piwik no script img

SCHÖNEFELDWowereit kam’s nur komisch vor

Der Regierende Bürgermeister sagt im Flughafen-Untersuchungsausschuss aus. Warum bis zuletzt keiner das Eröffnungs- und Kostenfiasko ahnte, weiß er nicht.

Klaus Wowereit (SPD) vor dem Flughafen-Untersuchungsausschuss. Bild: dpa

Klaus Wowereit als Publikumsmagnet: Bei der elften Sitzung des Flughafen-Untersuchungsausschusses war es anfangs voll wie seit dessen Auftakt im vergangenen Oktober nicht mehr. Alle der über 40 Zuschauersitzplätze in Raum 113 des Abgeordnetenhauses waren besetzt, einige Beobachter mussten die Zeugenaussage des Regierenden Bürgermeisters und Flughafen-Aufsichtsrats stehend verfolgen. Mehr Stühle durften nicht aufgestellt werden – aus Brandschutzgründen.

Ein Treppenwitz, denn eben die nicht funktionierende Brandschutzanlage im Terminal ist der Hauptgrund dafür, dass die Eröffnung des Flughafens BER weiter in den Sternen steht. Im Sommer wollen die Verantwortlichen einen neuen Termin nennen. Für die Verschiebungen und die bisher 1,2 Milliarden Euro Mehrkosten trage der Aufsichtsrat des Flughafens aber keine Schuld: Diese Auffassung vertrat Wowereit am Freitag erneut. „Wir haben ausgiebig kritisch nachgefragt“, sagte er. Von dem Grünen-Ausschussmitglied Andreas Otto nach seinen drei größten Fehlern im Aufsichtsrat gefragt, sagte Wowereit: „Das ist eine hypothetische Frage, dazu werden Sie von mir keine Einschätzung bekommen.“ Kritik übte er indirekt nur an anderen Aufsichtsratsmitgliedern – dafür, dass sie seit Mitte 2012 allerlei Flughafen-Interna in Medien platziert hätten.

Die kurzfristige Absage der für Anfang Juni 2012 geplanten Eröffnung sei für ihn „unvorstellbar“ gewesen, sagte Wowereit, da Geschäftsführung und beteiligte Firmen bis zuletzt beteuert hätten, dass alles klappen werde. Die von den Geschäftsführern vorgeschlagene „Mensch-Maschine-Lösung“ für den Brandschutz sei ihm „auch komisch vorgekommen“; dennoch gab er wie die Vertreter der anderen Anteilseigner Brandenburg und Bund sein Plazet und bewilligte Ende April 2012 knapp 15 Millionen Euro für letzte Beschleunigungsmaßnahmen. Der Flughafen sollte sechs Wochen vor seiner Eröffnung 700 Leute einstellen, ausbilden und sie schließlich den Alarm und die Öffnung von Brandschutztüren manuell ausführen lassen. Das Bauaufsichtsamt verweigerte seine Zustimmung. Selbst im Moment der Absage habe er das Ausmaß der Probleme noch nicht erahnt: „Ich habe mir am 8. Mai 2012 nicht vorstellen können, dass wir den Flughafen heute noch nicht eröffnet haben würden.“

Die Linken-Abgeordnete Jutta Matuschek konfrontierte Wowereit mit einem Gutachten der damaligen Projektsteuerer Drees & Sommer, die schon 2008 warnten, die Eröffnungs- und Kostenpläne seien illusorisch. Doch der Regierende warnte im Ausschuss davor, auf Aussagen gefeuerter Firmen viel zu geben. Drees & Sommer war später durch eine andere Firma ersetzt worden.

So verflog am Freitag auch Wowereits magnetische Wirkung: Nach vier Stunden verlor sich gerade noch ein halbes Dutzend Zuschauer im Saal.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • RB
    Rainer B.

    Wenn etwas gut ausgeht, ist die Suche nach den Verantwortlichen einfach. Bei Fehlplanungen war regelmäßig niemand in der Verantwortung. Es wird ja auch nur mit dem Geld der Steuerzahler rumgeeiert und nicht mit den eigenen Talern. Man hat sich allgemein daran gewöhnt, dass Großprojekte teurer werden als geplant. Bei der Elbphilharmonie in Hamburg wurde mittlerweile das Zehnfache der Planungssumme erreicht. Wozu eigentlich noch planen?

     

    Dabei bräuchte es nur zweier Maßnahmen, wie man dem entgegenwirken könnte:

     

    1.) Private Haftung der Planer und Entscheider zu gleichen Teilen.

    2.) Projekte, die die Planungssummen um 20% überzogen haben, müssen umgehend und zwingend verworfen werden und Punkt 1 greift.

     

    Hört sich hart an, aber der private Häuslebauer muss auch so wirtschaften. Während viele Privathaushalte längst auf dem Zahnfleisch gehen, kann man in den Kommunen doch nicht so tun, als gäbe es noch irgendwie Steuerkohle zu verprassen.