Olympia-Fahrplan: Olympiabewerbung steht Kopf
Der Deutsche Olympische Sportbund denkt darüber nach, die Olympia-Entscheidung für Berlin oder Hamburg ins nächste Jahr zu verschieben.
Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Alfons Hörmann, will die nationale Vorauswahl zwischen Hamburg und Berlin vertagen: „Die richtige Entscheidung ist wichtiger als die schnelle“, sagte er in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Daher sei denkbar, dass der Verband am 6. Dezember entscheidet, „die weitere Entwicklung der Konzepte von Berlin und Hamburg“ abzuwarten.
„Ein zweites München darf uns nicht passieren“, betonte Hörmann. Der Deutsche Olympische Sportbund hatte im September 2013 entschieden, dass München sich für die Winterspiele 2022 bewerben solle. Bei den anschließenden Bürgerentscheiden in München und den anderen betroffenen Kommunen wurde die Bewerbung jedoch abgelehnt. Die Abstimmung fand fand erst vier Tage vor dem Bewerbungsschluss des Internationalen Olympischen Komitees statt. Es war daher zu spät für den DOSB, um einen anderen deutschen Standort in die internationale Auswahl schicken zu können. Um das zu verhindern, müsse man „gemeinsam mit den Städten besprechen, welches in dieser Frage die richtige Schrittfolge ist“, so Hörmann.
Hörmann nennt noch einen zweiten Grund für die Verschiebung: Das Internationale Olympische Komitee (IOC) entscheidet erst auf einer außerordentlichen Versammlung am 8. und 9. Dezember 2014 in Monte Carlo, ob und gegebenenfalls wie es sich reformieren möchte. Die Entscheidung zwischen Berlin und Hamburg solle dann „im ersten Halbjahr 2015“ auf einer Sondermitgliederversammlung des Sportbundes fallen, so Hörmann.
Senatssprecher Richard Meng sagte, es sei nichts dagegen einzuwenden, wenn der Olympische Sportbund erst noch auf die IOC-Entscheidung warten möchte. Bei einer darüber hinausgehenden Verschiebung sei allerdings immer die Frage, „ um welchen Zeitraum es geht. Geht es um Januar, oder um März, oder um wann?“ Im Prinzip sei die bisher geplante Reihenfolge aber ganz vernünftig, sagte Meng: Erst entscheidet der deutsche Verband zwischen Hamburg und Berlin, dann wird das Konzept gemeinsam von Stadt, Bund und Sport präzisiert, und am Ende gibt es ein Bürgervotum. Meng: „Unsere Haltung war bisher immer: Es macht keinen Sinn, zwei parallele Bürgervoten in Hamburg und Berlin zu machen, bevor der Deutsche Olympische Sportbund sich für eine der Städte entscheidet.“
Der Geschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz, Tilman Heuser, sagte: „Man merkt, das der Sportbund keinen Plan hat, wie er das ganze Verfahren zu Ende bringen soll. Jetzt parallel Volksentscheide in Berin und Hamburg zu machen, ist wirklich zu schräg.“ Das sei auch nicht im Sinne des Sports, argumentiert Heuser: Es sei nicht möglich, in Berlin bis Mitte des Jahres 2015 ein fundiertes Konzept mit Kostenplänen und Risikokalkulation auszuarbeiten, das es braucht, um einen Volksentscheid gewinnen zu können.
Auch die Grünen-Sportpolitikerin Anja Schillhaneck findet, Volksentscheide in Berlin und Hamburg vor einer Entscheidung des Sportbundes seien „keine besonders kluge Idee zum gegenwärtigen Zeitpunkt“.
„Ich hätte mir gewünscht, der DOSB hätte sich vorher verbindlich Gedanken zum Prozess gemacht und nicht zwischendurch“, meint der CDU-Sportpolitiker Tim Zeelen. „Es wäre die richtige Entscheidung gewesen, erst einmal aus den Fehlern der Münchener Olympiabewerbung zu lernen und die Lehren zu ziehen. Dann hätte man gemeinsam mit Berlin, Hamburg und dem deutschen Sport einen neuen Olympischen Geist erarbeiten können. Ohne Hektik und zeitlichen Druck.“ Er forderte, der DOSB müsse sich „frühzeitig in 2015 für eine Stadt entscheiden“.
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