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Kolumne Ostwärts immerBeschiss am Arbeitgeber

18 Euro kostet die Fahrt vom Flughafen in die Innenstadt. Und dann beginnt der Kampf darüber, wer korrupter ist – der Taxifahrer oder der Gast aus dem Westen.

E s ist ein Spiel, ein Kampf zwischen zwei Männern. Links sitzt der eine hinter dem Steuer, rechts der andere. Es beginnt mit einer Verhandlung. Wie viel? 200. Zu viel! Der linke ist meistens stärker. Er weiß, dass der andere schnell genervt ist, dass er nur schnell zum Flughafen will, dass er eigentlich gar keine Lust aufs Verhandeln hat. Vielleicht glaubt er auch, dass der andere reich ist, weil er aus dem Westen kommt. Meistens stimmt das ja auch irgendwie. Er will etwas versuchen.

Und er kommt weit. 180 Hriwna stehen am Ende als Preis für die Fahrt aus der Stadt zum Flughafen. Der Fahrer lächelt nicht einmal. Er schaut so drein, als mache er gerade ein ganz schlechtes Geschäft. 18 Euro! Unverschämt finden das viele Ausländer und würden dem Kiewer Taxifahrer doch nie sagen, dass es in Deutschland so gut wie unmöglich ist, zu diesem Preis mit dem Taxi von der Innenstadt bis zum Flughafen zu kommen.

Der Kampf geht weiter. Kann ich bitte eine Quittung haben? Klar. Der Taxifahrer holt einen Block mit gestempelten Vordrucken aus dem Handschuhfach. Er füllt einen davon aus. Datum, Uhrzeit, Start, Ziel. Nur ein Feld füllt er zunächst nicht aus. Das für den Fahrpreis.

taz
ANDREAS RÜTTENAUER

ist Sportredakteur der taz und während der EM in der Ukraine unterwegs.

Für die Firma? Er schaut seinen Fahrgast an und fragt noch einmal nach. Für die Firma, oder? Was soll ich eintragen, 300, 400? Er lacht. Er weiß, was in Westeuropa über sein Land geschrieben wird. Überall ist bekannt, wie korrupt die Ukraine ist. Jetzt will der Taxifahrer den Spieß umdrehen. Er ist ein Zocker. Er will wissen, wie korrupt sein Kunde ist. Der tut sich schwer. Vielleicht will er seinen Arbeitgeber nicht bescheißen, nicht einmal um 10 Euro, vielleicht ist er wirklich eine ehrliche Haut.

Der Kunde kämpft mit seinem Gewissen. Auch wenn er seine Firma nicht betrügen will, muss das der Kerl, der neben ihm sitzt, ja nicht wissen. Der soll ihn bloß nicht für ein Weichei halten. Der Taxifahrer ist ein abgebrühter Profi. Da will der Kunde sich nicht einfach in die Opferrolle fügen.

Der Fahrer lächelt immer noch. Er glaubt, den Kampf gewonnen zu haben, löst die Quittung vom Block und gibt sie seinem Kunden. Das Feld für den Fahrpreis bleibt leer. Soll der Kunde das doch selbst ausfüllen.

Ich habe inzwischen ein paar solcher Quittungen gesammelt. Die Beträge habe ich selbst eingetragen. Ich bin stolz darauf, dass ich mich vor den Fahrern nie blamiert habe. Und meinen Arbeitgeber würde ich nie bescheißen. Sage ich jetzt mal so.

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Andreas Rüttenauer
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2 Kommentare

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  • K
    Kunigune

    Einmal ein entspannter Deutscher, auch nicht schlecht.

  • B
    Blautopf

    "Der Kunde kämpft mit seinem Gewissen. Auch wenn er seine Firma nicht betrügen will, muss das der Kerl, der neben ihm sitzt, ja nicht wissen. Der soll ihn bloß nicht für ein Weichei halten. Der Taxifahrer ist ein abgebrühter Profi. Da will der Kunde sich nicht einfach in die Opferrolle fügen."

     

    Da kann ich einfach nicht folgen: Glaubt der Autor wirklich, man sei ein Weichei, wenn man seinen Arbeitgeber NICHT betrügt?

     

    Ich nahm an, die Redaktionsmitglieder der taz verfügen über genügend Souveränität, Ehrlichkeit nicht schamhaft zu verstecken, sobald sie in einem Land sind, in dem die Korruption blüht und gedeiht. Schadet doch nicht, den einen oder anderen Taxifahrer um die Erfahrung zu bereichern, dass derlei nicht unter allen Umständen selbstverständlich sein muss.

     

    Aber vielleicht geht angesichts des EM-Endes ja auch nur langsam der Stoff für die Artikel zur Neige.