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Archiv-Artikel

Caracas wartet auf Edward Snowden

VENEZUELA/USA NSA-Enthüller Snowden hat das Asylangebot Venezuelas angenommen. Dessen Regierung heißt ihn willkommen – aber wie soll der von den USA gesuchte Whistleblower dort hingelangen?

BUENOS AIRES taz | Der US-Spionage-Enthüller Edward Snowden hat das Asylangebot aus Venezuela angenommen. Das teilte ein dem Kreml nahestehender russischer Abgeordneter am Dienstag über Twitter mit. Venezuelas Präsident Nicolás Maduro hatte am Montagabend bestätigt, dass ihm ein Asylantrag Snowdens vorliege. „Wir haben den Brief mit dem Asylantrag erhalten. Er muss jetzt entscheiden, wann er fliegt, sollte er letztlich hierher wollen“, sagte Maduro im Präsidentenpalast in Caracas.

Die Bereitschaft, den 30-Jährigen in Venezuela aufzunehmen, hatte Maduro in den vergangenen Tagen bereits mehrfach erklärt. Besonders nachdrücklich wurde das Angebot nach dem unfreiwilligen Wien-Aufenthalt des bolivianischen Präsidenten Evo Morales. Dort saß Morales vor einer Woche, aus Moskau kommend, 13 Stunden fest, da ihm mehrere europäische Länder das Überflugrecht für seine Präsidentenmaschine verweigerten. Angeblich sollte sich Snowden heimlich an Bord befunden haben.

Der Vorfall löste in Lateinamerika einen Sturm der Entrüstung aus. „Wir haben diesem jungen Mann gesagt: ‚Sie werden vom Imperialismus verfolgt, kommen Sie her‘“, so Maduro am Montag und fügte hinzu, dass er sich über einen Anruf Snowdens freuen würde.

Der sitzt offenbar noch immer im Transitbereich eines Moskauer Flughafens. Dort war er am 23. Juni, aus Hongkong kommend, gelandet. Spekuliert wird nun darüber, ob Snowden zunächst in die venezolanische Botschaft in Moskau übersiedelt, um ähnlich wie der Wikileaks-Gründer Julian Assange in der ecuadorianischen Botschaft in London im Asyl zu sitzen. Oder ob er mit einen Flugzeug über Kuba tatsächlich nach Venezuela reist. Kubas Präsident Raúl Castro hatte am Sonntag die Asylangebote von Kubas lateinamerikanischen Verbündeten unterstützt. Es sei ihr Recht, jenen Asyl anzubieten, „die für ihre Ideale oder ihren Kampf um Demokratie verfolgt werden“, sagte Castro vor der Nationalversammlung.

Beide Varianten wären mit einem von den Behörden in Caracas ausgestellten vorläufigen Reisedokument möglich. Damit wäre die russische Migrationsbehörde aus dem Schneider, denn Snowdens Reisepass war von den US-Behörden für ungültig erklärt worden. Offen bleibt die Frage, welche Route das Flugzeug nehmen müsste. Mit der offensichtlich von den USA erzwungenen Zwischenlandung des bolivianischen Präsidenten in Wien hat die US-Regierung deutlich gemacht, dass sie jede Maschine auf den Boden holt, die auch nur im Verdacht steht, Snowden an Bord zu haben. JÜRGEN VOGT