DFB-Pokal: Angezählt, aber noch nicht am Boden
Der SC Victoria Hamburg verliert beim DFB-Pokal achtbar gegen den Erstligisten SC Freiburg. Trainer und Manager bleiben trotzdem optimistisch.
HAMBURG taz | Ronald Lotz sitzt schwitzend im Container. Der steht am Ende der Tribüne des SC Victoria Hamburg im Stadion Hoheluft. Die Luft steht. Hat er Durst, und er hat, trinkt er aus einer DFB-Pokaltasse. Lotz, 45, ist Manager bei Vicky, nach zwei Spieltagen Tabellenletzter der Regionalliga Nord: sechs Gegentore, eins geschossen. Der Gegner jetzt heißt SC Freiburg.
Mehr als die Tasse sprang beim DFB-Pokal am Samstag nicht raus: Victoria verlor vor 4.375 Zuschauern mit 1:2 (1:1) gegen den Bundesligisten. Von den drei Niederlagen dieser Saison „lassen wir uns“, so Lotz „nicht irritieren“. Lotz schätzt, dass 100.000 Pokal-Euro bei Vicky hängen bleiben.
Fünf Mal war Victoria Oberliga-Meister, beim fünften Mal entschieden sich die Verantwortlichen für den Aufstieg in die Regionalliga. Nun ist Vicky „die Nummer drei in Hamburg“. Für die neue Liga gilt laut Lotz: „Nicht gut starten, aber weich landen. Weich landen heißt: die Klasse halten. Falls das nicht geht, trotzdem weich landen.“
Die Spieler, die Vicky für die Regionalliga geholt hat, kommen aus Hamburg und waren kurz weg: Jakob Sachs, der sofort nach Freiburgs Führung durch Max Kruse (11.) den Ausgleich machte (12.), war beim KSV Holstein Kiel, Abdel Abou Khalil beim FC Ingolstadt. „So ist das Risiko überschaubar“, sagt Lotz.
Die Regionalliga mache trotz Niederlagen Spaß, findet Lotz: „Kiel, Oldenburg, Wolfsburg, HSV, St. Pauli, Werder, das sind ’ne Menge interessanter Gegner, interessante Derbys, das ist doch besser als Spiele in der Oberliga und keiner ist im gegnerischen Fanblock.“ Was die wirtschaftliche Tabelle anbelangt, hat Victoria „mit großem Abstand zum Vorletzten den kleinsten Etat“, vermutet Lotz. „Wir sind mit Löwen im Käfig.“
Der Manager hofft, dass die Mannschaft konkurrenzfähig ist, eigentlich ist er da sicher. Ins Grübeln würde er erst kommen, „wenn wir unser Potential ausgeschöpft haben und es immer noch nicht reicht“. Auf die Situation, wie sie jetzt ist, seien sie vorbereitet, sagt Lotz. 1:3 beim SV Meppen verloren, 0:3 zu Hause gegen den FC Oberneuland, das klinge deprimierender, als es war. „In beiden Spielen haben wir Fehler gemacht, sowohl in Abwehr als auch Angriff, die in der Oberliga nicht bestraft werden“, sagt Lotz.
Im Pokal machte Vicky dem SC Freiburg das Spielen mit zwei tief stehenden Viererketten schwer, doch vorne verschoss Mittelfeldspieler und Co-Trainer Roger Stilz, 35, einen Elfer (6.). Und es war ein Fehler des überragenden Innenverteidigers Marcus Rabenhorst, der den Freiburgern das Siegtor durch Sebastian Freis ermöglichte (80.).
Lotz hat der Mannschaft gesagt, dass sie Niederlagen weder als „Lehr-“ noch „Schmerzensgeld“ sehen soll, sondern als „Erfahrung“. Trainer Lutz Göttling, der in ein paar Tagen 42 wird, sagt: „Wir hatten in jedem unser Regionalspiele fünf, sechs große Torchancen“, das sei doch gut, denn „defensiver stehen kann man leichter korrigieren“.
Regionalliga, sagt Göttling, sei „ein anderes Spiel: höheres Tempo, höherer Druck vom Gegner, anderes Zweikampfverhalten“. Dennoch bleibt er optimistisch: „Wenn wir weniger Fehler machen, werden wir Erfolg haben.“ Lotz tippt sich an die Stirn: „Wir haben einen klaren Kopf.“ Deshalb wird nach dem überraschenden Abgang von Ex-Profi Nico Patschinski, 35, nicht sofort ein Mittelstürmer gleicher Klasse präsentiert. „Es war Patsches Wunsch, den Vertrag aufzulösen, bei Dynamo Berlin bekommt er mehr Geld“, sagt Lotz.
Beim Spiel gegen Freiburg hielten Vicky-Fans ein Plakat hoch, auf dem steht: „Vita brevis, Victoria longa“, eine Variation des Seneca-Satzes „Vita brevis, ars longa“ – vielleicht zu übersetzen mit: „Kurz ist das Leben, lang lebe Victoria.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!