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Archiv-Artikel

Fußball-Hype im Zweistromland

Hamburgs S-Bahn will bei der WM glänzen: Schnellere Zugfolge, Mobilfunk im Tunnel, mehr Service und Ansagen auf Englisch. Zwei Millionen zusätzliche Fahrgäste erwartet. Im Frühjahr beginnt der Streckenbau ins niedersächsische Stade

von GERNOT KNÖDLER

Die S-Bahn will die Fußball-Weltmeisterschaft nutzen, sich im besten Licht zu zeigen. Das Tochterunternehmen der Deutschen Bahn schürt deshalb den WM-Hype: Seit heute läuft auf den Zugziel-Anzeigen ein Countdown mit den Tagen bis zum Fußballfest. Außerdem mobilisiert die S-Bahn ihre Kräfte. In elf Tunnelbahnhöfen sollen die Kunden vom kommenden Monat an mit dem Handy telefonieren können. Während der WM setzt die S-Bahn mehr Service-Personal und zusätzliche Züge ein. Sie kann dabei bereits die neuen Zweistrom-Fahrzeuge nutzen, die ab Ende 2007 nach Stade durchfahren sollen. „Wir liegen hier voll im Zeitplan“, versicherte gestern S-Bahn-Geschäftsführer Jürgen Fenske. Das gelte auch für die Flughafen-S-Bahn, die 2008 starten soll.

Telefoniert werden kann künftig zwischen Altona und Hauptbahnhof, sowie in Harburg. Zusammen mit den Mobilfunkanbietern ließ die S-Bahn 16,5 Kilometer Kabel verlegen, die die Handy-Signale aufnehmen und weiterleiten. Sie sind bereits auf den künftigen Mobilfunk-Standard UMTS hin ausgelegt.

Um die Linien A 1, S 21 und S 3 besser aneinander anschließen zu können, werden die Gleise des Bahnhofs Eidelstedt umgebaut. Zwischen Freitag, dem 24. März, 23 Uhr, und dem darauf folgenden Montag, sechs Uhr, fahren deshalb keine Züge zwischen Eidelstedt und Elbgaustraße. Busse schließen die Lücke.

Für die Zeit der WM – vom 9. Juni bis zum 9. Juli – erwartet das Verkehrsunternehmen zwei Millionen zusätzliche Fahrgäste, die entweder zu den Spielen im Volksparkstadion oder den Großbildleinwänden transportiert werden wollen. Auf den Linien S 1, S 21, S 3 und S 31 werden daher bis zum Betriebsschluss Vollzüge verkehren. Länger fahren die Bahnen, wenn im Stadion gespielt und – am 14. Juni – Deutschland gegen Polen auf dem Heiligengeistfeld gezeigt wird.

Den Verkehr zum Stadion-Bahnhof Stellingen will die S-Bahn auf einen drei Minuten-Takt verdichten, den Takt an der Station Othmarschen auf fünf Minuten. Auf diese Weise können pro Stunde 30.000 Menschen zum Stadion und wieder davon wegtransportiert werden. 350 S-Bahnmitarbeiter sollen Fremden, zum Teil in Englisch, den Wegzuweisen. In den Bahnen wird es zumindest an wichtigen Haltestellen englische Ansagen und Anzeigen geben.

Die WM dürfte der S-Bahn im laufenden Jahr eine Sonderkonjunktur bescheren. Im vergangenen Jahr hat das Unternehmen von der Einführung der Nacht-Durchfahrten der Schnellbahnen an Wochenenden profitiert. Die Zahl der Fahrgäste stieg gegenüber 2004 um ein Prozent auf 176,3 Millionen Kunden. Ein Teil des Zuwachses sei wohl auch auf die gestiegenen Benzinpreise zurückzuführen, spekulierte S-Bahn-Chef Fenske. Die Zahl der Kilometer, die seine Bahnen fuhren, ist um zwei Prozent gewachsen.

Nach 20,6 Millionen Euro im vergangenen Jahr will die S-Bahn 2006 rund 13,2 Millionen Euro investieren. Ein großer Teil davon kommt von den Ländern Hamburg und Niedersachsen: Diese finanzieren die Zweistromfahrzeuge, die im Verkehr zwischen Hamburg und Stade von Gleich- auf Wechselstrom umschalten können. Zur Weltmeisterschaft sollen einige dieser Fahrzeuge ganz normal im Hamburger Gleichstromnetz fahren. Erste Probefahrten im Wechselstromnetz außerhalb der Stadt sind in diesem Sommer geplant. Der Bau der neuen Strecke von Neugraben nach Stade beginnt im Frühjahr.