: Beifall für Chávez, Castro und Morales
Der Einfluss des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez ist beim lateinamerikanischen Weltsozialforum in Caracas nicht zu übersehen. Rund 77.000 Menschen nehmen am Forum teil. Bei der Auftaktkundgebung wurden vor allem die USA kritisiert
AUS CARACAS WOLF-DIETER VOGEL
Zum Auftakt des amerikanischen Teils des 6. Weltsozialforums (WSF) haben am Dienstag mehrere zehntausend Globalisierungskritiker in der venezolanischen Hauptstadt Caracas demonstriert. Im Vordergrund der Demonstration stand der Kampf „gegen Imperialismus und Krieg“, und auf entsprechend vielen Transparenten sprachen sich die Teilnehmenden für die „lateinamerikanische Einheit“ und gegen den US-Krieg im Irak und die Politik Washingtons auf dem Kontinent aus. Zahlreiche Redner und Rednerinnen der abschließenden Kundgebung erklärten unter großem Beifall ihre Solidarität mit der kubanischen Revolution, dem venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez und dem frisch gewählten bolivianischen Staatschef Evo Morales.
Nach Angaben der Veranstalter hatten sich bis zum Dienstagabend rund 77.000 Gewerkschafter, Bauernvertreter, Indígenas und Aktivisten aus sozialen Bewegungen für die Teilnahme am WSF eingeschrieben. Neben vielen Anhängern der „Bolivarischen Revolution“ Venezuelas nehmen vor allem Aktivisten aus den Nachbarländern Kolumbien und Brasilien an den rund 2.000 Veranstaltungen teil, die gestern begannen. Kleinere Delegationen stellen Länder wie Mexiko, Argentinien, Chile oder auch die USA. Zu den zentralen Themen zählen „Kämpfe für die Emanzipation“, „imperiale Strategien“, „Diversität“ oder „Kommunikation, Kulturen und Bildung“.
Das gesamte Ereignis wird ausführlich von den von der venezolanischen Regierung geförderten alternativen Radios begleitet. Der neue lateinamerikanische Fernsehsender Telesur, der im Wesentlichen mit der Unterstützung von Chávez aufgebaut wurde, widmet dem WSF ein Dauerprogramm.
Kritiker hatten vorab befürchtet, dass Chávez das WSF zur eigenen Profilierung missbraucht, und hatten die Unabhängigkeit des Treffens in Frage gestellt. Tatsächlich ist der Einfluss des venezolanischen Staatschefs in diesen Tagen kaum zu übersehen: bereits seit Montag reihen sich in der zentral gelegenen „Avenida Bolivar“ über einen Kilometer hinweg Stände aneinander, die über die Erfolge des Umwelt- und Wirtschaftsministeriums sowie anderer Ministerien informieren. Dazwischen stehen unzählige Händler, die T-Shirts oder Bilder mit dem Konterfei des Präsidenten anbieten. Blöcke von Jugendlichen in roten Hemden und mit roten Mützen – dem Zeichen der Bolivarischen Revolution – fordern etwa „100.000 Stimmen für Chávez“. Am Sonntag waren etwa 10.000 Gegner des Staatschefs am selben Ort auf die Straße gegangen.
Dennoch weist der „Internationale Rat“ des WSF den Vorwurf der Vereinnahmung zurück. „Eine Politisierung des 6. Weltsozialforums ist uns willkommen“, erklärte Emilio Tuddei von diesem höchsten WSF-Gremium am Dienstag. Chávez sei aber lediglich als Redner eingeladen, und das widerspreche nicht den Prinzipien des Forums. Der Venezolaner soll am Freitag in einem Stadion in Caracas sprechen.