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Archiv-Artikel

CHRISTIAN BUSSDER WOCHENENDKRIMI Anbändeln und Abwedeln

Wo ihr geheimes Treffen stattfinden könnte? „In der Schweiz“, sagt Verbindungsmann Uwe Kohnau seinem Undercoverermittler Cenk Batu (Mehmet Kurtulus). Bald stehen die beiden vor pittoresker Bergkulisse. Und doch mitten in Hamburg, im Alpeneckchen des „Miniaturwunderlands“, einem Anziehungspunkt vor allem für asiatischen Touristen.

Spätestens seit der Praterszene im „Dritten Mann“ gilt: Spionagefilme sind auf verquere Weise immer auch Touristikfilme. Wo Menschen in einer fremden Stadt zusammenkommen, lässt sich nun mal am unverdächtigsten Verschwörerisches treiben. Der 2008 renovierte Hamburg-„Tatort“ arbeitet so elegant wie effizient nach diesem Prinzip. Man zeigt die schönsten Seiten Hamburgs – ohne sie schön auszuleuchten.

Thema ist diesmal die Industriespionage bei einem Triebwerkhersteller; gefilmt wurde auf dem Airbus-Gelände in Finkenwerder, noch so ein Ort, auf den die Stadtoberen gern in Werbebroschüren verweisen. Immer wieder tauchen im Ausland geheime Konstruktionspläne, irgendwo ist eine undichte Stelle, und als eingeschleuster Pressereferent soll Batu diese ausfindig machen. Dann wird der Chef ermordet.

Präzise zeichnen die Macher in „Vergissmeinnicht“ (Buch: Tim Krause, Christoph Darnstädt, Regie: Richard Huber) den Alltag des „VE“ nach: Täuschen und Spionieren, Anbändeln und Abwedeln – der Einzelgänger beherrscht diese Kunst bis zur Selbstverleugnung. Diesmal verliebt sich Batu auch noch, das verschärft den inneren Konflikt. Blöde nur, dass man dem Film die verbotenen Liaison mit der Tochter des toten Konzernchefs nicht so recht abnimmt.

Bei so viel aufgesetztem Melodram freut man sich auf weitere ironische Touristikimpressionen. So ist der Ermittler in die schicke HafenCity einquartiert worden und schaut aus seinem Panoramafenster direkt auf – ein Parkhaus!

■  Hamburg-„Tatort“: „Vergissmeinnicht“: So., 20.15 Uhr, ARD