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Archiv-Artikel

KONZEPT DER WOCHE Soziales Sponsoring

Neues Konzept für Schleswig-Holstein Musik Festival: Firmen stiften Karten für Benachteiligte

Lamentiert haben sie noch nie, die Macher des Schleswig-Holstein Musik Festivals. Dabei sind sie, die dem Flächenland allsommerlich ein erstklassiges Tourismus-Event bieten, ein zentraler Wirtschaftsfaktor. Zum Dank wurde der Erfinder und Intendant Rolf Beck, der dieses Jahr scheidet, allerdings eher gebeutelt als belobigt: Vor Jahren schon nahm ihm das Land 1,1 Millionen Rücklagen weg. 2011 kürzte man auch noch die Subventionen – von 1,7 auf 1,45 Millionen Euro.

Das fällt bei einem Gesamtetat von 8,8 Millionen schon ins Gewicht und bedeutet, dass sich das am 6. Juli startende Festival jetzt zu 85 Prozent selbst finanzieren muss. Das ist nicht leicht, denn die diesmal 118 Konzerte unter dem Motto „Bewegend Baltisch“ spielen vor allem auf dem Land – in abgelegenen Scheunen und Schlössern etwa –, was eine logistische Herausforderung ist.

Bislang funktioniert das alles, dank Karteneinnahmen, Mäzenen, Stiftungen und 130 Kultursponsoren. Aber der Intendant schaut voraus und hat deshalb eine Erweiterung des Sponsoren-Portfolios initiiert. „Soziales Sponsoring“ heißt das Zauberwort, und das Schöne daran: Auch Betriebe, die mit Kultur wenig am Hut haben, können sich beteiligen. Die Unternehmen wiederum können soziales Greenwashing betreiben – auch wenn die Festivalleute sagen, sie nähmen längst nicht jeden.

Die Idee ist pragmatisch: Aus Karten, die vier Wochen vor Konzertbeginn nicht verkauft sind, können Unternehmen Kontingente von 10 bis 20 Stück erwerben und ans Deutsche Rote Kreuz, die Evangelische Stiftung Alsterdorf oder die Diakonie Schleswig-Holstein weitergeben, mit denen das Festival Partnerschaften schloss. Diese Institutionen verteilen die Karten unter ihren Schützlingen, von denen sich viele sonst keinen Konzertbesuch erlauben könnten.

„Es ist ein Pilotprojekt“, sagt Beck; ob es funktioniere, müsse man sehen. Falls ja, gewinnt das Festival zusätzliche Karteneinnahmen für nicht so gut laufende Konzerte – auch wenn man sich intern gegen den Begriff „Ladenhüter“ wehrt. Aber große Konzerthallen können selbst bei renommierten Musikern schwer zu füllen sein. Außerdem beschert das Soziale Sponsoring dem Festival höhere Auslastungszahlen – die mit 88 Prozent allerdings jetzt schon gut sind.

Worum es bei dem Modell aber am wenigsten geht, sind diejenigen, denen die Karten zugute kommen. Hätte das Festival nämlich eine soziale Tat tun wollen, hätte es schwer verkäuflicher Karten umsonst gestiftet. Auch hätte man sich ganz ohne Sponsoren um Menschen aus unterprivilegierten Schichten bemühen können.

Aber Soziales Sponsoring ist eben kein humanitärer Akt, sondern ein Deal: Der eine gibt Geld, der andere Image. In diesem Fall das Image des treu sorgenden Unternehmers.  PETRA SCHELLEN