piwik no script img

Spekulation um Merkel-HerausfordererWer wird Kandidat?

Gerüchte verdichten sich, dass SPD-Parteichef Gabriel sich aus dem Kampf um die Kanzlerkandidatur verabschiedet. Generalsekretärin Nahles dementiert.

SPD-Kandidatenkür: Es kann nur einen geben. Aber wen? Bild: dapd

BERLIN taz | Just am Montagmorgen hat Peer Steinbrück sein Titelbild auf Facebook geändert. Zu sehen war die Kuppel des Reichstagsgebäudes, aufgenommen von innen, also aus dem Zentrum der Macht. Wer nun glaubte, Steinbrück wollte damit eine Andeutung über seine innenpolitischen Ambitionen machen, irrte. Zwar postete jemand begeistert: „Peer wird KK“, also Peer Steinbrück wird Kanzlerkandidat. Doch hat der SPD-Abgeordnete lediglich ein altes Foto wiederverwendet.

Die Irritation über derlei Kleinigkeiten ist verständlich. Schließlich kocht die Gerüchteküche darüber, wer die SPD als Kanzlerkandidat in den Bundestagswahlkampf 2013 führen soll, derzeit über. Die Leipziger Volkszeitung meldete am Montag, Parteichef Sigmar Gabriel habe sich selbst aus dem Kandidatenrennen genommen.

Peer Steinbrück und Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hätten einander versprochen, die Kandidatenfrage „frühzeitig und in voller Sympathie und Freundschaft füreinander“ zu klären. Der eine wolle den anderen zusammen mit Gabriel voll und ganz unterstützen. Quelle: „aus Kandidatenkreisen“.

Auch über den Termin der Kür spekuliert der LVZ-Bericht. Die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur werde nicht, wie bislang erklärt, „spätestens nach der Niedersachsen-Wahl im Januar“ fallen – sondern deutlich vor dem Jahreswechsel, möglicherweise auf einem „SPD-Bundesparteitag vom 4. bis 6. Dezember in Berlin“.

Nahles weist Spekulationen zurück

Das Dementi von SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles kam prompt. „Ich kann das nicht bestätigen“, sagte sie am Montag. Es handele sich offenbar „um eine weitere, jetzt langsam wie das Kraut in die Höhe schießende Spekulation“. Auch von einem Parteitag Anfang Dezember ward bislang nichts gehört. Der nächste ist erst für den Herbst 2013 geplant, also nach der Bundestagswahl.

Fragt sich, was für ein Spiel bei den Sozialdemokraten gespielt wird. Machen Gabriel, Steinbrück und Steinmeier die Postenfrage unter sich sowie unter Einbeziehung ausgesuchter Medien aus – jedoch unter Umgehung ihrer Generalsekretärin? Kaum vorstellbar.

Parteichef Gabriel hatte sich erst kürzlich in einem Stern-Interview als Politiker gezeigt, der seit der Geburt seiner Tochter auch das Private wichtig nimmt. Er wolle sein Leben nicht mehr komplett der Politik unterordnen, erklärte Gabriel. „Ich werde nicht mehr 12 bis 16 Stunden am Tag verfügbar und unterwegs sein. Das wird nicht mehr gehen.“

Frank-Walter Steinmeier hatte sich am Wochenende beim Zukunftskongress in Berlin als Kämpfer für eine rot-grüne Koalition präsentiert. „Wir wollen 2013 gestalten, und zwar nicht als Juniorpartner“, rief er. Die SPD wolle „von vorne führen, und zwar dauerhaft“. Und Exbundesfinanzminister Peer Steinbrück hatte kühn gesagt, die SPD setze „auf Sieg“, er wolle und werde nie mehr einem Kabinett Merkel angehören.

Man könnte nun meinen, es sei ja wohl selbstverständlich, dass die SPD nicht als zweite Garnitur zur Bundestagswahl antrete – Motto: selbstbewusste Kandidaten für selbstbewusste Wähler. Aber faktisch dümpelt die Partei in den Umfragen bei 26 Prozent herum, während die Konkurrenz von der Union weiter zulegt. Solange es bei den Sozialdemokraten inhaltlich – also auch personell – keine klare Richtung gibt, wird das wohl so bleiben. Und solange werden Facebookfotos als Spekulationsgrundlage herhalten müssen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • KK
    Karl K

    SPezialDemokraten - postverbal.

     

    " Die SPD ' will von vorne führen und zwar dauerhaft."

    Erst die Steine falsch auf'm Brett - und jetzt das.

    Wie wär's mal mit 'nem Sprachtest für Inländer?

  • H
    Hafize

    Wenn die SPD mit einem Thilo Sarrazin in ihrer Mitte gut leben kann, kann ich auf die Partei und die Kandidatenauswahl ganz gut verzichten. Für micht hat dieser Partei nicht nur ein Kandidatendefizit, sondern vor allem ein inhaltliches Loch in ihrer Mitte. Diese Partei reicht von Rechtsaußen bis in die Mitte. Links sind sie nicht und werden sie auch nie wieder sein. Jedenfalls fehlt mir die Phantasie für eine SPD, die sich tatsächlich für Arme oder Niedrigverdiener einsetzt. Und bei der Rente bietet die Partei nur neue Probleme, keine Lösungen.

  • H
    Harro

    Die SPD hatte 2009 23 Prozent - das ist kein Ergebnis, was eine Kanzlerkandidatur wirklich zu einer realistischen Sache macht. Die SPD dümpelt wahrscheinlich zwischen 20 und 30 Prozent herum. Das reicht nicht für den eigenen Anspruch.

    Außerdem hat die SPD es bislang nicht geschafft, die Deutungshoheit in Deutschland zu gewinnen. Ihnen fehlen auch charismatische Anführertypen, die Druck auf Merkel ausüben.

    In zentralen Fragen spürt man bei der SPD immer, dass sie sich nicht zu helfen wissen. Eine Alternative zu Merkel waren sie die letzten Jahre nicht, in einem Jahr werden sie das schwerlich ändern können. Ich frage mich, warum die Medien den Kandidatenhype überhaupt mitspielen?

  • V
    viccy

    Ist doch klar, dass es - leider - Steinbrück wird, oder zweifelt da jemand dran? Gabriel hat Umfragewerte unter aller Kanone und Steinmeier hat schon mal krachend gegen Merkel verloren.

  • C
    Celsus

    Ist das nicht in Wahrheit die Kandidatur um die Vizekanzlerschaft? Denn die SPD hat wirklich nichts zu bieten, wo sie nicht in jedem einzelnen Punkt über kurz oder lang der CDU nachgibt.

     

    Unbeantwortet auch die Frage, wie sich im einzelnen die SPD eine positive Utopie der Zukunft vorstellt und in welchen Schritten sie dahingelangen will. Bisherige Ansätze wie Hartz IV taugen der Bevölkerung ja eher als Anti-Utopie.