RTL-Chef wechselt zu Time Warner: Der Cashcowboy geht
TV-Chef Gerhard Zeiler verlässt überraschend RTL. Er hinterlässt ein Umsatzplus, ein international austauschbares Programm und ein paar fröhliche Bertelsmänner.
BERLIN taz | Vielleicht hat Gerhard Zeiler ja bei der Entscheidung leise Wienerisch "Ich seh in mein - ähemm - Herz. Sehe gute Zeiten, schlechte Zeiten, ein Leben, das - ähemm - neu beginnt" gesungen. Das Fußvolk bei RTL wie im Bertelsmann-Konzern jedenfalls kann "GZSZ"-gerecht in diesen Tagen "Voll Hammer!" sagen:
"Mr. RTL" Gerhard Zeiler haut schon zum 18. April als oberster TV-Chef von Europas größtem Medienkonzern in den Sack und arbeitet künftig für die internationale Fernsehsparte des US-Medienriesen Time Warner (CNN). Für ihn rückt Anke Schäferkordt als erste Frau in der Konzerngeschichte in den Bertelsmann-Vorstand auf.
Die RTL-Deutschland-Chefin regiert dann nicht nur die deutschen Sender, sondern die komplette RTL-Group mit ihren 47 TV-Kanälen und 29 Radiostationen in ganz Europa. Der neue Bertelsmann-Vorstandchef Thomas Rabe ist offiziell noch keine sechs Wochen im Amt, baut aber schon radikal um - und nicht mal das stets gut informierte Manager Magazin hats vorab gewusst.
Der Abgang als Einschnitt
"Es ist nicht einfach für mich, Ihnen die folgenden Zeilen zu schreiben", wendete sich Zeiler am Dienstagabend laut Handelsblatt an seine Kollegen in der Luxemburger RTL-Zentrale. Nach "fast neun Jahren als CEO der RTL Group habe ich für mich beschlossen, dass es Zeit ist, das Unternehmen zu verlassen". Zeilers Abgang ist ein Einschnitt für RTL und erst recht für Bertelsmann, wo man enorm auf die TV-Cashcow angewiesen ist.
Und die hat klar Zeiler zu dem gemacht, was heute auf der Habenseite steht: eine europaweite Sendergruppe mit international austauschbaren Programmformaten - was natürlich auch qualitativ gilt. Ein operatives Ergebnis vor Steuern von 1,1 Milliarden Euro, sickerte bereits durch, habe RTL 2011 unter Zeiler eingefahren.
Die Umsatzrendite der RTL-Group stieg unter seiner Führung von 10 auf satte 20 Prozent, auch wenn es hier und da Schlappen gab: Channel Five in Großbritannien erwies sich als Fass ohne Boden, und zu Jahresanfang musste Zeiler auch noch den Ausstieg aus dem griechischen TV-Markt mitteilen.
Man kennt sich lange genug
Doch nicht solche verhältnismäßig kleinen Rückschläge dürften hinter Zeilers Abgang stehen. Das Verhältnis des ehemaligen Pressesprechers diverser österreichischer SPÖ-Kanzler und einstigen ORF-Chefs Zeiler zum neuen Konzernlenker Thomas Rabe gilt als nicht völlig ungetrübt. Man kennt sich eben lange genug - bis 2011 war Rabe RTL-Finanzchef.
Und wie in der RTL-Soap "Unter uns" geht es auch in Gütersloh munter zu, was die jeweiligen Hausmächte angeht: Rabe genieße, anders als der manchmal zu selbstbewusste Zeiler, das volle Vertrauen von Bertelsmann-Matriarchin Liz Mohn, heißt es in der Carl-Bertelsmann-Straße.
Rabe hatte außerdem zur weiteren Unterstützung schon mal den ehemaligen Sony-Manager Thomas Hesse mit dem neuen Bertelsmann-Vorstandsposten für Konzernentwicklung und Digitalgeschäft beehrt. Auch Hesse und Zeiler mögen sich nicht besonders, sagt ein Insider. Dafür habe Anke Schäferkordt für ihren Kärrnerjob bei RTL Deutschland endlich mal belohnt werden wollen.
Zeiler, seit 1998 zunächst Chef von RTL Deutschland und ab 2003 der ganzen RTL-Group, hatte wiederum auf die Berufung von Hesse schon kurz vor Weihnachten reagiert und kurzerhand den ehemaligen ProSiebenSat.1-Chef Guillaume de Posch in den Vorstand der RTL-Group geholt. Künftig hat de Posch dort gemeinsam mit - oder, wie viele vermuten, unter - Anke Schäferkordt das Sagen. Die Zielsetzung fürs TV-Programm bleibt dabei bestehen: Die Rendite muss stimmen. Sie ist eben "Alles, was zählt".
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