Verfassungsreform in Simbabwe: Kleiner Schritt zur Demokratie
Der Entwurf für eine neue Verfassung ist fertig. Die Opposition in Simbabwe hofft auf Unterstützung aus dem südlichen Afrika, damit Präsident Mugabe den Entwurf nicht kippt.
JOHANNESBURG taz | Endlich liegt in Simbabwe ein neuer Verfassungsentwurf auf dem Tisch, der das Land nach über drei Jahrzehnten Mugabe-Herrschaft in eine demokratischere Zukunft führen soll. Nach drei Jahren Streit über den Inhalt zwischen den politischen Parteien liegt der Entwurf nun seit Kurzem auf 150 Seiten vor.
Aber noch bevor gegen Ende des Jahres das Volk in einem Referendum darüber abstimmen kann, hat die Regierungspartei Zanu/PF (Simbabwe Afrikanische Nationalunion/Patriotische Front) von Präsident Robert Mugabe das Dokument schon wieder abgelehnt.
Dabei hatte sie den Prozess der Meinungsfindung für die neue Verfassung mit massiven Einschüchterungen zu beeinflussen versucht. Heraus kam ein verwässerter Kompromiss, den es ab Freitag auf dem Gipfel der Regionalorganisation des südlichen Afrika SADC (Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika) in Mosambiks Hauptstadt Maputo zu verteidigen gilt. Zumindest hoffen das Aktivisten und Bürgerrechtler.
Anführer der Zivilgesellschaft organisierten am Donnerstag einen Marsch in Maputo und übergaben den auf dem Gipfel anwesenden SADC-Vertretern eine Deklaration. Das oppositionelle „Krisenkomitee Simbabwe“ fordert die SADC auf, das zentrale Problem in Simbabwe direkt anzusprechen: die Übermacht des Militärs, das wie bei vorherigen Präsidentschaftswahlen im Auftrag von der Regierung Mugabes brutal gegen das Volk und eine faire Wahl vorzugehen droht.
Südafrikas Präsident Jacob Zuma reiste vor dem SADC-Gipfel nach Simbabwe und sprach mit den Parteien der Regierung der Nationalen Einheit, in der Mugabes Partei mit der früheren Opposition MDC (Bewegung für Demokratischen Wandel) von Premierminister Morgan Tsvangirai koaliert. Zuma gab zu, dass es noch Ecken und Kanten im demokratischen Prozess gibt, die zu überwinden seien, und rief zu schnelleren Reformen auf. Das sei enorm wichtig, um bei den nächsten Wahlen neue Gewalt zu verhindern.
Mugabe will seine Macht sichern
Nach dem Desaster der letzten Wahl 2008, die massiv gefälscht wurde, hatte die MDC eine neue Verfassung zur Bedingung gemacht, um erneut Wahlen in Simbabwe abzuhalten. Das war auch die Grundlage der 2009 gebildeten Regierung der Nationalen Einheit. Geht es nach dem Willen Mugabes, sollten dieses Jahr neue Präsidentschafts- und Parlamentswahlen stattfinden – um seine Macht zu sichern. Und zwar unabhängig davon, ob es eine neue Verfassung gibt. Die MDC verweist darauf, dass eine neue Verfassung die Vorbedingung für Wahlen 2013 ist.
Die Verhandlungen zur neuen Verfassung sollten 18 Monate dauern. Unterbrechungen der Sitzungen durch militante Regierungskräfte zogen den Prozess in die Länge. In über 4.500 Treffen auf Gemeindeebene wurden Meinungen gesammelt, die in die neue Verfassung einfließen sollten. Millionen von US-Dollar kostete das ganze Unterfangen.
Immerhin: Die Amtszeit des Präsidenten wird im neuen Dokument auf zehn Jahre begrenzt, und seine Immunität endet mit Ende seiner Amtszeit. Eine Altersbegrenzung gibt es nicht, also kann der 88-jährige Mugabe theoretisch weitermachen.
Die in der Verfassung geforderte Errichtung eines Verfassungsgerichts ist bei Zanu-PF aber ebenso umstritten wie eine stärkere Pressefreiheit, meint Dewa Mavingha, Regionalkoordinator des simbabwischen Krisenkomitees in Johannesburg. „Wir werden sicherlich noch eine Abänderung dieser Fassung sehen“, sagt er. „Dieser Entwurf ist ein politischer Kompromiss, der sehr angepasst ist im Vergleich zu ursprünglichen Forderungen der Opposition.“ Doch ein großer Teil der Zivilgesellschaft sieht es trotzdem eher als einen Schritt nach vorn an. Ende August soll die Verfassung zunächst im Parlament diskutiert werden.
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