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HSV-"Wohltäter"Der Sportdirektor und der Strippenzieher

HSV-Sportdirektor Frank Arnesen tut sich schwer, geeignete Spieler für seine Mannschaft zu verpflichten. Der Unternehmer Klaus-Michael Kühne als Geldgeber macht die Sache nicht einfacher.

Gibt gern den Heilsbringer, ist aber keiner: Milliardär und HSV-Fan Klaus-Michael Kühne. Bild: dpa

HAMBURG taz | Kann sein, dass Frank Arnesen, Sportdirektor des Hamburger Sportvereins, diese Transferperiode nicht übersteht. Der Aufsichtsrat steht nicht mehr geschlossen hinter ihm, weiß der Boulevard. Arnesens Aufgabe war, ohne Geld eine konkurrenzfähige Mannschaft auf die Beine zu stellen. Daran kann man scheitern.

Petr Jiráček und Milan Badelj, die neuen Mittelfeldspieler, werden wohl am Samstag beim Auswärtsspiel gegen Werder Bremen auflaufen. Jiráček ist dem HSV in den Schoß gefallen, er hat sich in Hamburg angeboten. In Wolfsburg bei Felix Magath auf dem Abstellgleis, gerade ein Haus bezogen, wollte er in Norddeutschland bleiben. Ein Stürmer fehlt dem HSV weiterhin.

Als ob die Lage nicht schon schwierig genug wäre, mischt auch Klaus-Michael Kühne mit. Bernd Hoffmann, damals Vorstandsvorsitzender, hat ihn angeschleppt und den HSV-Mitgliedern als „weißen Ritter“ und Freund des HSV präsentiert. Da die Profiabteilung des HSV immer noch Teil des Gesamtvereins ist, bleiben nur wenige Möglichkeiten, Kapital für Spielertransfers zu akquirieren. Eine davon ist ein Investor wie Kühne. Ein „weißer Ritter“ ist er nicht, weiß sind allenfalls die Haare des 75-Jährigen.

Die Verträge zwischen Kühne und dem HSV sehen vor, dass Kühne für die Verpflichtung von Spielern Geld bereitstellt und der HSV ihm Anteile an Transferrechten von HSV-Spielern abtritt. Das müssen nicht die Spieler sein, die verpflichtet wurden. So bekam Kühne, als Paolo Guerrero für drei Millionen Euro zum SC Corinthians Paulista ging, seinen Anteil.

Kühne ist Milliardär, Mitglied des Verwaltungsrats, Mehrheitseigner sowie mit 53 Prozent größter Einzelaktionär des Logistikunternehmens Kühne + Nagel und mit seinen Eltern Gründer der Kühne-Stiftung.

Er machte nach dem Abitur eine Lehre zum Bank- und Außenhandelskaufmann, war dann bei Speditionen, Reedereien und Schiffsmaklern tätig. 1963 wurde er persönlich haftender Gesellschafter und Teilhaber bei Kühne + Nagel. Im Zuge der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft wurde er 1966 Vorstandsvorsitzender und verlegte den Firmensitz in die Schweiz.

Das spart Steuern. Auch eigene, denn Kühne hat aus Ärger über Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) seinen Wohnsitz in Schindellegi im Kanton Schwyz. Ihm gehört ein Haus, von dem das Wirtschaftsmagazin Forbes schreibt, es sei „extravagant“ und würde wie die „Kommandobrücke eines Ozeandampfers aussehen“.

Im Jahr 2008 bildeten Kühne und eine Investorengruppe, darunter die Stadt Hamburg, das „Konsortium Albert Ballin“, damit die 160 Jahre alte Reederei Hapag Lloyd im Besitz von Investoren bleibt, die mit Hamburg und Deutschland verbunden sind. Kühne ist mit 26,55 Prozent der größte private Investor des Konsortiums.

Was Kühne reitet, sich beim HSV zu engagieren, ist unklar. Vielleicht Langeweile. Es ist ja schön, ein Haus zu haben, das wie eine Kommandobrücke aussieht, aber wo ist in Schindellegi das Meer und wo sind die Matrosen? Klar ist, dass Kühne wissen will, wofür er sein Geld gibt. Er verschenkt nichts, er hat kein Vertrauen in die Führung des HSV, die er öffentlich kritisiert. Arnesen hat versucht, seine eigenen Pläne beim Aufbau einer Mannschaft zu verfolgen, und nicht die Kühnes, der gerne den Mittelfeldspieler Rafael van der Vaart holen würde.

Kühne macht HSV-Politik, indem er Interviews gibt – nicht jedem, versteht sich, keine Pressekonferenzen – sondern, wie jede andere graue Eminenz, Strippen zieht. Der organisatorische Aufbau des HSV ist seit Jahrzehnten überholt, die Auswege aus diesem Problem sind es auch. Der Hamburger SV dreht sich im Kreis.  

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5 Kommentare

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  • U
    Urgestein

    @Olli

     

    Also ich sehe das so, daß gerade die "demokratischen Strukturen" verhindern, daß das "Geld" Amok läuft - so wie bei den Nachbarn aus Bremen mit ihrem "Wiesenhof-Gate".

  • O
    Olli

    Der Argumentationslinie des Autors kann ich ebenfalls nicht ganz folgen, insofern schließe ich mich meinen Vorkommentatoren an. Allerdings bleibt auch bei mir als HSV-Fan neben der großen Hoffnung, dass mit van der Vaart wieder mehr sportlicher Erfolg erzielt werden kann, ein etwas schaler Beigeschmack ob der Einkäufe der letzten Zeit übrig. Wollte der HSV sich nicht finanziell konsolidieren? Teure Altprofis wie Petric und Guerrero wurden aussortiert, weil man solide wirtschaften wollte. Und nun schlägt man in letzter Minute derart auf dem Transfermarkt zu, dass man sich wieder unter die Top-Investoren der Liga katapultiert, gibt 15 Millionen mehr aus, als man durch Verkäufe erzielt hat. Ok, das Geld kommt von einem Investor, aber macht es das besser? Dort nimmt ein Privatmann Einfluss auf die Einkaufspolitik seines Lieblingsvereins, der sich diesem Ansinnen angesichts großer Abstiegsängste nicht entziehen kann und sich damit wieder einmal abhängig macht und beim kleinsten Gegenwind alle guten Vorsätze in den Wind schreibt. Das Geld korrumpiert also die in einem vorigen Kommentar gelobten demokratischen Strukturen. Wäre dann nicht eine kommerziellere Struktur vielleicht der ehrlichere Weg? Und damit wäre ich dann doch auf etwas anderem Weg bei einem ähnlichen Schluss angelangt wie der Autor des Artikels...

  • U
    Urgestein

    kleiner Nachtrag:

     

    "Herr Kühne hat sich bereit erklärt, uns durch die Gewährung eines Darlehens die Zahlung der Transfersumme [für Rafael van der Vaart] zu ermöglichen. Des Weiteren verzichtet Herr Kühne auf die vor zwei Jahren übertragenen Anteile an den Spielern Heiko Westermann, Marcell Jansen, Dennis Aogo, Dennis Diekmeier und Lennard Sowah. Auf den ihm zustehenden Erlös aus dem Verkauf des bereits transferierten Paolo Guerrero verzichtet Herr Kühne ebenfalls. Dieser Betrag konnte somit in die Transfersumme an Tottenham einfließen."

     

    Im Gegenzug erhalte Kühne einen Anspruch auf Erlösbeteiligung bei einem Weiterverkauf van der Vaarts innerhalb der Vertragslaufzeit. "Mit diesem Schritt", heißt es in der Erklärung weiter, "ist das 2010 zwischen dem HSV und Herrn Kühne beschlossene Investorenmodell in beidseitigem Einvernehmen beendet." (aus einer Erklärung des Aufsichtsrates bei der offiziellen Vorstellung von van der Vaart)

     

    Soviel zum "gerissenen Geschäftemacher" Kühne...

  • U
    Urgestein

    Ein sehr flauer - um nichts zu sagen inhaltsloser - Artikel, der mühselig aus einem Bündel an Belanglosigkeiten und nutzlosem Wissen um die am Ende aus dem Hut gezauberte Kernthese "Der organisatorische Aufbau des HSV ist seit Jahrzehnten überholt" gedreht wurde.

     

    "Der organisatorische Aufbau des HSV" - was ist damit wohl gemeint? Etwa der dreizehnköpfige Aufsichtsrat, der den Vorstand ernennt und kontrolliert und der von den Vereinsmitgliedern regelmäßig in freien und geheimen Wahlen bestimmt wird? Das urdemokratische Basisprinzip, welches die gleiche und gerechte Teilhabe aller an der Vereinspolitik garantiert, gilt also dem Autoren als "überholt", und das "seit Jahrzehnten".

     

    Da bin ich, der ich Pluralismus und Basisdemokratie für deutlich "zeitgemäßer" halte als beispielsweise die selbstherrliche Diktatur eines Geschäftsführers, wie sie derzeit wieder im Modell der "Werder GmbH & Co KGaA" praktiziert wird, doch etwas erstaunt, solche eindeutig demokratie- und fortschrittsfeindlichen, neoliberalen Dummheiten in einer Zeitung wie der taz zu lesen.

     

    Ach ja, der "Wunschspieler" van der Vaart kehrt nun wohl doch zurück zum Hamburger SV, dank einer gemeinsamen Aktion von Vorstand (Arnesen), Aufsichtsrat (Jarchow, Otto) und Mäzen (Kühne). Ein Zusatz, der die Irrelevanz des Artikels und kaum verhohlenen Neidkomplexe seines Autors lediglich unterstreicht.

  • F
    Falmine

    Und weiter? Der Bericht endet so unvermittelt, dass man sich aufgefordert fühlen könnte, weiterzuschreiben. Ob an es nun "fehlender Arsch in der Hose" oder "fehlendes Rückgrat" nennt, ist wohl eher eine Generationenfrage. Fest steht, dass es Vorstand und Aufsichtsrat an dem einen wie dem anderen mangelt.

    Sonst hätten die doch längst mit Kühne Klartext geredet und ihm klargemacht, dass der Kühne-Liebling nicht ins Konzept passt, sportlich wie finanziell. Ähnliches gilt auch für Frank Arnesen. Erst bringt er talentlose Spieler von Chelseas Resterampe beim HSV unter, dann wagt er Kühne gegenüber keinen Widerspruch.

    Kein Wunder, dass Uwe Seeler langsam unruhig wird!