piwik no script img

Dortmund gegen BayernEs ist nur ein Spiel

Showdown am Mittwochabend in Dortmund: Aber der BVB versucht, das Duell mit den Münchner Bayern als eine stinknormale Allerweltspartie zu verkaufen.

Wird es gigantisch oder doch eher normal? Bild: dapd

Reinhard Rauball versucht ihn zu vermeiden, den marktschreierischen Unterton. Es sind eh genug Superlative im Umlauf.

Aber dann bringt es der 65-Jährige doch auf den Punkt: „Solch ein Vor-Endspiel hat es in der Bundesliga noch nicht gegeben“, sagt er, ohne mit der Wimper zu zucken. Wer würde einem in Ehren ergrauten Multifunktionär, der seit Jahren als Präsident von Borussia Dortmund und des Liga-Verbandes DFL einen in der Branche anerkannten Doppelpass pflegt, da widersprechen?

Ganz Fußball-Deutschland findet es elektrisierend, dass sich am Mittwochabend in Dortmund (20 Uhr) der deutsche Meister und der deutsche Rekordmeister duellieren. „Wir sind bereit für den Showdown“, verspricht Rauball. In seiner Eigenschaft als BVB-Oberhaupt sei ihm jedoch wichtig, „dass Werte wie Sympathie, Bescheidenheit und Harmonie nicht auf der Strecke bleiben“. Das ist schön gesagt, aber mal ehrlich: Nach dem Spiel zählt nur die Tabellenführung.

Dortmund glaubt an Vorentscheidung

Obwohl der Titelverteidiger seit Wochen oben steht, ertönen hier weder kecke Kampfansagen noch tumbe Tiraden. „Wenn wir gewinnen, glaube ich nicht, dass wir uns das noch nehmen lassen“, hat der ehemalige Münchner Mats Hummels lediglich festgestellt, „wenn also eine Vorentscheidung fällt, dann zu unseren Gunsten“.

Viel mehr Ballyhoo braucht die Borussia nicht. Dieses verbal eher defensive Vorgehen scheint genauso traumwandlerisch einstudiert wie eine schöne Kombination. „Am Mikrofon holt man keine Punkte“, sagt Rauball, „auch das wiederholte Aufblähen der Backen bringt da nichts“.

Aus einem Münchner Fernsehstudio hat BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke jedenfalls ziemlich glaubhaft versichert, dass „es für uns kein Druck ist, im Meisterschaftskampf mit Bayern dabei zu sein, sondern Genuss“. Auch er unterwirft sich der BVB-Sprachregelung: „Mit Psychostrategien gewinnst du kein Spiel. An uns prallt es definitiv ab. Unsere Spieler lachen sich darüber kaputt.“ Und Trainer Jürgen Klopp rechnet vor, dass „wir 23 Spiele in Folge gepunktet und immer richtige Lösungen gefunden haben“.

Am Ostersamstag gegen Wolfsburg stellten sehr sehenswerte Tore von Robert Lewandowski (22. und 90. Minute) und Ilkay Gündogan (49.) die Weichen zum 3:1-Sieg für die Westfalen, die nun laut ihres bebrillten Lehrmeisters „eine riesengroße Vorfreude“ auf die Bayern verspüren. „Meine Jungs wollen versuchen, ein Spektakel zu bieten“, kündigt der Motivator an. Eines steht für den 44-Jährigen fest: „Ich habe nicht den Eindruck, dass eine Vorentscheidung fällt. Und das ist für mich, ehrlich gesagt, die einzig relevante Meinung.“

„Einzigartiges Spiel, hervorragende Konstellation“

Auf dem Trainingsgelände in Dortmund-Brackel legte Klopp über die Feiertage noch nach: „Warum wollt ihr uns ständig so ein Zeug erzählen, wo wir am Ende dann dastehen könnten wie die Deppen.“ Der Vorsprung könnte vier Spieltage vor Schluss auf sechs Zähler wachsen, aber wachsam würde Klopp allein schon deshalb bleiben, „weil wir gleich danach Schalke und Gladbach haben und weil wir gegen Freiburg spielen, für die es um richtig was geht“.

Demut und Understatement schaden den einst am finanziellen Abgrund taumelnden Dortmundern nicht. Roman Weidenfeller, seit 2002 auf der BVB-Lohnliste, spricht „von einem einzigartigen Spiel in einer großartigen Konstellation“.

Die Meistergesänge der Dortmunder Fans speisen sich aus der Erinnerung: Dortmund siegte in den letzten drei Vergleichen gegen die Bayern 1:0, 3:1 und 2:0. Spielerische Klasse und körperliche Kraft, taktische Raffinesse und totale Hingabe ergaben in der Summe so viel Qualität, dass der selbst ernannte Branchenführer kapitulieren musste.

„Wir haben uns auf ein Niveau geschraubt, dass die Bayern richtig überlegen, wie sie uns beikommen können“, merkt Klopp an. Sein als Ideengeber aufblühender Deutschtürke Ilkay Gündogan („Wir müssen Mittwoch in Höchstform sein“) geht gerade als bestes Beispiel voran. Er zeigt, wie Jungprofis sich in diesem Dortmunder Wohlfühlklima verbessern können.

Klopps Devise für den „Giganten-Gipfel“ (Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge) klingt trotzdem ganz pragmatisch: „Wenn es am Ende reicht, sind wir verdienter Sieger, und wenn es nicht reicht, akzeptieren wir das auch. Aber wir werden erst mal alles versuchen.“ Dortmunds fußballerische Versuche dürften ein Millionenpublikum interessieren. Vorhang auf.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • B
    blauer

    Das Spiel ist vorbei... war schön aber nicht spektakulär.

     

    Aber in München oder auch am Rhein wird wohl jedes Derby noch größer geschrieben als dieses Spiel. Ich freu mich auf jeden Fall mal auf die Relegation zwischen dem Fc und der Fortuna. Auch wenn 60 dann nicht aufsteigt.

     

    Bei Duell zwischen 1 und 2 erinnere ich mich aber immer gerne an 2003 und das Spiel Werder gegen VfB, war um einiges spektakulärer und hielt mit dem 4 zu 4 die restliche Saison spannend.

  • G
    Gnoffo

    Soo gut ist Robben dann auch wieder nicht... (Scheißthese bei 11freunde.de) :)

  • D
    Deborah

    In gewisserweise ist es "Allerweltsspiel", in gewisser Weise aber auch nicht. Der BvB, der Verdient auf dem ersten Platz der Tabelle stht empfängt den Grossmeister der dicken Klappe ... und ich denke, den Bajuwaren wird heute mal wieder das Mütchen gekühlt werden. Ich drücke dem BvB die Daumen, das sie die Bayern wieder so vorführen, wie sie es in den vergangenen 3 Partien bereits gemachst haben ... und dann aich das Double holen!

    Heja BvB!

  • PP
    Peter Pan

    Gab es also noch nie?

    Ich erinnere mich da selbst an ein Duell der beiden Teams. Ball an den Pfosten und in Kahns Arme, der dann jubelte.

    Dann erinnere ich mich noch an Kutzop. Als die letzte Lieblingsmannschaft der deutschen Journalisten, Werder Bremen (was auch noch irgendwie nachvollziehbar war, anders als diesen recht fragwürdigen Mob aus BVB zu unterstützen; Homophobie und rechte Fangesänge), sich mit dem FCB duellierte. Das war gar noch dramatischer. Mir fallen alleine solche Partien ein.

  • O
    Ottissimo

    Ja, es ist ja nur ein Spiel....

     

    Aber lieber BVB, haut den großkotzigen Bazis sowas von `aufe Fresse´, dass sie noch in hundert Jahren daran denken werden!

     

    Danke und Glück auf!

     

    O.

  • J
    Jan

    Es ist auch nur ein Allerweltsspiel. Oder wird es zum historischen Ereignis, weil der Tabellenerste gegen den Tabellenzweiten antritt? Sowas soll schon mal vorgekommen sein.