: Hertha sucht weibliche Unterstützung
FRAUENFUSSBALL Hertha BSC kooperiert mit der weiblichen Abteilung des 1. FC Lübars. Langfristiges Ziel ist der Aufstieg in die erste Liga
Es gibt in diesen Tagen tatsächlich noch Herthaner, die Grund zum Jubeln haben. Genau genommen sind es Herthanerinnen. Oder doch nicht? So richtig geklärt ist die Identität der Frauen des Regionalligisten 1. FC Lübars nämlich nicht. Seit einem Jahr kooperieren die Nordberliner mit Hertha BSC und gelten auf der Hertha-Homepage als Frauenteam der alten Dame. Die gesamte weibliche Abteilung des 1. FC Lübars bis runter zur C-Jugend wurde mit Hertha-Outfits ausgestattet. Hinten auf dem Trikot steht aber noch 1. FC Lübars. „Es ist schwierig zu sagen: Am besten wäre wohl Lübertha. Aber mit Hertha können wir uns voll identifizieren“, sagt Spielführerin Anna Kunert. Wo Lübars draufsteht, wird Hertha gefühlt.
Die Kooperation wurde zunächst auf drei Jahre angesetzt. Hertha hilft vor allem mit Know-how, Sachleistungen und bei der Sponsorensuche. „Es sind oftmals nur Kleinigkeiten, aber die bringen uns vorwärts“, so Ressortleiter und Trainer Jens Kohnke. So konnte man in den verschneiten Wintermonaten einen beheizten Kunstrasenplatz benutzen – im Frauenfußball echter Luxus. „Es ist nicht so, dass sie mal kurz das große Portemonnaie aufgemacht haben“, sagt Kohnke. „Aber der Name öffnet natürlich Türen. Da wird man gleich ganz anders behandelt.“
Derzeit stehen sie auf dem zweiten Platz. Nach dem 1:1 (1:0)-Unentschieden am Sonntag beim drittplatzierten Lichterfelder FC ist der Aufstieg fest im Visier. Denn das ist das Ziel: die zweite Bundesliga. Das will man spätestens bis 2011, pünktlich zur Weltmeisterschaft im eigenen Land, geschafft haben. Am Anfang dachte Jens Kohnke, die Hertha-Verantwortlichen wollten das Frauenteam nur als Prestigeobjekt zur WM. Die Angst war groß, nach ein paar Monaten wieder fallen gelassen zu werden. Jetzt freut er sich über eine fruchtbare Zusammenarbeit. „Da kommt auch viel Initiative von Hertha“, frohlockt er.
Die Kooperation soll deshalb auch über die drei Jahre hinausgehen. Dann könnte die gesamte Frauenabteilung bei Hertha BSC eingegliedert werden – und auf den Trikots Hertha BSC draufstehen. „Wenn wir das schon machen, dann auch ganz“, wünscht sich Kunert. Langfristig ist dann auch die erste Liga das Ziel.
Die Berliner würden damit voll im Trend liegen. Bayern München, der Hamburger SV und der SC Freiburg haben schon ihr Frauenteam in der ersten Liga. Werder Bremen und Köln sind auch ambitioniert. Tatsächlich meint es Hertha wirklich ernst. Auch der eine oder andere Spieler soll schon in Lübars gesichtet worden sein. In der Saisonvorbereitung gab es sogar einen gemeinsamen Kinobesuch beider Teams. „Das macht einen schon ein wenig stolz und ist eine große Motivation“, freut sich Anna Kunert.
Plötzlich ist der Regionalligist wer. Da bleibt der Neid anderer Berliner Vereine nicht aus. „Am Anfang musste man sich schon den einen oder anderen gehässigen Spruch anhören“, erzählt Kunert. Das ist allen Beteiligten aber egal. Für Jens Kohnke geht es auch darum, einen starken Berliner Frauenverein zu schaffen. „Es gibt zu viele Vereine in der Breite. Da kocht jeder seine eigene Suppe“, sagt er. Mit TeBe gibt es zwar derzeit einen Erstligisten in der Stadt, aber die strampeln gegen den Abstieg, und die Zukunft bei dem von der Insolvenz bedrohten Hauptverein ist zudem unsicher. „Berlin braucht aber wie bei den Männern einen Erstligisten“, fordert Kohnke. Nur so können Talente gefördert und in der Stadt gehalten werden. Am liebsten würde er das als Hertha BSC tun.
Zunächst soll aber die zweite Liga erreicht werden. Wenn das gelingt, könnten sich Männer und Frauen schon viel früher als erwartet auf Augenhöhe begegnen. Wenn Lübars auf- und Hertha absteigt, finden sich beide plötzlich in der gleichen Ligaklasse wieder. So wollen die Lübarser das aber eigentlich nicht. „Ein Abstieg wäre sehr sehr traurig. Wir sind ja auch Fans“, gesteht Anna Kunert. Hier sind sie schon ganz Hertha BSC. NIKOLAS SOWA