Auftritt der Theater-Chefs: Agieren am Limit

Theater und freie Gruppen benötigen deutlich mehr Geld, fordert der scheidende Chef des "Hebbel am Ufer" (HAU), Matthias Lilienthal. Andernfalls sei die Substanz des Theaterstandorts Berlin in Gefahr.

Verlässt Berlin: Matthias Lillienthal, Intendant des Hebbel am Ufer (HAU). : dpa

Als „meine Abschiedsshow“ bezeichnete Matthias Lilienthal am Montag seine Anhörung vor dem Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses. Berlins erfolgreichster Theaterintendant der vergangenen Jahre verlässt nach dieser Spielzeit die Häuser HAU 1, HAU 2 und HAU 3 in Richtung Beirut. Die drei Bühnen übernimmt ab Herbst 2012 die Belgierin Annemie Vanackere.

Wer Lilienthal kennt, weiß, dass seine „Abschiedsshow“ im Rahmen der Haushaltsberatungen über den Kulturetat 2012/2013 nicht nur die Erfolgsbilanz seiner neun Jahre am HAU beinhalten würde. Den Abgeordneten sowie dem Regierenden Kultursenator Klaus Wowereit (SPD) führte Lilienthal vor Augen, mit welchen Opfern die Bühnen-Hits im Hebbel am Ufer erkauft werden müssen. Sowohl das HAU als auch die Theater anderer freier Ensembles arbeiteten am Limit der finanziellen Zumutbarkeiten, kritisierte er. Der Senat müsse dringend nachbessern, denn „ohne zusätzliche Budgets“ könnten die Häuser und ihre Mitarbeiter nicht mehr sinnvoll weiteragieren. Aus Sicht von Lilienthal „ist eine Anhebung der Mittel von 20 Prozent nötig“.

4,8 von 465 Millionen

Laut Torsten Wöhlert, Sprecher der Kulturverwaltung, fördert das Land Berlin das HAU derzeit mit jährlich 4,8 Millionen Euro. Zum Vergleich: Das Berliner Ensemble (BE) und die Volksbühne werden jeweils mit über 10 Millionen Euro unterstützt. Insgesamt umfasst der Kulturetat 2012 rund 465 Millionen Euro.

Lilienthal machte deutlich, dass sein künstlerisches Budget eigentlich nur für eine Bühne ausreiche – er müsse aber drei Häuser bespielen. Das HAU könne sich lediglich 24 festangestellte MitarbeiterInnen leisten, „rund 100 Stellen sind gewissermaßen outgesourced“. Viele Schauspieler und Regisseure mit denen das HAU zusammenarbeite, lebten in prekären finanziellen Verhältnissen. „Da gibt es Einkommen von 800 Euro monatlich“, so der Intendant. Er forderte, dass die geplante Etaterhöhung für Zuschüsse um 500.000 Euro noch höher ausfallen müsse – auch um Tarif- und Mindestlöhne bezahlen zu können. Der Senat müsse in der Zukunft „deutlich mehr tun“ für seine kreativen Institutionen.

Unterstützung kam vom scheidenden Chef des Maxim Gorki Theaters, Armin Petras. Dieser kritisierte erneut die mangelnde Ausstattung seines Hauses: „Der Bogen war an einer bestimmten Stelle wirklich überspannt“, sagte er in Richtung Wowereit. Weil keine Lösungen für die schwierige wirtschaftliche Lage gefunden worden seien, habe er das Handtuch geworfen. Klaus Wowereit ließ offen, ob die Theater mehr Geld erwarten können. Denn: Ganz Berlin befinde sich „in einer prekären Lage“.

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