Die nicht mit Frauen rechnen

Wachsende Partei mit Konfliktpotenzial: Hamburgs CDU wählt ihren Vorsitzenden Dirk Fischer auf dem Landesparteitag wieder und korrigiert das Wahlergebnis nach oben. Die Frauen-Quote wird bei den Vorstandswahlen dafür trickreich ausgehebelt

Von Sven-Michael Veit

Mit der Mathematik hat es Hamburgs CDU nicht so. Und mit den Frauen erst recht nicht. Mit einem geschönten Wahlergebnis für Parteichef Dirk Fischer und einem phantasievollen Unterlaufen der Frauen-Quote wartete der Landesparteitag der Union am Sonnabend im Curio-Haus auf. Gestört hat sich daran niemand der Delegierten.

Mit 82 Prozent der Stimmen wurde Fischer für weitere zwei Jahre im Amt bestätigt, lautet die offizielle Interpretation. Die allerdings kommt nur zu Stande, wenn entgegen üblicher Berechnungsweisen die Enthaltungen unter den Tisch gekehrt werden. Diese würden „wie Nichtwähler“ betrachtet, so die Begründung. 193 von 249 Stimmen erhielt Fischer, bei 42 Nein-Stimmen und 14 Enthaltungen macht das tatsächlich 77,5 Prozent Zustimmung. Für eine erneute, seine achte Amtszeit als Chef der Hanse-Union langt das dem 62-jährigen Bundestagsabgeordneten aber allemal.

Seine vier StellvertreterInnen wurden ebenfalls sämtlich wieder gewählt: die Bundestagsabgeordneten Antje Blumenthal (185 Stimmen) und Jürgen Klimke (149) sowie die SenatorInnen Michael Freytag (206) und mit dem besten Ergebnis von 220 Ja-Voten Birgit Schnieber-Jastram.

Die zweite Peinlichkeit leistete sich die Partei, die in Hamburg regiert, bei der Wahl der 20 BeisitzerInnen im Landesvorstand. 20 waren von den Kreisverbänden und Parteigliederungen vorgeschlagen worden, darunter nur zwei Frauen. Die Satzung aber sieht eine Frauen-Quote von einem Drittel der Posten vor. „Würden wir jetzt wählen, wäre das rechtswidrig“, verkündete der Sitzungsleiter und Bürgerschaftsabgeordnete Hartmut Engels. Seine Lösung: „Wir lassen den ersten Wahlgang ausfallen und kommen gleich zum zweiten“, in dem das Quorum nicht mehr eingehalten werden muss. Niemand widersprach, und so wurde die Liste beschlossen.

Zuvor hatte Fischer in seiner Rede den „historischen Wahlsieg von Ole von Beust“ vor zwei Jahren in Erinnerung gerufen und „das gute politische Miteinander“ zwischen Parteiführung und Senat gewürdigt. Besonders erfreulich sei zudem, so Fischer, dass die Union „eine wachsende Partei in einer wachsenden Stadt“ sei. Binnen zwei Jahren hat Hamburgs CDU ihre Mitgliederzahl um rund zehn Prozent auf fast 11.000 gesteigert, der „seit Jahren größte Zuwachs“.

Dass es dabei im Dezember vorigen Jahres zu dubiosen Mitgliederwerbungen und Masseneintritten in mehreren Ortsverbänden gekommen war, sprach er nur am Rande an. Die Union habe „einiges geboten, worauf ich persönlich hätte verzichten können“. In einer „lebendigen Partei“ aber seien „Belastungen“ und „Konfliktpotenzial“ nicht immer zu vermeiden. Er selbst hätte sich jedoch gewünscht, sich „weniger dem Konflikt-Management, sondern mehr der politischen Sacharbeit“ widmen zu können.

Es sei „ärgerlich“, befand Fischer, „wenn in der Presse ein negatives Zerrbild entsteht, das auch für die hervorragende Arbeit unseres Bürgermeisters und des Senats nicht gerade förderlich ist“. Aber in dieser Partei könne man wohl, so Fischer, „nicht völlig geräuschlos arbeiten“.