die wahrheit: Meine drei Bundespräsidenten

Eigentlich interessieren mich Bundespräsidenten nicht sehr. Insbesondere ihre Haushaltsangelegenheiten lassen mich kalt. Ihre Bausparverträge will ich nicht kennen.

Eigentlich interessieren mich Bundespräsidenten nicht sehr. Insbesondere die Haushaltsangelegenheiten von Bundespräsidenten lassen mich kalt. Ihre Bausparverträge will ich nicht kennen. Ob Bundespräsidenten ihr Geld bei Wüstenrot sparen oder beim Kredithai leihen, ist mir gleich. Wenn sie verreisen und am Ferienort ohne Aufpreis und Quittung in ein größeres Hotelzimmer umziehen, geht das an mir vorbei.

Ich schnüffle ihnen nicht nach, ich lauere ihnen nicht auf. Allerdings habe ich im Laufe der Jahre eine Reihe Bundespräsidenten getroffen und einen guten Überblick über sie gewonnen. Einfach so laufen mir nämlich dauernd Bundespräsidenten über den Weg, beim Einkaufen oder im Kino. Mal der Horst, mal der Christian, mal der Joachim.

Neulich im Ikea Tempelhof. Es ist kurz nach Weihnachten. Knut-Wochen, alles muss raus. Ich will den Ikea-Gutschein, den mir meine Schwester jedes Jahr schenkt, einlösen und trotte durch die Gänge auf der Suche nach einem neuen Bezug für das Klippan-Sofa. In der Bettenabteilung prüft Horst Köhler die Matratzen. Kein Scherz. Es ist der echte Horst Köhler.

Er trägt den alten Lodenmantel, der noch aus der ersten Amtsperiode stammt, und er macht einen aufgeräumten Eindruck. Die ganze dreiköpfige Köhler-Familie beugt sich über die Federkernbetten und prüft das Angebot. Vorne stehen die Sonderangebote. Malm für 39,90 Euro. Die Köhlers sehen sich im mittleren Preissegment um. Solide Ware um die 400 Euro. Fazit: Das Konsumverhalten des Bundespräsidenten a. D. ist nicht zu beanstanden. Köhler gönnt sich was, weiß sich den Ehrensold aber offensichtlich gut einzuteilen.

Im Kino am Potsdamer Platz wird ein sturzlangweiliges Drama über ein Grubenunglück gezeigt. Hier treffe ich Christian Wulff. Der Film heißt "Das Wunder von Lengede" und hat Premiere. Noch steckt Wulff in seinem Job als Ministerpräsident fest und hat verschiedene Bauprojekte um die Ohren. Für den Filmdreh hat das Land eigens Studios für Unterwasseraufnahmen bauen lassen. Eine sinnvolle Investition. So was braucht man schließlich immer mal wieder. Der künftige Bundespräsident Wulff trägt einen gutsitzenden Anzug und lässt mir nach dem Film auf der Treppe galant den Vortritt. Fazit: Christian Wulff ist kein Ikea-Family-Typ.

Galante Gesten kennt man in Neukölln so gut wie keine. Am Packtisch im Hertie Neukölln herrscht Hauen und Stechen. Neben mir verstaut ein kleiner rotgesichtiger Joachim Gauck schüchtern seine Einkäufe in einem Herrenumhängetäschchen. Vielleicht hat er noch Stasiakten im Täschchen lagern. Vorsichtig, fast misstrauisch schaut der künftige Bundespräsident sich um. Es hat etwas von einem traurigen Junggeselleneinkauf. Fazit: Joachim Gauck ist nur bedingt alltagstauglich. Mit Geld kann er umgehen. Seinen Ehrensold wird er nicht verprassen.

Und mein persönliches Gesamtfazit: Vor und nach ihrer Amtszeit geben sich die Bundespräsidenten volksnah und begegnen mir gern mal hier und da. Nur während der Amtszeit lässt sich keiner bei mir blicken.

Die Wahrheit auf taz.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.