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Archiv-Artikel

Wer Wind sät ...

HASSOBJEKTE Die Windmühle erscheint von heute aus gesehen in einem romantischen Licht. Dabei standen ihre Betreiber lange in einem schlechten Ruf. Nicht viel besser ergeht es den heutigen Windkraftanlagen, die im Zuge der Energiewende mehr und größer werden. Ein Schwerpunkt zum Deutschen Mühlentag am Pfingstmontag

VON SVEN-MICHAEL VEIT

Deutschlands ältester Windpark steht ganz unten links in Schleswig-Holstein, im Kaiser-Wilhelm-Koog. Seit dem 24. August 1987 erzeugten dort 30 Windanlagen mit einer Gesamtleistung von einem Megawatt Strom. Heute produzieren dort, nur wenige Kilometer vor der Atomruine in Brunsbüttel, fünf Anlagen mit 7,5 Megawatt Leistung übers Jahr 19 Millionen Kilowattstunden emissionsfreien Windstrom. Das reicht für 5.500 Einfamilienhäuser und ist weit mehr, als der Reaktor Brunsbüttel leisten konnte – wenn der Pannenmeiler denn überhaupt mal am Netz war. Die Region nördlich der Elbmündung ist vom Winde verwöhnt, und sie ist die Keimzelle der Energiewende.

Und die hat nicht nur Freunde auf dem Lande, vor allem nicht vor der eigenen Haustür. Den Schattenwurf der bis zu 150 Meter hohen Anlagen fürchten viele Anrainer, Beschwerden über laute Drehgeräusche der Rotoren häufen sich, die Wertminderung ihres Eigenheims beklagen viele, in manchen Ortschaften gibt es Konflikte zwischen alteingesessenen Landeigentümern, die auf ihren Äckern Wind ernten wollen, und den anderen, die natürlich für die Energiewende sind, aber aus dem Wohnzimmerfenster nicht auf einen Windpark blicken wollen.

Allein in Schleswig-Holstein gab es im vorigen Jahr in 60 Gemeinden Bürgerentscheide gegen die Ausweisung von Windenergiegebieten, 46 Mal waren sie erfolgreich, in 35 weiteren Fällen stimmten Gemeinderäte gegen neue Flächen. „Die Umsetzung kann nur mit breiter Zustimmung der Bevölkerung funktionieren“, räumt der grüne Energieminister Robert Habeck ein. Dennoch sieht er genügend Platz für den Ausbau: Auf 1,7 Prozent der Landesfläche sollen sich Rotoren drehen dürfen, das ist doppelt so viel wie bisher, aber rund 98 Prozent Schleswig-Holsteins bleiben unversehrt. Von einer „Verspargelung“ der Halbinsel zwischen den Meeren könne mithin keine Rede sein.

Zwar kommt der Offshore-Windkraft die entscheidende Rolle bei der Energiewende zu, weil die Riesen-Rotoren auf hoher See weitaus höhere Produktionsmengen ermöglichen als Onshore-Anlagen. Aber dafür sind die Kosten immens höher, die technischen Herausforderungen immer noch unkalkulierbar, die Einflüsse von Wetter, Wellen und eben Wind auf die Anlagen noch ungeklärt. Von der Planung bis zum Netzanschluss vergehen nicht selten zehn Jahre, entsprechend hoch sind die Kapitalkosten. Eine halbe Milliarde Euro wurde für den ersten deutschen Windpark, Alpha Ventus vor der ostfriesischen Insel Borkum, an Bau- und Betriebskosten veranschlagt, fast eine ganze Milliarde für den Windpark Nordsee Ost bei Helgoland. Die neuesten Windräder an Land kosten zwölf bis 15 Millionen Euro.

Deshalb werden an Land immer größere und effektivere Anlagen errichtet werden. Gleichzeitig muss die Regelung abgeschafft werden, die Offshore-Windparks nur weit vor den Küsten in 40 oder gar 60 Meter tiefem Wasser erlaubt und damit die Kosten gewaltig in die Höhe treibt. Briten und Dänen bauen ganz selbstverständlich Windparks in unmittelbarer Küstennähe. Wer mit der Fähre über den Fehmarnbelt nach Rødby fährt, sieht gleich neben der Hafeneinfahrt einen Windpark in der Ostsee stehen. Und Urlauber, die mit dem Auto auf den Strandparkplatz fahren, haben eh kein Recht, sich über den Anblick von Windmühlen zu beschweren.

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