Erinnerung an Polizei-Held: Ein Herz für Wilhelm Krützfeld

Polizei und Jüdische Gemeinde erinnern an Beamten, der Synagoge vor der Zerstörung rettete. Polizeichefin: Kritik an Politik muss möglich sein

Ohne Wilhelm Krützfeld würde die Synagoge in der Oranienburger Straße wohl nicht mehr stehen : ap

Wilhelm Krützfeld ist schon oft geehrt worden. Nicht nur in Berlin. In der Nacht zum 10. November 1938, als viele Geschäfte jüdischer Inhaber brannten, verhinderte der Vorsteher des 16. Polizeireviers mit einem couragierten Einsatz, dass SA-Männer auch noch die Neue Synagoge in der Oranienburger Straße in Schutt und Asche legten.

Noch nie gab es aber eine Gedenkveranstaltung für Krützfeld, die von der Berliner Polizei und der Jüdischen Gemeinde gemeinsam ausgerichtet wurde. Am Montag nun eröffneten die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Lala Süsskind, und die amtierende Polizeipräsidentin Margarete Koppers im Polizeipräsidium am Platz der Luftbrücke die Ausstellung "Ein Herz reist durch Berlin - es gibt Liebe, warum hasst du?".

Einziges Exponat im Foyer des Präsidiums: ein riesiges rotes Herz auf einem schwarzen Steinsockel. Urheber des Ensembles ist Gerhard Hoffmann. Hoffmann setze sich für die Rechte von Homosexuellen ein und reise mit dem Herz durch Berlin, um für Toleranz zu werben, sagte Koppers in ihrer Ansprache. Neben dem Herzen steht eine Tafel mit Fotos und Texten. Ein Bild zeigt einen hageren Mann mit kurzen angegrauten Haaren an seinem Schreibtisch im Polizeirevier 16 - Wilhelm Krützfeld.

Den Bogen zwischen dem roten Herzen und Krützfeld schlug Koppers, indem sie Letzteren in Anlehnung an einen Buchtitel einen "beherzten Reviervorsteher" nannte. Wenige Polizisten hätten sich den früh erkennbaren Bestrebungen der Nazis widersetzt, sagte die Polizeipräsidentin. Dann erzählte sie die Geschichte, so wie sie überliefert ist. Dass der Reviervorsteher in der Nacht zum 10. November zu Hause angerufen wurde: SA-Leute hätten begonnen, in den Vorräumen der Neuen Synagoge Feuer zu legen. Krützfeld eilte mit Beamten zur Oranienburger Straße. Mit dem Hinweis, die Synagoge stehe unter Denkmalschutz, vermochte er den braunen Trupp zu stoppen. "Durch sein beherztes Eingreifen konnte die Synagoge in dieser Nacht gerettet werden."

Am Ende ihrer Rede schlug Koppers noch einen Bogen: Die Polizei im demokratischen Rechtsstaat sei das blanke Gegenteil zur Polizei des NS-Staates. Bürger- und Freiheitsrechte seien durch viele Kontrollmechanismen geschützt. Dass die Polizeiführung loyal zur politischen Führung stehe, sei selbstverständlich. Trotzdem dürfe ihr eine kritische Auseinandersetzung mit politischen Bestrebungen nicht verwehrt werden, so die Polizeipräsidentin. "Die teils aufgeregten Stellungnahmen im Nachgang zu meinem taz-Interview vom 24. Oktober haben mich sehr nachdenklich gemacht." In dem Interview hatte sie sich gegen die von Rot-Schwarz geplante Verlängerung der Vorbeugehaft ausgesprochen sowie für die Beibehaltung der Kennzeichnungspflicht plädiert.

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