Machtwechsel beim Deutschen Tennisbund: "Wie ein UFO beim DTB eingeschwebt"

Georg von Waldenfels macht den Weg für einen Investmentbanker frei. Dieser will den Deutschen Tennis Bund reformieren, muss aber erst für Frieden sorgen.

Mas sehen, ob er das Verbandsspiel beherrscht: Karl-Georg Altenburg. Bild: dpa

BERLIN taz | Morgens um halb elf hatte das überlange Taktieren dann doch ein Ende. Es war der Moment, an dem Georg von Waldenfels der 63. Mitgliederversammlung des Deutschen Tennis Bundes im Berliner Maritim-Hotel eröffnete, dass er sich nun doch "nicht zur Wiederwahl stellen" und auf eine Kandidatur verzichten werde.

"Alles hat seine Zeit", sagte der 67-jährige Jurist aus Hof ungewollt doppeldeutig - jener Mann, der den weltgrößten Tennisverband im Nachhinein in einen überflüssigen, heißen Wahlkampf-Herbst geschickt hatte.

So war jedenfalls, nach fast zwölfjähriger Regentschaft des ehemaligen bayrischen Finanzministers, der Weg frei für den Herausforderer, für den 48-jährigen Investmentbanker Karl-Georg Altenburg (Oberursel). Er ist hauptberuflich Chef des Deutschlands-Ableger des Geldinstituts JP Morgan.

Das Wahlergebnis, es wurde symptomatischerweise fünf vor zwölf verkündet, lautete: 77 Jastimmen, 32 Neinstimmen, 2 Enthaltungen - durchaus ein breiter Vertrauensbeweis, wenn man vom abtrünnigen bayrischen Tennisverband, dem größten aller Landesverbände, mit seinen 22 Gegenstimmen absieht.

Gut vernetzt

Zentrale Figuren im Kabinett von Altenburg sind der Manager Stephan Brune, der künftig als hauptamtlicher Geschäftsführer den Zugriff auf die Ressorts Finanzen, Medien und Marketing haben soll.

Über den Leistungssport wacht künftig als ehrenamtlicher Vizepräsident Carl-Uwe Steeb, der frühere Weltklassespieler und Davis-Cup-Sieger. Von Waldenfels sprach in seiner Abschiedsrede davon, er gehe "ohne Groll und Wehmut" und hinterlasse den DTB in "guter Verfassung".

Altenburgs Aufstieg auf den Chefposten des DTB begann vor zwei Jahren, als er unter Vermittlung des DOSB-Generalsekretärs Michael Vesper und damals auch wohlwollender Zustimmung von Ex-Präsident Waldenfels in eine Strukturkommission des Verbandes berufen wurde. "Es gibt ja einige, die behaupten, er sei jetzt wie ein UFO beim DTB eingeschwebt", sagt ein Verbandsfunktionär, "das ist krasser Blödsinn.

Altenburg ist gut vernetzt. Und er weiß beim Thema DTB genau, was er will und wovon er redet." Dass Altenburg und seine Auserwählten nach einer internen Präsentation der Ideen und Pläne im Frühsommer in völliges öffentliches Schweigen verfielen, blieb gleichwohl irritierend und letztlich auch naiv. So beförderten die Herausforderer in diesem höchst seltsamen Wahlkampf Vorwürfe von Klüngelwirtschaft und klammheimlicher Machtübernahme.

"Folgenschwerer Machtwechsel"

Dass erstmals seit einer kleinen Ewigkeit viele wichtige Personalien nun gegen den mächtigsten und selbstbewusstesten Landesverband entschieden wurden, gegen die bayrischen Vettern mit ihren obersten Lenkern von Waldenfels und Landeschef Helmut Schmidbauer, ist, fraglos eine große Sensation. Umso schwerer wird Altenburg es nun haben, die Lage zu befrieden - seine Mannschaft kann sich auf raue Attacken der in ihrer Eitelkeit verletzten Bayern einstellen.

Das Verbandsmagazin aus dem Freistaat hatte noch vor dem Berliner Votum vor einem "folgenschweren Machtwechsel" gewarnt und dem Altenburg-Trupp jegliche Kompetenz abgesprochen. Immerhin bestimmten die Delegierten die Bayerin Dr. Eva-Maria Schneider zur neuen Vizepräsidentin für den Jugendsport, sie war ursprünglich gegen Steeb im Bereich Leistungssport angetreten. "Das kann auch ein Signal sein, eine Brücke in die Zukunft zwischen den Lagern", sagte der abtretende Sportwart Heinz Wagner.

Nachdem sie sich allesamt in Altenburgs Team in Sachen Transparenz nicht hervorgetan hatten, wird der öffentliche Erklärprozess nun erst in aller Genauigkeit folgen müssen - die anderthalb Millionen Mitgliedern des DTB müssten nun zeitnah erfahren, so hieß es bei der Berliner Versammlung, "wohin die Reise geht". Geldschwere Geschenke, wie noch in den 90er Jahren üblich, gibt es indes nicht zu verteilen an die DTB-Gaue. Die neue Führungscrew wird sich auf die schwere Suche nach Finanz- und Sponsorenpartnern machen müssen.

Nicht erst seit diesen Herbsttagen geht das Gerücht um, dass der Verband seinen Hamburger Immobilienbestand auflöst und nach Frankfurt zieht, dann in räumlicher Nähe zum Dachverband DOSB. Es wäre dann im Übrigen so ziemlich das letzte Tafelsilber, das in der Not abgegeben würde, nach den Lizenzen für Turniere.

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