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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

„Mieten runter“

■ betr.: „Schwabenhass ist ein Phantom“, taz.de vom 6. 5. 13

Personalisierende Gentrifizierungskritik an Schwaben, Touristen, Hipstern oder Veganern wird nicht nur niemals in der Lage sein, etwas an der Wohnmisere zu ändern, sie ist sogar Teil des Problems, da sie die völlig verschwurbelten Denkmuster in die Welt setzt, die es dem Kapital erlauben, unentdeckt und unerkannt weiterhin die Städte der Welt nach Belieben umzubauen. Schön wäre es, wenn jedeR GentrifizierungskritikerIn „Mieten runter“ schreien würde (noch besser, sie würden die Selbstaufhebung von Immobilienkapital und staatlicher Wohnungspolitik fordern und die Vergesellschaftung des Wohnens selbst in die Hand nehmen). Doch leider speist sich das vulgäre Antigentrifizierungsbewusstsein aus genau den eben genannten Ressentiments. BAJRAMAJ, taz.de

Empathie reicht

■ betr.: „Schwabenhass ist ein Phantom“, taz.de vom 6. 5. 13

Manchmal reicht auch einfach etwas Empathie. Einfach mal vorstellen, man wäre Schwabe. Das ist keine Rocket-Science, sondern eine soziale Grundkompetenz. TIM LEUTHER, taz.de

Wer süddeutsch klingt

■ betr.: „Schwabenhass ist ein Phantom“, taz.de vom 6. 5. 13

Liebe Berliner Schwaben, ich kenne viele von euch gut und viele von euch mag ich auch, deswegen solltet ihr verstehen, dass „Schwabe“ nur eine anscheinend Amok gelaufene Metapher ist. Wo die Verdränger herkommen, ist völlig egal, es geht um ihr antisoziales Wirken (was nicht notgedrungen antisoziales Wollen impliziert, ein bourgeoiser Habitus reicht schon aus). Zudem beschäftigen sich die meisten Berliner, die ich kenne, zwar mit allerlei Schrott, aber das Studium von Mundarten gehört nicht dazu: Wer süddeutsch klingt, spießbürgerlich handelt und sich dabei pseudoliberal beziehungsweise progressiv gibt, ist halt Schwabe, auch wenn eigentlich aus Hessen, Bayern, Rheinland-Pfalz oder dem Saarland stammend. Von Berlin aus betrachtet ist das ohnehin alles eine Suppe. STEFAN, taz.de

Gebaut wird doch

■ betr.: „Protest macht ersten Spatenstich“, taz.de vom 5. 5. 13

So läuft das in der Demokratie: Zunächst mal wird ein wenig palavert. Dann wird freiheitlich-demokratisch protestiert. Und dann wird selbst noch das unsinnigste Projekt gebaut. Auf die prognostizierte Verkehrsentlastung irgendwelcher Straßen oder Wohngebiete brauchen wir nicht zu hoffen. Es wird mehr Verkehr geben. Nur leider nicht vor den Haustüren und Fenstern der Regierenden. PAUL, taz.de

■ betr.: „Jusos gegen Sprayer“, taz.de v. 5. 5. 13

„Steht Berlins SPD vor dem nächsten Linksruck?“ Dass ich nicht lache, die SPD links? Die SPD vertritt dieselben politischen Ansichten wie die CDU. Sie „sagt“ nur manchmal Dinge, die nach „links“ klingen, damit ihre ehemalige Wählerklientel nicht gänzlich abdankt. Aber ich bin den Jusos für ihren Vorstoß dankbar. Die Jusos entgegen den Realpolitikern haben sich als einige wenige etwas vom SPD-Erbe erhalten. HANS, taz.de

Sie sind gescheitert

■ betr.: „Die Pannenserie geht weiter“, taz. de vom 8. 5. 13

Es ist schon sehr störend, dass im Zusammenhang mit den Sicherheitsbehörden in Sachen NSU immer wieder das Wort „Pannen“ auftaucht. Eine Panne ist „ein durch gedankenloses oder unvorsichtiges Handeln verursachtes Missgeschick (Duden)“. Waren Polizei und Verfassungsschutz gedankenlos oder unvorsichtig?

Das Wort „Versagen“ ist hier wesentlich angebrachter. Die Polizei, die Justiz, der Verfassungsschutz und die Innenpolitiker haben versagt. Sie haben das in einer demokratischen Gesellschaft von ihnen Erwartete nicht erfüllt, sie haben nicht funktioniert, sie sind gescheitert. Es stellt sich die Frage: Waren sie unfähig, Zusammenhänge zu erkennen, oder haben sie aus Prinzip oder aus Räson die Zusammenhänge nicht erkannt, nicht erkennen wollen, nicht erkennen dürfen?

PEDRO VAL, taz.de

Als Sündenbock benutzt

■ betr.: „Schwabenhass ist ein Phantom“, taz vom 6. 5. 13

Wer ein Problem mit Gentrifizierung hat, sollte eben genau das sagen und nicht Schwaben raus/Kauft nicht bei Schwaben/… Die meisten Gentrifizierer sind nämlich gar keine Schwaben, und viele Schwaben in Berlin keine Gentrifizierer. Wer aber, statt Gentrifizierung anzuprangern, eine Zuwanderergruppe als Sündenbock benutzt und dann, statt Gentrifizierung zu kritisieren, auf diese vermeintlich schuldige Bevölkerungsgruppe schimpft, diskreditiert sich nur selber.

MARCO MEINT …, taz.de

Keine gute Entwicklung

■betr.: „Schwabenhass ist ein Phantom“, taz.de vom 6. 5. 13

Als Schwaben werden wir Berlin besuchen kommen (und wieder gehen, da wir die Kehrwoche erledigen müssen), wenn wir das Pokalfinale bestreiten. Denn wir können alles – außer Fußball. Im Ernst: Geht diese Diskussion auch eine Nummer kleiner? Wer glaubt, dass das komplexe Thema Gentrifizierung mit einigen Schlagwörtern („wir“, „die“ etc.) hinreichend behandelt wird, irrt. Übrigens haben wir (horribile dictu) in Stuttgart gleichfalls eine Gentrifizierungsthematik. An dieser Thematik zeigt sich ein Auseinanderdriften der Gesellschaft, bei der der Geldbeutel den Wohnort maßgeblich mitbestimmt. Für die Gesellschaft insgesamt ist das eher keine gute Entwicklung. JDI, taz.de

Eine kleine Chance

■ betr.: „Die Kettensäge lauert schon“, taz vom 10.5. 13

Insgesamt ist es ernüchternd, dass das größte und längste Konfliktschlichtungsverfahren Deutschlands offensichtlich keinerlei Bewusstseinswandel bei den beteiligten offiziellen Akteuren bewirkt hat.

Das Ziel der engagierten BürgerInnen war es stets, eine rechtzeitige, transparente Informationspolitik der offiziellen Stellen zu erreichen sowie eine echte, verbindliche Mitbestimmung der BürgerInnen darüber, was am Landwehrkanal bautechnisch passiert. Im Zusammenhang mit den Wasserbetrieben hat dies wieder einmal nicht funktioniert.

Der nun von uns AnwohnerInnen nach langer Diskussion in der Regenbogenfabrik erreichte Fällstopp bis zum 22. Mai lässt eine kleine Chance, die Bauplanungen der Wasserbetriebe offiziell fachlich zu überprüfen. Bei einer rechtzeitigen transparenten Informationspolitik und Beteiligung der AnwohnerInnen wäre dies viel früher möglich gewesen.

Die Beteiligung der BürgerInnen an der Ausarbeitung der von der Bundesbehörde Wasserschifffahrtsamt geleiteten Sanierungsplanung für den maroden Landwehrkanal hat 113 Millionen Euro Steuergelder eingespart. Das wissen auch die Wasserbetriebe. Auch deshalb hätten sie die BürgerInnen verbindlich und rechtzeitig an ihrer Planung für das Auslaufbauwerk und die Mischwasserkanal-Erneuerung beteiligen sollen. Es kann nicht sein, dass man am Landwehrkanal in Bezug auf ökologische Bauweisen und eine verbindliche BürgerInnenbeteiligung immer wieder bei null anfängt. ANUSCHKA GUTTZEIT,

Mitbegründerin BI „Bäume am Landwehrkanal“, Berlin