Abstiegsgefahr: Der Hamburger Weg führt abwärts

Die 1:3-Niederlage gegen den SC Freiburg macht deutlich: Der HSV steht im Abstiegskampf. Die Anhänger der Hamburger werden sich wohl daran gewöhnen müssen.

Verzweifelter Star: Mladen Petric soll den HSV verlassen - und trifft prompt das Tor nicht mehr. Bild: dpa

HAMBURG taz | Einigen schwant jetzt: Mit dem Hamburger SV geht es erst mal so weiter. Läuft’s gut: unteres Mittelfeld. Fehlen der beste Stürmer, der beste Innen- und der beste Außenverteidiger, wie gegen den SC Freiburg, dann ist Freiburg besser. Freiburg!

Mit 1:3 verlor ein in vielen Belangen unterlegener HSV am Samstag nach Toren von Johannes Flum im Anschluss an einen Freistoß (20.), Daniel Caliguri kurz vor der Halbzeit, und dem starken Cédric Makiadi nach einem Freistoß (72.), bei einem Gegentor von Ivo Iličević (75.), gegen Abstiegskandidat Freiburg. Nun ist der HSV selbst einer. „Wir müssen den Abstiegskampf, das Wort kann man jetzt wirklich mal in den Mund nehmen, annehmen,“ sagt HSV-Trainer Thorsten Fink.

Nun ist es raus. Das Wort. Von dem auch wir annehmen, dass man es nun in den Mund nehmen kann. Einige, denen jetzt schwant, wie die HSV-Realität aussieht, greinen zum Steine-Erweichen. In Zukunft keine Stars mehr. Falls Mladen Petrić, der den Ball aus vier Metern am leeren Freiburger Tor vorbei bugsierte, einer war, geht mit ihm nach dieser Saison der letzte. Ihm muss man nicht nachweinen.

Der HSV muss die Kosten für die Mannschaft reduzieren, hat der Vorstandsvorsitzende Carl-Edgar Jarchow gesagt. Und dass der Verein auch im laufenden Geschäftsjahr Minus macht, hat er auch gesagt. Auf Jahre hinaus kein Ruud van Nistelrooy mehr, kein Rafael van der Vaart, keine Sylvie – sondern junge Spieler vom FC Chelsea, aber nicht die besten. Denn den 18-jährigen Mittelstürmer Romelu Lukaku kriegt HSV-Sportdirektor Frank Arnesen von seinem früheren Arbeitgeber nicht. Selbst vom Nachwuchs nur die zweite Reihe.

Dabei wären Stars ein prima Sedativ, in diesen bitteren Zeiten. In einer Stadt, in der viele leben, die sich gerne in glitzernden Fassaden spiegeln, und dabei vergessen, dass es ihnen besser gehen könnte, wenn sie diese Fassaden nicht mit ihren Steuern finanzieren würden. Der HSV muss seine Finanzen sanieren und sein Spiel auf modern umstellen. Viel auf einmal. Die beiden Aufgaben hängen zusammen, nicht ursächlich, aber immerhin. Fink und Arnesen versuchen es hinzukriegen, ohne dass ihnen der Laden um die Ohren fliegt.

Der HSV wird sich auf absehbare Zeit mit den Clubs am Tabellenende herumschlagen. Mit den Aufsteigern, den Habenichtsen, den „armen Leuten“ des Fußballs. Clubs, auf die viele HSV-Fans herunterschauen. Der Unterschied zwischen diesen Clubs und dem HSV ist, dass es der HSV ist. Mit dieser Tradition und diesem Anspruch und manch anderem Kram, der in dieser Lage nicht hilft. Die Fans, das Umfeld, die Journalisten erwarten von den anderen Clubs am Tabellenende, wie den Freiburgern, nichts anderes als Klassenerhalt. In Hamburg reicht das nicht.

Profifußball ist, nicht nur, aber auch, eine Frage des Kapitals. Der HSV ist da ziemlich knapp im Moment, und geht deshalb, wie das andere Firmen auch machen, an die Lohnkosten ran. Teure Mitarbeiter raus, günstige rein. Einige der jungen Spieler, die in roten Hosen über den Rasen des Volksparkstadions laufen, haben im Moment nur eingeschränkt Bundesliga-Niveau. Nicht alle werden es erreichen.

Mit der Mannschaft und dem Spiel der ersten Halbzeit gegen Freiburg, steigt der HSV ab. „Die Situation“, sagt Fink, „ist prekär, aber noch nicht aussichtslos.“ Vor den beiden Auswärtsspielen in Wolfsburg und Kaiserslautern steht der HSV auf Rang 14, hat 27 Punkte, Augsburg 26, Freiburg 25.

Es kann sein, dass Arnesens Sanierungspolitik dazu führt, dass der Weg des HSV in die Zweite Liga führt. Andere ehrenwerte Clubs waren auch schon dort. Die Zweite Liga ist nicht gut, kein Platz, um sich zu ökonomisch zu sanieren, spielerisch weiter zu entwickeln. Aber auch nicht das Ende.

Beim Schlusspfiff gegen Freiburg waren viele der 52.400 Zuschauer gegangen. Einige von denen, die noch da waren, pfiffen. Ab der 70. Minute war „Wir ham die Schnauze voll“ zu hören. „Noch acht Spiele, das war noch nicht das entscheidende“, sagt Fink. Es macht sich Depression breit. Dafür ist es eigentlich noch zu früh.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.