Die Wahrheit: Der beste Fussballreporter der Welt

Fußballreporter haben es nicht leicht. Sie müssen an jedem Wochenende Berichte über Spiele verfassen, die sich meist nicht sonderlich unterscheiden. ...

Fußballreporter haben es nicht leicht. Sie müssen an jedem Wochenende Berichte über Spiele verfassen, die sich meist nicht sonderlich unterscheiden. So sind die Beschreibungsmöglichkeiten begrenzt.

Das Sportmagazin Kicker hat daraus die Konsequenz gezogen und ein Computerprogramm entwickelt, das den Reportern einen Großteil der Arbeit abnimmt. Sie müssen nur noch die Mannschaften, das Ergebnis und etwaige Torschützen sowie gelbe und rote Karten eintragen – den Rest übernimmt die Maschine.

Um etwas Abwechslung in die Berichte zu bringen, ersetzt der Computer das Wort „Ball“ bei jeder dritten Erwähnung durch „Spielgerät“. Bei Spielen des Hamburger SV taucht unweigerlich mindestens vier Mal der Begriff „Liga-Dino“ auf, weil der HSV die einzige Mannschaft ist, die seit Gründung der Bundesliga ununterbrochen dabei ist. Hertha BSC dagegen wird stets als „alte Dame“ bezeichnet, selbst wenn das Team mal nicht geriatrisch spielt.

Andere Begriffe, die zwingend in Kicker-Fußballberichten auftauchen, sind „Weckruf“, „Geläuf“ („Beide Mannschaften schoben sich auf tiefem Geläuf den Ball zu“) und „Spiel auf Augenhöhe“. Sehr beliebt ist auch das Ausrufezeichen: „Volland setzte im regnerischen Nürnberg das erste Ausrufezeichen.“

So weit, so gut. Mancher Reporter fühlt sich jedoch bemüßigt, den Computer-Artikel mit ein paar Eigenmächtigkeiten zu garnieren, um ihm zu etwas Originalität zu verhelfen. Das gelingt nur selten: „Aufstiegsaspirant Hertha BSC bangt vor dem Spitzenspiel bei Energie Cottbus am Montag um Leistungsträger Ronny und damit um einen absoluten Leistungsträger.“

Ja, absolut, Ronny ist ein Leistungsträger, wie auch aus einem anderen Artikel hervorgeht: „Ronny schoss den Ball humorlos ins rechte untere Eck.“ Hätte er sich eine Pappnase aufsetzen und dem Torwart einen Witz erzählen sollen? Seine Mitspieler gingen unterdessen handwerklichen Tätigkeiten nach: „Berlin rührte mehr und mehr Beton an.“

Und wie schmeckt ein Gefühl? „Nach sieben Spielen ohne Niederlage musste der SC Paderborn zu Besuch beim TSV 1860 München wieder das Gefühl einer Niederlage schmecken“, schwurbelte der Kicker und lieferte gleich eine Begründung für den Münchner Sieg: „Immerhin hatten die Sechziger mehr investiert.“ Das schmeckt nach dem Gefühl der Bestechung. Die Paderborner hatten trotzdem das Gefühl, übervorteilt worden zu sein: „Gefühlt ist das zu wenig.“

Ein typischer Kicker-Satz lautet: „Sekunden später setzte Boland auf der Gegenseite eine erste Duftmarke, ehe es klingelte.“ Hat er gegen den Pfosten gepinkelt? Manchmal ist die Halbzeitpause offenbar zu kurz, so dass die Spieler nicht genügend Zeit für ihren Gourmet-Pausensnack haben: „Die zweite Halbzeit begann mit einem Leckerbissen von Diouf.“

Die Kicker-Schreiber sollten dem Computer das Verfassen der Artikel überlassen. Dann gäbe es auch keine „spärlich gesähten Torchancen“ mehr. Würde der Reporter in den Duden spähen, sähe er den Fehler.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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kari

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