft keinen Anreiz zur Verklappung von Atommüll, da sie nicht auf verbrauchte sondern auf frische Brennelemente bei der ersten Kritikalität fällig wird.

     

    Es gibt an der Steuer aber zwei ganz andere Kritikpunkte, der in der Presse oft nicht genannt werden, da sie vielleicht viele nachvollziehen können:

    Zum einen gibt es in Europa ein Verbot von sog. Input-Steuern, also Steuern auf die in die Produktion eingehenden Rohstoffe. Besteuert wird der Output, also das hergestellte Endprodukt - in diesem Fall Strom. Eine Besteuerung des Brennstoffes und anschließend des Stroms stellt somit eine Doppelbesteuerung dar.

    Zum anderen gibt es auf keinen anderen Brennstoff zur Stromerzeugung - weder Kohle noch Gas - Steuern, wohl ebenfalls vor allem wegen des Verbots von Inputsteuern. Damit verstößt die Kernbrennstoffsteuer aka Brennelementesteuer gegen den Grundsatz der Steuergerechtigkeit.

    Vergleichbar wäre das, als würde in der Politik jemand beschließen, Fleisch und Autos sind böse, also zahlen alle Arbeiter, die im fleischverarbeitenden Gewerbe und alle, die bei Autoherstellern, KFZ-Werkstätten und Tankstellen arbeiten mal 10% mehr Einkommenssteuer als ihrem Steuersatz entspricht.

  • S
    steffenRarkest

    Eine Brennelementesteuer kann

    Steuerbetrug durch illegales Verklappen

    von Atommüll begünstigen.

     

    Das ist eine extrem dumme Idee.

    Der Anreiz ist dann zumindest da.

    Das Risiko ist zu groß, auch

    wenn unsere Industriellen keine Psychopathen

    sind.

    Es ist ja nicht so, dass es das nicht geben

    würde.

  • G
    guntherkummerlande

    Eine Brennelementesteuer ist tatsächlich dumm.

    Die Stromkonzerne müssen eine faire

    Chance haben sich auf den Strommarkt

    wieder neu zu positionieren und Kräfte

    aufzubauen.

    Der vorzeitige Ausstieg aus der Atomkraft

    führt zu enormen

    infrastrukturellen Problemen, zu

    Entsorgungsproblemen beim Abbau der Anlagen und Ersatzenergiebereitstellungsproblemen.

    Hier noch eine Brennelementesteuer zusätzlich

    zu verhängen, ist des Guten zu viel.

    Wir wollen ja schließlich nicht von

    ausländischen Energieversorgern abhängig sein.

     

    Erst wenn die preisgünstige Versorgungsicherheit

    gewährleistet ist, die Stromkonzerne

    vor Übernahmen geschützt sind, kann man

    über eine Brennelementesteuer reden.

    Jetzt sägt man sich den Ast ab, auf dem man sitzt.

  • M
    Martin

    Err.. nach jahrelangen Getrickse haben wir vor 20 Jahren die "längst umgesetzte" Energiewende verschlafen und hängen technisch dort allenfalls im Mittelfeld.

    Dies war möglich durch bewusste Täuschung, manipulative Darstellung und dem Machtblock der grossen Energiekonzerne und der bestimmt nicht selbstlosen Unterstützung durch die CDU, früher auch der SPD. Wer dort kassiert hat (Stromrechnung, Steuern für ""Forschung"" (vgl. Asse), hat alles daran gesetzt, dass wir bis heute kaum brauchbare Alternativen haben.

    Nachdem wir und wer weiss nicht alles auf unübersehbare Zeit deswegen Einschränkungen (""sacrified areas"", Strahlenschutzaufwand, Endlager, keine technische Entwicklung, die jetzt wettbewerbsfähig ist ...)hinehmen sollen und gleichzeitig mehr Geld für Netzausbau, Solar, Wind usw brauchen, sollen wir dies wieder diesen Leuten überlassen ? Oder doch tatsächlich endlich besteuern und das Geld für den bescheidenen Markt, der sich prächtig entwickelt hat, einsetzen.., den Firmen die sich trotz dieser Widrigkeiten geründet haben, endlich Ihr Geld geben ?? vielleicht diesmal ohne Geheimverhandlungen ?!!! Die Konzerne müssten in meinen Augen endlich für den bereits enstandenen Schaden aka Asse, Gorleben verantwortlich gemacht werden. Ich bin nicht unbedingt ein Freund von Enteignungen, aber ganz bestimmt nicht damit einverstanden, das das Ergebnis aller Bemühungen wirtschaftlich wieder diesem Konglomerat zukommt.

    Unis müssen andere Vorgaben bekommen, paar Entsorgungsfachleute und Röntgenfreaks brauchts bestimmt trotzdem noch und das Thema mussendlich eine andere Richtung bekommen.

  • I
    Ilmtalkelly

    Zwichen Vetragsabschluss und vor Einführung der Brennelementesteuer war doch noch irgendwas ! Richtig.

    Fukushima

    und die Übernahme von 46,... % Aktienanteile durch BW

    Viel Spass Rot/ Grün.