HSV-Handballer scheitern gegen Kiel: „Gleich in die Fresse, volles Rohr!“

Nach dem Bundesliga-Fehlstart von Champions-League-Sieger HSV Handball ist die Attacke auf den ewigen Titelkonkurrenten THW Kiel gescheitert. Die Hamburger Medien werden schon wieder nervös.

Muss sich nicht mehr oft mit Filip Jicha quälen: Domagoj Duvnjak (r.) wechselt 2014 vom HSV zum THW. Bild: dpa

Richtig interessant wurde es am Ende der Pressekonferenz nach dem Bundesliga-Nordderby, das der HSV Handball gegen den THW Kiel mit 26:32 verloren hatte. Ein TV-Journalist wollte noch mal eben von HSV-Trainer Martin Schwalb wissen, ob die Niederlage gegen die Kieler für ihn bedrohlich sei, ob er sich Gedanken um seinen Job mache, ob er Rückendeckung von der Klubführung verspüre.

Nach zwei Niederlagen steht der Trainer infrage

Schwalb stutzte. Dann sagte er: „Es geht nicht darum, ob ich Rückendeckung spüre. Ich bin in der Hinsicht auch der falsche Ansprechpartner. Rückendeckung kann ich mir schließlich nicht selbst geben.“ Vor drei Monaten hätten sie die Champions League gewonnen. Jetzt nach zwei Niederlagen eine solche Frage zu stellen – das sei schon „unverschämt“. Andere Trainer dürften auch zwei Spiele nacheinander verlieren. „Das sollte bei mir doch nicht anders sein.“

Als sich THW-Trainer Alfred Gislason und Geschäftsführer Klaus Elwardt hinterher sichtlich erstaunt an Schwalb wandten, lächelte der gequält und sagte: „Wir sind hier in Hamburg, da gibt es gleich in die Fresse, volles Rohr!“ Die Lautstärke war so gewählt, dass nicht nur die beiden Kieler mitbekamen, wie sehr er diese Seite des Medienstandortes Hamburg verachtet.

Und in der Tat: Das Hamburger Abendblatt hatte schon nach dem 27:34-Ausrutscher beim Aufsteiger Bergischer HC die Drohkulisse für den Fall aufgebaut, dass der Selbstfindungsprozess des HSV-Teams im Spiel gegen Kiel nicht abgeschlossen wäre. Dann wäre es um den „ohnehin zerbrechlichen Betriebsfrieden“ geschehen, dann drohten „die Diskussionen um Schwalb wieder aufzuflammen“ – jenen Trainer, der dem Verein vor gut drei Monaten mit dem Champions-League-Sieg den größten Erfolg überhaupt beschert hatte. Und jetzt, nach der Rückkehr von einer strapaziösen Klub-WM in Doha und zwei Niederlagen in der Bundesliga, soll Schwalb ein Kandidat für eine Beurlaubung sein?

Die HSV-Bosse sind für radikales Handeln bekannt

Sein Problem ist, dass der HSV Handball nicht wie jeder andere Bundesligaklub geführt wird. Hier haben die Unternehmer-Brüder Andreas und Matthias Rudolph als Präsident und Hauptgesellschafter das Sagen. Wenn der Erfolg gefährdet erscheint, der Club sich gefühlt vom Ziel entfernt, dann ist radikales Handeln das Credo der beiden Macher. Einen potenziellen Nachfolger für Schwalb gibt es auch schon: Zum „einstigen Wunschtrainer“ Talant Duschebajew habe Matthias Rudolph den Kontakt „nie abreißen lassen“, orakelte das Abendblatt – und zufällig ist der kirgisischstämmige Spanier gerade wieder auf dem Markt.

Schwalb braucht nach dem verpatzten Saisonstart mit 0:4 Punkten, der im Hinblick auf den angestrebten Meistertitel eine schwere Hypothek ist, vor allem eines – Siege. Am besten gleich am Mittwoch gegen die HSG Wetzlar. Das größte Problem für ihn ist, dass sein Team in sich noch nicht stimmig ist, dass es mehr eine Gruppe von Stars ist denn eine echte Mannschaft. Der große Kader mit 19 Spielern birgt Konfliktpotenzial. Beim Spiel gegen Kiel war zu erleben, wie etwa HSV-Rechtsaußen Hans Lindberg mehrmals in Richtung seiner Mitspieler keifte.

„Wir müssen jetzt gegen die bösen Geister kämpfen“, sagte Schwalb. „Wenn man den Auftakt verliert, wird man ein bisschen hektisch, dann will man unbedingt etwas reißen, und darüber geht die Sicherheit verloren.“

Beim THW Kiel, der vier abgewanderte Leistungsträger ersetzen musste, sieht die Lage ganz anders aus. „Vor sechs Wochen war ich schon ein bisschen besorgt, dass wir so früh in Hamburg antreten müssen“, sagte THW-Rückraumspieler Filip Jicha. „Jetzt stehe ich hier mit einem Lachen und kann sagen, dass ich stolz auf die Mannschaft bin.“

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