: Hauptsache, es kickt
Im Zweifel hilft immer House. Diese Fortsetzung des Soul mit anderen Mitteln kann einem auf der Tanzfläche mitunter spirituelle Erlebnisse recht irdischer Art bescheren. Das wissen auch die beiden Kapuzen- und Maskenträger der Snuff Crew, die seit einigen Jahren in Berlin für zuverlässiges Feiern im Stil von Chicago und Acid House der ersten Stunde stehen, also Traditionssinn mit exzessiver Lebensfreude zu verbinden wissen.
Ihre Drumcomputer kicken genauso trocken wie in den Achtzigern, dazu gibt es die obligatorisch hallenden Handclaps und den ein oder anderen synthetisch fabrizierten Orgelsound, unter dem sich tänzelnde Bässe vorbeischieben. Selbst blecherne Computerstimmen melden sich zu Wort, um fast schon parodistische Aufforderungen wie „Jack my heart“ zu skandieren. Aus diesen Zutaten lötet die Snuff Crew ihren vorbildlich geölten Maschinenfunk zusammen, der langstreckentaugliche Energie freisetzt, die dann ihre ganz eigene Gegenwärtigkeit hervorruft.
Für ihren historisch informierten Clubmusikansatz konnten sie in der Vergangenheit schon Größen des Fachs wie House-Legende Robert Owens als Sänger gewinnen. Auf ihrem aktuellen Album „Behind the Masks“ kommen ebenfalls prominente Gäste ins Spiel wie der unverwüstliche „Prince of Hip House“ Tyree Cooper oder die als Sängerin des Disco-Neubelebungsprojekts Hercules & Love Affair bekannt gewordene Kim Ann Foxman, die mit „Tearing Me Away“ eine klassische Deep-House-Hymne beigesteuert hat.
House ist ebenfalls die Sprache, in der Alex Barck vom Downbeat-Kollektiv Jazzanova sein Solodebüt „Reunion“ verfasst hat. Bei ihm ist es allerdings weniger als Stilübung denn als Folie gedacht, mit der er die Anschlussfähigkeit an andere Genres und Stile erkundet. Von herkömmlicherem Soul und Pop bis zu afrikanischen Einflüssen reicht das Spektrum bei Barck, der die verschiedenen Elemente mit sicherer Hand integriert.
Barcks Wahl seiner Sänger ist durchwachsener. Während die Stimmen der von der Insel La Réunion stammenden Christine Salem oder des Bristoler Musikers Pete Josef durchweg überzeugen, könnte der mit drei Songs am häufigsten vertretende schwedische Soul-Sänger Jonatan Bäckelie die Hörer spalten. Insbesondere „Doubter“, der erste Titel auf „Reunion“, ist mit seinem nasal-weinerlichen Gesang ein schwieriger Auftakt. Geduld wird hier jedoch belohnt. TIM CASPAR BOEHME
■ Snuff Crew: „Behind the Masks“ (Bpitch Control/Rough Trade) ■ Alex Barck: „Reunion“ (Sonar Kollektiv/Alive)