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Benzin-Rekordpreis aktiviert PolitikerJo-Jo an der Zapfsäule

Über Parteigrenzen hinweg wollen Politiker den Verbrauchern wieder zu günstigeren Benzinpreisen verhelfen. Ihr Problem sind die Konzerne.

Spacig rauschen auch die Benzin-Preise: nach oben. Bild: libanon / photocase.com

BERLIN taz | Reiner Brüderle (FDP) greift die Mineralölkonzerne scharf an und ärgert sich mächtig darüber, dass die Spritpreise mal wieder pünktlich zu den Osterferien auf Rekordhoch steigen. Das war vor zwei Jahren. Heute sind die Rollen etwas anders verteilt, mittlerweile hat Parteikollege Philipp Rösler Brüderle als Wirtschaftsminister beerbt, und der fordert in der Bild-Zeitung mehr Klarheit und Kontrolle auf dem Benzinmarkt. Super kostet 1,70 Euro. Wieder ein Rekordhoch.

Anders als damals allerdings sind die nun vorgeschlagenen Instrumente, um die Misere in den Griff zu bekommen, relativ stumpf. Sowohl der Bundesrat als auch eine Gruppe Bundestagsabgeordneter machten am gestrigen Freitag Vorschläge: Das CDU-geführte Thüringen will eine Benzinpreisbremse nach dem Vorbild Australiens (siehe Kasten). „Diese Jo-Jo-Preise mit Sprüngen von 10 Cent und mehr an einem Tag folgen keiner nachvollziehbaren Logik“, sagte Thüringens Verkehrsminister Christian Carius (CDU). Auch der saarländische SPD-Chef Heiko Maas stellte sich hinter die Idee.

Die zweite Initiative kommt aus dem Bundestag, von dem CSU-Abgeordneten Johannes Singhammer und dem FDPler Erik Schweickert. „Die Ölgesellschaften fahren gigantische Gewinne ein, weil von der Bohrung bis zum Handel an der Tankstelle alles in einer Hand ist“, sagte Singhammer der taz. Ihm schwebt eine Internetplattform vor, auf der Verbraucher die Preise vergleichen können. Außerdem sollen die freien Tankstellen vor unfairen Preisen der Mineralölkonzerne geschützt werden.

Vorbild Australien

In Westaustralien müssen die Tankstellen täglich den Kraftstoffpreis für den nächsten Tag melden. Der Preis darf dann 24 Stunden lang nicht verändert werden. Für mehr Transparenz müssen zudem alle Tankstellen ihre Preise melden. Diese werden im Internet veröffentlicht; der Verbraucher kann auf diese Weise die günstigsten Tankstellen in seiner Umgebung einfacher finden. In Österreich darf der Spritpreis nur einmal am Tag erhöht werden.

Das Problem: Um nicht zu knapp zu kalkulieren, könnte der Preis höher als nötig angegeben werden, was dann sogar zu höheren Preisen als bei mehrmals täglichen Anpassungen führen könnte. (dpa)

Schlichte Marktbeobachtung reicht

Schon seit Jahren ist es den Konzernen verboten, von freien Tankstellen mehr für das Benzin zu verlangen als von den eigenen Filialen. Das Problem dabei ist, dass die Kontrolle durch das Bundeskartellamt schwierig ist, weil dafür tiefe Einblicke in die Bücher der Konzerne notwendig sind. Das Amt bestätigte auf taz-Anfrage, dass es ein Missbrauchsverfahren gegen die marktbeherrschenden Konzerne BP (Aral), ConocoPhilips (Jet), ExxonMobil (Esso), Shell und Total prüft.

Bereits im vergangenen Jahr schrieb das Amt, dass sich diese fünf untereinander keinen wesentlichen Wettbewerb machen. Das Kartellamt wies nach, dass die Konzerne ihre Preise synchron anheben oder senken, wozu keine illegalen Absprachen nötig sind; vielmehr reicht die schlichte Marktbeobachtung.

Brüderle hatte deshalb seinerzeit vorgeschlagen, dem Kartellamt die Befugnis zu erteilen, die Konzerne zerschlagen zu können – eine Entflechtung von Ölförderung, Benzinproduktion und Verkauf. Davon allerdings ist unter Rösler keine Rede mehr. Ohnehin glaubt hinter vorgehaltener Hand niemand daran, dass die jetzt vorgeschlagenen Instrumente wie das australische Modell die Benzinpreise tatsächlich senken können.

Der ADAC sprach von „blindem Aktionismus“. „Wirklich profitieren können die Autofahrer nur durch eine Stärkung des Wettbewerbs“, sagte ADAC-Präsident Peter Meyer. Die SPD sieht die schwarz-gelben Pläne als Wahlkampfgetöse an. „Alle Jahre wieder kommen pünktlich vor Ostern untaugliche Vorschläge von Schwarz-Gelb zur Senkung der steigenden Spritpreise“, sagte Fraktionsvize Ulrich Kelber.

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12 Kommentare

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  • Z
    Zafolo

    Dazu reicht eigentlich eine Zahl der Internationalen Energieagentur: Wenn die Ölförderung in den nächsten 15 Jahren auch nur konstant gehalten werden soll, bräuchte man zwei neue Saudi-Arabiens mit bisher unentdeckten Ölfeldern als Produzenten. So große Ölfunde hat es seit 40 Jahren nicht gegeben.

     

    Von daher kann man nahezu alles was Politiker dazu von sich geben, als glatte Leugnung der fundamentalen Tatsachen bezeichnen. Von Ausnahmen wie Hans-Josef Fell mal abgesehen.

  • MS
    Marc Sheen

    Gut, tun wir was gegen die hohen Benzinpreise und entlasten die Haushalte:

     

    - Autofreie Innenstädte mit kostenloser Beförderung durch Bus und Bahn

     

    - Temp 120 auf allen Autobahnen

     

    - Organisierte Anleitung zum Fahrradfahren zur Arbeit und zum Einkaufen, alleine kriegen das die meisten Leute ja nicht geregelt, da zu faul.

  • M
    MAD

    Das Übliche:

    Alle Jammern und geben abwechselnd Konzernen und Regierung die Schuld. Ist ja klar der Deutsche Autofahrer ist einfach ein Opfer, dass bei jeder Gelegenheit abgezockt wird.

     

    Wie wäre es denn mal wenn ihr euch wehrt!

     

    Ist viel einfacher als man glaubt:

    Sparsames Auto kaufen = weniger Tanken;

    mit dem Sparsamen Auto nur noch max 120 km/h fahren (aber bitte nicht in der Stadt) = weniger Tanken,

    am besten aber:

    die Kiste ganz stehen lassen = Spritpreis egal

     

    Ich fahre mit letzterer Option seit Jahren gut und kann Stefan Mirwalt gelegentlich gut verstehen.

  • D
    deviant

    Herr Rösler, mehr Kontrolle auf dem Benzinmarkt? Aber Kontrolle ist doch Sozialismus?! Das regelt der Markt doch sicher allein?!

     

    Glaubt etwa nicht einmal mehr die FDP an diesen Mist?

     

     

    Und warum glauben diese Politikerdeppen eigentlich, dass eine einzelne Preisanpassung pro Tag das Problem lösen würde? Dann würden nämlich morgens die Preise erhöht und basta, kein Pächter mehr, der die Preise im Laufe des Tages anpassen darf, also keine Anpassung an den Markt, stabil hohes Niveau (das, wovon die FDP gerade träumt, vielleicht deshalb der Vorschlag?)

  • Z
    Zafolo

    Also wenn Erdöl aus bekannten Gründen knapp und teuer wird, soll man den Ölverbrauch nun subventionieren und die Preise künstlich niedrig halten?

     

    Was für Vollpfosten haben wir denn da an der Macht?

  • J
    J.D.

    So langsam bin ich es leid.

    Halten die Politiker uns Bürger denn eigentlich für total bescheuert?

    Der größte Profiteur der Rekordpreise ist doch unser Finanzminister der einen Haushalt vorgelegt hat der mehr mit Religion als mit Wissenschaft zu tun hat.

    Ich kann mir Hr. Schäuble richtig vorstellen wie er in seinem Kämmerlein sitzt und jeden Cent den der Benzinpreis nach oben klettert bejubelt.

    Und dann kommen die 1%`ler der FDP daher, fabulieren irgendwas von Benzinpreise senken zusammen und erwarten selbstverständlich nicht nur, dass wir das glauben sondern auch noch Applaus spenden!

    Hallo?!?

    Klar, dass in Berlin schon seit längerem der Realitätsverlust Einzug gehalten hat ist bekannt.

    Aber bitte...solange Unsummen an Steuern und Bakschisch in Richtung Regierung fließen gibt es doch nichts was unseren Herren und Damen Kasperkabinett egaler sein könnte als der Spritpreis.

    Die bezahlen ihren ja nichtmal selber!

    Das machen doch sogar wir Steuerzahler die Ihre Dienstwagen unterhalten!

    Wenn die Politiker nicht schon seit langem auch noch den letzten Funken Glaubwürdigkeit verloren hätten, jetzt wär es endgültig so weit.

    Nur schade, dass das in deren kleiner Welt nicht ankommt.

    Also werden wir uns dieses Jahr zu den Sommerferien, vor den Herbstferien, vor Weihnachten das selbe Geseier nochmal anhören müssen.

    Gut, macht die journalistische Arbeit natürlich leichter.

    strg+c - strg+v und einfach ein paar Namen ersetzen.

  • SM
    Stephan Mirwalt

    Der deutsche Spießer kann ja einfach auf sein Auto verzichten.

     

    Ich fahre auch nur mit dem Fahrrad und empfinde gegenüber Autofahrern nichts als Verachtung.

  • K
    KlausK

    Gibt es nicht die "Richtgeschwindigkeit"?

    Lieber Leser,

    fahren Sie doch mal eine Stunde lang mit 130 auf unserer Autobahn. Sie stellen fest, dass Sie ständig überholt werden, und zwar auch von denen, die jetzt über den zu hohen Spritpreis klagen.

     

    Raserei könnte evtl. über den Spritpreis reduziert werden. Dazu müsste man aber weiter kräftig erhöhen.

    Alternative: Tempolimit!

  • DB
    Die bösen bösen Konzerne

    Das der Benzinpreis zu 70% aus Steuern und Gebühren besteht und verfehlter Politik (E10 etc.) das verdrängen unsere lieben Volkspolitiker gerne.

     

    Vorschlag: Abschaffung der Ökosteuer wenn Benzinpreis die 1,50€/L übersteigt!

     

    Problem gelöst! lach

  • J
    Jürgen

    Komisch, warum regt sich die neoliberale FDP eigentlich auf? Oder hört die Marktwirtschaft auf, wenn die potentiell FDP-wählenden unbelehrbaren Fahrer von Primitivprotzkarren in die Tasche greifen müssen?

     

    Da bisher nur eine minderheit sparsamere Autos fährt, kommt ein ordentlicher Benzinpreis genau richtig.

     

    Ich drücke dem Klima die Daumen!

  • SM
    Stephan Mirwalt

    Der deutsche Spießer kann ja ganz auf sein Auto verzichten.

     

    Ich fahre auch nur mit dem Fahrrad und empfinde gegenüber den Autofahrern nichts als Verachtung.

  • T
    Tank

    Dsa Problem der Politiker sind nicht die Konzerne. Ihr Problem ist die Angst vor dem Verbraucher. Verbraucher könnten ihnen unruhige Zeiten bescheren, der Staat kassiert erstmal bei den Preiserhöhungen munter mit. Und alles was gemacht wird ist sowieso nur ein vorübergehender Aktionismus. Der Stoff wird knapper und die Nachfrage größer. Damit werden selbst die jetzigen Preise nicht zu halten sein.