: Ganz tief im House
Die Mix-CDs der „Panorama Bar“-Serie stellen die, wenn man so möchte, weichere Seite des Clubs Berghain vor. Wer hier als DJ seine Auswahl präsentiert, legt den Schwerpunkt in der Regel weniger auf Techno als auf House. Es sind zugleich Porträts, die nicht nur in kondensierter Form die Arbeitsweise der Panorama Bar-Residents vorstellen, sondern auch auf knapp 80 Minuten Länge ein DJ-Profil mit persönlichen musikalischen Vorlieben zeichnen.
Bei der Niederländerin Steffie Doms alias Steffi, von der die aktuelle Ausgabe „Panorama Bar 05“ stammt, handelt es sich um eine Expertin für verfeinerten Deep House. Dezente Ansätze von Melodien, die sich unauffällig in kompakt geschnürte Rhythmus-Pakete einpassen, sind eines ihrer Markenzeichen. Wie sie schon vor zwei Jahren mit ihrem ebenfalls auf dem Berghain-eigenen Label Ostgut Ton erschienenen Debütalbum „Yours & Mine“ deutlich machte, versteht sie sich bestens auf warm produzierte, zurückgenommene Spielarten des House, die einen mit sanfter Gewalt auf die Tanzfläche ziehen. Eine leicht schwärmerische Note spielt oft auch in ihre Musik hinein.
Erwartungsgemäß beginnt ihr Mix mit behutsamen Akzenten und äußerstem rhythmischen Understatement. So dominieren in der ersten Hälfte reduziert-geradliniger Funk ohne scharfe Kanten und Soul-Rudimente ohne Gesang. In der Regel transportieren dabei die Melodien und Harmonien allerlei Emotionales wie Sehnsucht und Spiritualität, während die Programmierung der Drumcomputer für die gebotene Dringlichkeit sorgt.
Steffi bestückt ihre Plattenkoffer jedoch nie ausschließlich mit verträumtem House, sondern dreht während ihrer DJ-Sets gern mal auf. Und so wird es ab zweiten Hälfte der CD denn auch merklich wilder. Ausgerechnet von ihr selbst stammt sogar ein recht hart pumpender Track mit blubbernden Acid-Anteilen - das Stück wurde, wie der Beitrag ihres Landsmanns Dexter, extra für den Mix produziert und erscheint separat auf Steffis eigenen Label Dolly.
Streng genommen kann man die Spannungskurven der Dynamik eines stundenlangen DJ-Sets nicht in einem überschaubaren CD-Mix eins zu eins nachvollziehen. Doch Steffi gelingt es wie selbstverständlich, ihre Übergänge vom allmählichen Aufwärmen bis zum ernsthaften Ausrasten so diskret zu meistern, dass die Begeisterung selbst im Zeitraffer noch aufkommt und man sich irgendwann wundern mag, wie die eigenen Beine plötzlich in Bewegung geraten sind.
TIM CASPAR BOEHME
■ Steffi: „Panorama Bar 05“ (Ostgut Ton/Kompakt)