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Archiv-Artikel

Kritische Aktionäre Unverzichtbarer Stachel

Gestern in Berlin gegen Rüstungsgeschäfte auf der DaimlerChrysler-Hauptversammlung, heute in Essen gegen die aus ihrer Sicht unsoziale und umweltzerstörende Geschäftspolitik von RWE – in dieser Woche sind die Kritischen Aktionäre mal wieder im Großeinsatz. Auch wenn ihre Anträge auf Nichtentlastung des Vorstandes und des Aufsichtsrates von RWE wie üblich nicht den Hauch einer Chance haben werden: Sie überhaupt gestellt zu haben, macht die Kritischen Aktionäre in ihrem Jubiläumsjahr weiterhin so unverzichtbar.

KOMMENTAR VONPASCAL BEUCKER

Seit Anfang der 80er Jahre streiten die Kritischen Aktionäre, die im Februar den zwanzigsten Geburtstag ihres Dachverbandes feiern konnten, nun bereits auf den Hauptversammlungen der großen Konzerne gegen Umweltzerstörung und für mehr soziale Gerechtigkeit. Mittlerweile übertragen ihnen mehr als 4.000 Kleinaktionäre ihre Stimmrechte auf sie. Das reicht zwar noch bei weitem nicht aus, um Konzernspitzen zu stürzen. Aber es reicht, um immer wieder öffentlichkeitswirksam die Finger in die Wunden zu legen und als personifiziertes schlechtes Gewissen die Vorstände zu zwingen, sich auch mit den bisweilen zerstörerischen Folgen ihrer Geschäftspolitik auseinanderzusetzen. Wenn es auch manchen ermüden mag, dass sie jedes Jahr von Neuem RWE zum sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie, zur Beendigung der klimazerstörenden Braunkohleverstromung und zur vorrangigen Nutzung erneuerbarer Energien auffordern – richtig bleibt es trotzdem. Steter Tropfen höhlt den Stein.

Nicht zu fragen, wie hoch die Dividende ausfällt, sondern danach, woher sie stammt: In Zeiten, in denen Systemkritik als out gilt, scheint dies schrecklich unmodern zu sein. Und wenn schon: Sich nicht einfach mit den Verhältnissen abgefunden zu haben und Stachel geblieben zu sein – das zeichnet die Kritischen Aktionäre aus. Gut, dass es sie gibt.