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Archiv-Artikel

„Kusch ist uns zu rechts“

Hamburgs Ex-Justizsenator Roger Kusch gründet eine neue Partei rechts von der CDU. Aber nicht zusammen mit Ex-Schill-Politikern Frühauf und Nockemann. Die machen ihren eigenen Laden auf

Von Sven-Michael Veit

Roger Kusch versucht es tatsächlich. Am kommenden Montag will er offiziell eine Partei vorstellen, an deren Gründung er „vor wenigen Tagen mitgewirkt“ habe. Dann wolle er auch, verspricht Hamburgs vor einem Monat entlassener Justizsenator, „den Namen und die Ziele dieser Partei vorstellen“ und zudem Auskunft geben „über meine persönliche Motivation“.

Eine gemeinsame Parteigründung zusammen mit den ehemaligen Schill-Politikern Dirk Nockemann und Norbert Frühauf wird es jedoch nicht geben. „Wir machen unsere eigene Partei“, erklärte Frühauf gestern im Gespräch mit der taz: „Aber ohne Herrn Kusch. Der ist uns zu rechts.“

Kusch war wegen seiner Verstrickung in die Protokoll-Affäre des Senats am 27. März von Bürgermeister Ole von Beust entlassen worden. Noch am selben Tag verließ er nach fast 34 Jahren Mitgliedschaft die CDU – zur Überraschung des Bürgermeisters, der einen solchen Schritt von seinem jahrzehntelangen persönlichen Freund „nicht erwartet“ hatte. Am 5. Mai wird Kusch vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss als Zeuge vernommen – nach seiner gestrigen Ankündigung dürften Senat und Union diesem Auftritt mit gespannter Nervosität entgegensehen.

Kusch will als Vorsitzender einer neuen Partei „Verantwortung“ übernehmen für die Menschen, „die dem konservativen Teil der CDU und damit auch mir vertraut haben“. Diese „im Stich zu lassen“, wäre „Fahnenflucht“. Der CDU hatte Kusch vor einer Woche vorgeworfen, „sich in kräftigen Schritten nach links bewegt zu haben“ und „sozialdemokratisiert“ zu sein. Seit dem Ende der Schill-Partei habe es „keine Bremse“ mehr gegeben: „Für Menschen, die sich rechts der Mitte einordnen, gibt es in Hamburg keine politische Heimat mehr.“

Diese will der 51-Jährige nun offenbar bieten. Die Abschaffung des Jugendstrafrechts und die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe, so ließ er durchblicken, würden Teil des Parteiprogramms werden. Härteres Durchgreifen gegen Drogenkranke und Asylbewerber sowie die Ablehnung eines gelockerten Strafvollzuges dürften ebenfalls dazugehören.

Das seien „alles überzogene Forderungen“, findet Frühauf. Er habe keinen Kontakt zu Kusch gehabt, um die Möglichkeiten einer gemeinsamen Parteineugründung zu besprechen, versicherte er: „Mit diesem Populismus hätten wir Probleme.“ Der 47-jährige Rechtsanwalt war Vorsitzender der Schill-Fraktion in der Bürgerschaft. Zusammen mit dem zeitweiligen Innensenator Dirk Nockemann und Bausenator Mario Mettbach bildete Frühauf das Trio, das die Schill-freie Schill-Partei erfolglos in den Wahlkampf 2004 führte (siehe Kasten unten).

Mettbach ist inzwischen CDU-Mitglied und Logistikbeauftragter der Wirtschaftsbehörde, Nockemann hat einen Amtsleiterposten in der Schulbehörde. Er war ebenfalls in die CDU eingetreten, verließ sie aber Anfang dieses Jahres wieder. Am 11. Mai wollen er und Frühauf ihre Partei vorstellen. „Familie, Bildung und Soziales sind die wichtigsten Themen“, sagt Frühauf, „nicht nur Innere Sicherheit.“

CDU-Fraktionschef Bernd Reinert höhnte gestern über die neuen Konkurrenten, „in einem freien Land darf jeder eine Partei gründen“. Er glaube aber nicht, dass die CDU sich deshalb „Sorgen“ machen müsse. „Ole von Beust und die CDU werden den Geist nicht mehr los, den sie selbst gerufen haben“, kommentierte hingegen GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch.

Und machte gleich einen Namensvorschlag für Kuschs neue Gruppierung: „EGO-Partei – eitel, giftig, obsolet.“