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Archiv-Artikel

Industrie geht Deal mit Umweltschützern ein

BÜNDNIS Für einen dreijährigen Einschlagstopp in einem wertvollen Waldgebiet Kanadas verzichten die Umweltgruppen auf negative Kampagnen gegen die Unternehmen der Papier- und Schnittholzindustrie

BERLIN taz | Holz nutzen und trotzdem den Lebensraum von Elch, Karibu und Bär schützen – wie das geht, will in Kanada in den nächsten drei Jahren ein ungewöhnliches Bündnis aus Holzindustrie und Umweltschützern herausfinden.

Dazu haben sich neun kanadische Umweltgruppen wie Greenpeace, Forest Ethics, Canopy oder The Nature Conservancy mit den wichtigsten Unternehmen der Papier- und Schnittholzindustrie auf einen dreijährigen Einschlagstopp in einem 28 Millionen Hektar großen, ökologisch besonders wertvollen Waldgebiet geeinigt. Auf einer Pressekonferenz im kanadischen Toronto wurde das „Kanadische Boreale Waldschutzabkommen“ am Dienstag vorgestellt.

„Die Unternehmen stimmen darin überein, dem Waldkaribu mehr Schutz zu geben, sich für neue Waldschutzgebiete einzusetzen und eine ökologisch nachhaltigere Forstwirtschaft einführen zu wollen“, sagt Oliver Salge, Waldexperte von Greenpeace Deutschland.

„Im Gegenzug dazu werden die einflussreichsten Umweltgruppen Kanadas ihre öffentlichen Kampagnen gegen die Firmen aussetzen und mit diesen zusammen konstruktiv einen Schutzvorschlag erarbeiten.“ Insgesamt wird über die Holznutzung auf einer Fläche von 72 Millionen Hektar Wald verhandelt.

Der Löwenanteil des kanadischen Holzes werde in die USA exportiert und dort im Häuserbau eingesetzt, sagt Klaus Schwarz vom Gesamtverband Deutscher Holzhandel (GD Holz) in Berlin. Auf dem europäischen Markt spiele kanadisches Holz auf dem Bau hingegen eine so geringe Rolle, dass auch das nun beschlossene Einschlagmoratorium nicht ins Gewicht falle.

Anders sieht es in der deutschen Papierindustrie aus. Dort ist Kanada mit seinen hochwertigen Zellstoffprodukten der viertgrößte Lieferant nach Schweden, Brasilien und Finnland. „Wir begrüßen den kanadischen Prozess“, sagt Gregor Andreas Geiger vom Verband deutscher Papierfabriken in Bonn. Deutschland importiere jährlich 215.500 Tonnen Zellstoff aus Kanada, und es sei wichtig und auch möglich, es nachhaltig zu produzieren.

Gegenstand des Abkommens ist borealer Wald, Nadelwald, der sich in einem Ring über die Nordhalbkugel der Erde erstreckt. Dieser nördlichste Wald bildet in Kanada nicht nur einen großen Speicher von Kohlenstoff und Süßwasser, sondern ist auch Lebensraum seltener Tiere wie Karibu, Wolf und Bär.

HEIKE HOLDINGHAUSEN