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Castor-Protestcamp verbotenZu nah an der Strecke, zu viele Linke

Die Polizei fürchtet eine Castor-Sabotage durch "Linksradikale", deshalb wurde ein Camp im Wendland untersagt. Die Veranstalter gehen juristisch gegen das Verbot vor.

Unterhöhlen des Gleisbetts: "Da bleibt kein Schotter übrig." Bild: dapd

BERLIN taz | Kurz vor dem Beginn der erwarteten Castorproteste im Wendland hat der Kreis Lüneburg eines von mehreren Protestcamps in der Region verboten. In einer Verbotsverfügung, die der taz vorliegt, wird der Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke (Linke) untersagt, das von ihr angemeldete Protestcamp nahe der Transportstrecke im Örtchen Dumstorf durchzuführen.

Die Polizei befürchtet, dass sich in dem nahe den Schienen gelegenen Zeltlager vor allem Aktivistinnen und Aktivisten aus dem linksradikalen Spektrum sammeln könnten, und sieht dadurch die Durchführung des Transports gefährdet.

"In der Tat ist es für die Polizei nicht möglich, das Gelände zwischen dem geplanten Standort und der Gleisanlage annähernd effektiv zu kontrollieren", heißt es in der Verfügung. Straftäter hätten unkontrolliert die Möglichkeit, den Weg zum Gleis und zurück ins Camp zu finden und Werkzeuge zu transportieren. Mit der Untersagung des Camps Dumstorf würden sie ihre zentrale logistische Basis verlieren.

Anmelderin Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linkspartei, sieht mit dem Verbot das Recht auf Versammlungsfreiheit eingeschränkt und geht juristisch dagegen vor. Ihr zufolge fänden im Camp Dumstorf bis zu 1.000 Atomkraftgegner Platz.

Im letzten Jahr hatte die von linken und linksradikalen Gruppen initiierte Kampagne "Castor? Schottern!" erstmalig ins Wendland mobilisiert, um dort massenhaft Gleisbetten zu unterhöhlen und für den Castortransport unpassierbar zu machen. Rund 3.000 Menschen hatten sich an der Aktion beteiligt.

Wenig Schottersteine, viel Prügel

Die Aktivisten steckten zwar nur wenige Schottersteine, dafür aber viel Prügel von der Polizei ein. Für das kommende Wochenende, wenn in Niedersachsen das Eintreffen eines weiteren Atommülltransportes erwartet wird, ruft das Bündnis erneut zum "Schottern" ins Wendland.

Weil die Schotter-Kampagne einigen Gruppen im autonomen Spektrum allerdings zu laff war, rufen in diesem Jahr autonome Gruppen auch zu klandestinen Aktionen im Wendland auf. Neben dutzenden Umweltschutzgruppen, die friedlichen Protest und verschiedene Formen zivilen Ungehorsams angekündigt haben.

Wie viele Ermittlungsverfahren die Staatsanwaltschaft Lüneburg in diesem Jahr bereits gegen potenzielle "Schotterer" eingeleitet hat, wollte eine Sprecherin auf taz-Anfrage nicht sagen.

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9 Kommentare

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  • R
    @R.S.

    oh, leute wie du sind mir ja die allerliebsten. keine ahnung, aber die klappe weit aufreißen: der RAF-anschlag auf die JVA weiterstadt war minutiös vorbereitet. ein kommando der RAF überwältigte den (privaten) sicherheitsdienst der baustelle, schaffte die wachleute aus dem gefahrenbereich und legte erst dann den sprengstoff. das hat also nix mit "zufall" zu tun, dass da keiner gestorben ist. natürlich kann beim hantieren mit sprengstoff immer was schiefgehen, aber das kann im bergbau auch passieren.

     

    wenn du schon die RAF erwähnst, dann doch lieber die namen detlef rohwedder und michael newrezella - beide wurden in den 1990ern von RAF erschossen. der eine in seiner treuhandchef-villa, der andere beim polizeieinsatz in bad kleinen. macht zwei tote "linksextremistischer" gewalt in den letzten zwanzig jahren, nimmt man noch den berliner nazi-funktionär gerhard kaindl (1992 erstochen) hinzu, sind es drei. dem gegenüber stehen - ja nach zählweise - zwischen 58 und 182 todesopfer von neonazis im gleichen zeitraum. vom polizisten bis zum asylbewerber, vom rechtsanwalt bis zum obdachlosen. von welcher politischen richtung die tödlichere bedrohung in diesem land ausgeht, sollte selbst jemandem wie dir klar sein.

  • V
    vic

    @ Rose Kreuzberg

    "kein Witz"?

     

    Niemand lacht.

  • V
    Vorp

    @ R.S. die Mitte hat genauso ihre Extremisten, mit dem Unterschied, dass die ihren Aggressionen mit staatlichem Segen freien Lauf lassen dürfen, und dazu noch ne echt sportliche Ausrüstung (Schutzpanzer, Pfefferspray, etc) gestellt bekommen.

     

    Außerdem: radikal kommt von lateinisch radix (oder so), zumindest von der wurzel, hat somit nichts mit gewalt zu tun, sondern mit gewissen grundprinzipien. und es gibt leute, die das bestehende von grund auf verändern wollen, sog. radikale, wie es auch leute gibt, die die grundsätze dieses systems als ihre eigenen grundsätze haben, und diese radikal beibehalten wollen. zur durchsetzung dieser radikalen vorstellung wird dann halt oftmals zu extremen mitteln gegriffen, wobei die mitte (und auch die rechten!) eindeutig besser bemittelt sind, als die sog. "linksextremisten".

  • R
    R.S.

    @Ach ja? - schon mal was von der "RAF" gehört? Die hat auch in den 90er Jahren noch "lustige" Terroranschläge gemacht.

    Ich meine eine JVA mit 200kg Sprengstoff hochjagen - das da keiner bei gestorben ist - ist eher dem Zufal zu verdanken. Und ja - die haben auch gemordet.

     

    Radikale gibt es auf beiden Seiten der Mitte, also immer locker bleiben!

  • RK
    Rose Kreuzberg

    Auf Anraten eines befreundeten Richters und eines

    Oberstaatsanwaltes ( nein, kein Witz!) schreibe ich hier nicht mehr unter meinem Klarnamen. Sie wollen mich schützen!

    So weit sind wir also wieder in Deutschland.

    Nein, es gibt nicht zu viele Linke, es gibt zu viel Rechte!

    Und der Staat ist immer noch auf dem rechten Auge blind!

    Der Protest im Wendland und an der gesamten Castor-Strecke wird nicht zu unterdrücken sein.

    In Frankreich geht es gerade los!

    Leute, macht was! Liebe Presseleute, schaut genau hin, fotografiert und berichtet. Danke für Eure - auch noch schlecht bezahlte - Arbeit.

    Gorleben soll leben.

  • AJ
    Ach ja?

    Polizei und Sicherheitsbehörden sind offenbar komplett merkbefreit und unfähig dazuzulernen!

     

    Mal wieder bildet man sich ein, das Land wäre nur von "Linksradikalen" bedroht. Ja nee, is klar!

     

     

    Frage:

    Wieviele Menschen starben in den letzten 20 Jahren durch "Linksterroristen" und wieviele starben durch Rechtsradikale??

     

    Kommt schon, das ist eine einfach Rechenaufgabe, die müsste mal selbst als Polizist lösen können ;)

  • V
    vic

    Anti-Atomkraftdemonstranten sind also "Linksradikale".

    Alles ist beim Alten.

    Rechte tun sowas nicht, die morden. Und Terroristen gibt`s da auch erst seit kurzem.

  • T
    T.V.

    Demos wegen Terrorgefahr zu verbieten ist in Syrien auch grade Mode.

  • A
    Atomkraftgegner

    Prügel und Pfefferspray gabs in Hülle und Fülle. Weiß gar nicht was die Polizeibengels wollen

    Machen sich wahrscheinlich in die Hose. Warum?! Keine Ahnung!

    Vielleicht übermäßiger Kontrollwahn?