Hertha ganz oben: Arm, aber Spitzenreiter

Bei ihrem Comeback in die Erste Bundesliga fegt eine fulminante Hertha Eintracht Frankfurt 6:1 vom Platz. Ein großer Tag auch für unseren Autor.

So sehen Sieger aus: Trainer Jos Luhukay umarmt Linksverteidiger Johannes van den Bergh. Bild: dpa

„Spitzenreiter, Spitzenreiter, hey, hey, hey!“ Der Berliner ist eher schwer zu begeistern. Weder durch so fantastische Bauprojekte wie das Stadtschloss, noch durch die verlockende Aussicht, bald nur noch Semmeln statt Schrippen kaufen zu dürfen. Doch diesmal war alles anders.

Auch wir standen mit einer Träne im Knopfloch auf den Rängen des Olympiastadions und wussten nicht so richtig, ob das, was wir soeben miterleben durften, vielleicht ein wunderschöner Traum war und uns in wenigen Sekunden ein schriller Pfeifton aus dem Schlaf reißen würde.

Wunderschön gespielt

Aber nichts dergleichen, das einzige Pfeifen war der Schlusspfiff des Schiedsrichters, und nun war es ganz offiziell. Hertha BSC Berlin gewinnt 6:1 gegen Frankfurt, im ersten Ligaspiel der neuen Saison, vor einer beeindruckenden Kulisse. Und zwar nicht durch Eigentore oder Elfmeter, nein, durch wunderschön herausgespielte Tore, alle technisch anspruchsvoll und schön anzuschauen.

Begonnen hatte der Torreigen mit Adrian Ramos, der, genau wie Sami Allagui, gleich mal einen Doppelpack schnürte, wie man in den Siebzigern (als Hertha das letzte Mal so hoch gewann) zu sagen pflegte. Liga-Debütant und Verteidiger John Anthony Brooks erzielte zwischenzeitlich das 2:0, bevor Frankfurt mit einem Elfmeter noch mal Luft schnuppern durfte. Der ein oder andere Lattentreffer rundete das stimmige Gesamtbild ab: Da ist eine Mannschaft, die sich gefreut hat auf die Rückkehr ins Oberhaus.

Die neuen Spieler integrierten sich perfekt und gaben von Anfang an den Takt an. Der endlich vom ewigen Talent zum kommenden Weltfußballer gereifte Alexander Baumjohann, der überragende, arbeitswütige Hajime Hosogai – eine wahre Augenweide, den Wirbelwinden auf dem Rasen zuzusehen.

Wenn dann auch noch kurz vor Schluss das eingewechselte Lieblingsmoppelchen Ronny zum Endstand einnetzen darf, dann kann man schon mal übermütig werden. Vor allem beim Blick auf die Tabelle. Erster Platz. Vor Bayern München. Vor Borussia Dortmund. Berlin war quasi Meister, zumindest wenn die Saison nach dem ersten Spieltag beendet werden würde. Aber man weiß ja nie, vielleicht entscheidet morgen irgendwer, dass dies genau so geschehen soll.

Trainer Jos Luhukay gab sich standesgemäß diplomatisch, doch das interessierte niemanden so richtig. In dem ein oder anderen Hobbykeller wurde wahrscheinlich bereits an provisorischen Papp-Meisterschalen gebastelt, und die Polizei hatte eventuell schon den Ku’damm abgesperrt, wegen des Autokorsos.

Alle, die diesen Nachmittag miterleben durften, wussten nun mit absoluter Gewissheit: Diese Mannschaft kann jeden besiegen, ob Manchester United oder Barcelona, ab jetzt ist wieder mit der Macht an der Spree zu rechnen. „Hertha rockt die Bundesliga“, schnarrten die bräsigen ARD-Kommentatoren in die Mikrofone, die B.Z. bastelt bereits an der neuen Serie „Die Meisterhelden von 2013“.

Zumindest bis zum nächsten Spiel gegen Nürnberg. Sollte Hertha dort verlieren, kann man mit absoluter Sicherheit davon ausgehen, dass wir wieder in die Zweite Liga absteigen und die Fans toben werden.

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